Vorrede.

Sat cito, si sat bene.

Ein jedes gutes Ding will Zeit und Weile haben,

Den, der ihm günstig ist, um desto mehr zu laben.


Geneigter Leser!

Mit diesem uhralten Sprichworte, überreiche ich dir hiermit, pro nunc, den dritten und letzten Theil der Felsenburgischen Geschichte, und bringe denselben, als ob ich, wegen des langen Aussenbleibens, mich zu schämen Ursach hätte, nicht etwa unter dem Mantel, sondern frey und öffentlich hergetragen. Sey so gütig, denselben erstlich mit solcher Aufmercksamkeit, als die vorigen, durchzulesen, so wirst du mich hernach ohne allen Zweiffel entschuldiget halten, daß ich nicht ehe damit erschienen bin. Bekandt ists, und ich hätte, wenn ich nicht eines demüthigen Geistes wäre, fast Ursach, die Backen ein wenig aufzublasen, daß dieser dritte Theil, oder die fernerweitige Fortsetzung der Felsenburgischen Geschichte, von vielen schon vor 2. biß 4. Jahren inständigst verlanget worden, man ihnen aber zwar Hoffnung darzu machen, jedoch so gleich nicht damit aufwarten können, und nimmt sich kein Bedencken, nunmehro öffentlich zu gestehen, daß man durch falsche Nachrichten, als ob der Capitain Horn bereits angekommen wäre, schon zweymahl betrogen, mithin angereitzt worden, bemeldten dritten Theil in der nächsten Leipziger-Messe heraus zu schaffen. Jedoch Sit ut sit. Accidit in anno, quod non speratur in puncto. Nun ist er ja doch da, und kan allen denjenigen die Mäuler stopffen, welche judicirt haben: Gisander wolte, möchte, könte und NB. dürffte auch wohl nicht, sich unterstehen, denselben ans Tages-Licht zu bringen. Lächerlich ist mirs vorgekommen, daß einem Deutschen Longobarden die Zeit, selbigen zu sehen, gar zu lang werden wollen, weßwegen er, über schon gedachte Muthmassungen, ausgesprengt, Gisander wäre gestorben, und hätte, vielleicht aus Neid, Mons. Eberhard Julii Manuscript in seinen Sarg legen und mit sich begraben lassen, wannenhero, um die curieuse Welt zu vergnügen, seiner Schuldigkeit gemäß zu seyn, erachtet, selbigen auszugraben, oder, welches fast eher zu glauben, einen dritten Theil ex Koppo zu fingiren, und vor rechtmäßig auszugeben. Allein, Gisander lebet noch, und schreibt fast alle Tage, und weil er unter seinen Kindern noch zur Zeit keinen Spurium leiden will, hätte er zwar dessen Gestalt gern sehen und belachen mögen, würde aber denselben ohngebrandtmarckt nicht von sich gelassen haben. Will Herr Longobardus etwas schreiben, so hielte davor, er thäte besser, wenn er sich sonst woran machte, oder immerhin etwas fingirte, um der Welt zu zeigen, daß er keinen zugemauerten Kopff habe, anderer Leute angefangene Arbeit aber, ehe er darzu beruffen wird, ungehudelt zu lassen, denn es fällt ja, dem gemeinen Sprichworte nach, nicht einmahl ein Sch-eerenschleiffer, dem andern gerne ins Handwerck.

Sonsten hat auch jemand, welcher, weil er mit einem schlechten Kahne gar bald in die offenbare See rudern kan, (sich derowegen etwa kein Bedencken nimmt, auch zuweilen von hohen Personen, freyer, als es erlaubt ist, zu sprechen) den zweydeutigen Urtheils-Spruch, über Gisandern und dessen heraus gekommene 2. Theile der Felsenburgischen Geschichte, gefället: Ex ungue leonem; auch sonsten davon in die Welt geschrieben, was ihm eben in den Kopff gekommen; allein, was ist daraus zu machen, man könte gegen dieses, den Leuten auch Sprichwörter aufzurathen geben, e.g. Asinus apud Cumanos; wenn nur Lucianus dieses nicht so gar deutlich erkläret hätte.

Jedoch Schertz und alles bey Seite! Gisander ist vergnügt, daß die 2. erstern Theile der Felsenburgischen Geschichts-Beschreibung von unzähligen Lesern wohl aufgenommen worden, zweiffelt also sehr, daß dieser, als der Dritte und Letzte, mit scheelen Augen angesehen, oder gar verworffen werden solte, ohngeachtet derselbe etwas länger, als man vermeynet, aussen geblieben. Wie schon gesagt, in der Geschicht selbst wird sich finden, daß nicht Gisander, sondern andere Umstände daran schuldig sind, weßwegen ich mich auch hier in der Vorrede eben nicht weitläuftig defendiren und excusiren will und mag.

Ubrigens, da nunmehro ziemlicher massen versichert bin, daß mein Vortrag seit Anno 1730. sehr vielen Liebhabern gedruckter Historischer Sachen gantz angenehm zu lesen gewesen, werde nicht allein auf künfftige Michaelis-Messe 1736. G.G. den, in der Vorrede des Isten Theils versprochenen Soldaten-Romain, welcher jedoch lauter wahrhaffte Geschichte in sich hält, zum Vorscheine bringen, sondern auch andere, schon parat liegende, curieuse Reise-Beschreibungen und Lebens-Geschichte der Personen von mancherley Standes, kund zu machen, nicht saumselig seyn. Der ich mich zu fernerweitigen Wohlwollen recommandire, und allstets beharre


Des geneigten Lesers


Raptim an der Wilde,

d. 2. Dec.

1735.


Dienst-beflissener

Gisander.

Quelle:
Johann Gottfried Schnabel: Wunderliche Fata einiger Seefahrer absonderlich Alberti Julii, [...], Vier Theile, Teil 3, Nordhausen 1736.
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