Erste Scene.

[30] Introduction.

No. 8.


Czipra. Saffi. Barinkay.


CZIPRA.

Mein Aug bewacht

Bei Tag und Nacht

Dies holde junge Blut

Und meines Herren Gut.

BARINKAY.

War's wohl ein Traum?

Ich weiß es kaum,

Was mich hierhergebracht

Und mich so glücklich macht.

Doch nein, es war kein Truggebild

Da schlummert sie so süß und mild

Wach auf, mein holdes Weib – wach auf

Es steigt die Sonne bald herauf!

CZIPRA bei Seite..

Wenn es gelingt

Sein Herz durchdringt

Der Liebe Sonnenstrahl,

So endet alle Qual!

SAFFI.

Dein Weib – Du treibst

Auch heut' noch Spott?

BARINKAY.

Bewahre Gott!

Nur Dich hab' ich zum Weib erseh'n

SAFFI.

Darf ich es wirklich so versteh'n?

BARINKAY.

Ja, Dich hab' ich zum Weib' erkoren[30]

SAFFI.

Ah!

BARINKAY.

In dieser Nacht

Voll herrlicher Pracht

Hab' ich gar traut

Mein Lieb Dich erschaut;

Der Mondenschein,

So silbern und rein,

Umfloß Dein Bild

So lieblich und mild –

Bezaubert war ich ganz und gar,

Ein Märchen scheint's und dennoch wahr

Dies Engelsgesicht,

Dies üppige Haar,

Dies Auge voll Licht,

Dies Lippenpaar,

Der küssende Mund,

Der wogende Leib –

Auf dem Erdenrund

Das herrlichste Weib!

Mein – mein bleib immerdar!

Ich will Dich lieben treu und wahr,

Ja, lieben treu und wahr!

SAFFI.

Noch einmal diese Worte sprich,

Die so mein junges Herz entzückt!

Wie Morgenthau durchrieselt's mich

Der das schmachtende Feld erquickt.

O Glück, das ich kaum fassen kann.

Du herrlicher, geliebter Mann!

BARINKAY.

Sag' es noch einmal!

BARINKAY UND SAFFI.

So Blick in Blick

Und Mund an Mund –

O seliges Glück!

O wonnige Stund!

Und Arm in Arm

So innig und warm –[31]

Welch' himmlische Lust!

Durchwogt meine Brust!

Mein – mein – mein auf immerdar:

Es ist wie ein Märchen, doch so wahr!

No. 9.


SAFFI.

Ein Greis ist mir im Traum erschienen

Dir ähnlich an Gestalt und Mienen.

Als ich ihn sah, da fiel mir ein,

Das könnte nur Dein Vater sein!

Er trat an mich heran

Und sprach sodann:

»An jenem Platz

Wo traut beim Schatz

Zuerst der junge Gutsherr ruht,

Da liegt,

Dem fremden Blick verborgen, Geld und Gut

So mag der junge Freier

Im alten Thurmgemäuer

Nur heben einen Marmorstein,

Und reich wie Krösus wird er sein.«

BARINKAY.

Solch' einen Traum, den lob ich mir!

SAFFI UND CZIPRA.

Der zerfall'ne Thurm – steht hier!

BARINKAY Saffi an sich ziehend.

Der Traum ist wahr!

Den Schatz – den Schatz –

Ich hab ihn schon,

Das ist doch sonnenklar.

SAFFI.

Thu, was Dir mein Traum gebeut!

BARINKAY.

Aber Kind, sei doch gescheut ...

SAFFI UND CZIPRA.

Was ist riskirt, wenn man's probirt?

BARINKAY.

Was ist riskirt, wenn man's probirt?[32]

Da wird der Teufel klug daraus

Hahahaha –

Ein Stein sieht wie der andere aus!

Hahaha –

SAFFI UND CZIPRA bei Seite.

Ei, ei, er lacht

Mir scheint, er glaubt uns nicht.

Fürwahr, er macht

Ein zweifelndes Gesicht!

Doch was bei Nacht

Ein schöner Traum verspricht –

Das sei vollbracht

Wir sind darauf erpicht –

Bevor noch wach

Hier die Ziegeunerschaar.

Ja nach und nach

Wird Alles offenbar,

Und was er jetzt nicht glauben will,

Wird Alles wahr!


Zu Barinkay.


Darum nur klopfe, klopfe, klopfe, klopfe

Klopf auf jeden Stein.

BARINKAY.

Ihr wollt es – – gut, so mag es sein!

Ich klopfe, klopfe, klopfe, klopfe,

Einer, muß es sein!

Ich klopf' auf jeden Stein!

SAFFI UND CZIPRA.

Klopfe, klopfe, klopfe, klopfe,

Es wird Dich nicht gereu'n –

BARINKAY.

Ich klopfe – was wird's denn sein!

SAFFI UND CZIPRA.

Ja klopfe, bis der Hammer trifft

Den Marmorstein!

BARINKAY.

Bis ich find' den Marmorstein!

SAFFI UND CZIPRA bei Seite.

Nur Scherz und Spiel

Scheint's, was uns hier bewegt[33]

Doch ist gar viel,

Was sich darinnen regt,

Und mein Gefühl

Mein Herz, das freudig schlägt,

Sagt, daß dem Ziel

Es uns entgegenträgt, –

Dem höchsten Glück

Ach wie beneidenswerth,

Seitdem zurück

Er wieder ist gekehrt

Zu den Zigeunern

Und zum heimatlichen Herd –

Drum ...


Zu Barinkay.


Klopfe, klopfe, klopfe, klopfe –

's wird Dich nicht gereu'n

Klopfe bis der Hammer trifft,

Den Marmorstein!

BARINKAY.

Da klingt es hohl!!

Ich glaube wohl

Den krieg' ich los!

Ha – 's ist grandios!!

ALLE DREI.

Der Schatz!! Der Schatz!!

Seht dies Gefunkel – diese Pracht

Ei, wer hätte das gedacht!! Ah!


Schatz-Walzer. Terzett.


SAFFI, BARINKAY UND CZIPRA.

Ha seht, es winkt,

Es blinkt,

Es klingt!

Ach unsern Blicken

Welch' ein Entzücken!

Seht hier das Gold,

Es rollt.

So hold!

Laßt seinem Rauschen

Fröhlich uns lauschen,

Da sich vollzogen,

Was wir gewollt![34]

BARINKAY.

Nun will ich des Lebens mich freu'n. –

SAFFI.

Wir halten uns Pferd' und Lakai'n!

BARINKAY.

Wir geben nach Lust Gastereien!

SAFFI.

Laden Gäste –

BARINKAY.

Geben Feste –

SAFFI.

Maskeraden –

BARINKAY.

Piroutschaden –

SAFFI UND BARINKAY.

Trinken Tokayer Wein –

Das wird fein

Lustig sein!

CZIPRA.

Doch vergeßt nur nicht das Beste –

Daß Jeder Euch glücklich preise,

Rützt den Reichthum klug und weise,

Daß Ihr noch in spätern Tagen

Mit Behagen,

Könnet sagen:

ALLE DREI.

Ha seht, es winkt,

Es blinkt

Es klingt!

Ach unser'n Blicken

Welch' ein Entzücken!

Seht hier das Gold,

Es rollt

So hold!

Da sich vollzogen

Was wir gewollt!

CZIPRA UND SAFFI.

Doch mehr als Gold und Geld

Ist Lieb' mit Treu gesellt[35]

Da führt die höchste Freude

Uns in die schönste Welt!

Drum, wenn ein Herz Dir schlägt,

Das Treue wahrt und hegt,

Sollst Du die Stunde preisen,

Die Dir's entgegenschlägt!

ALLE DREI.

Ha seht – es winkt,

Es klingt,

Es blinkt!

Ach unser'n Blicken

Welch' ein Entzücken.

Seht hier das Gold,

Es rollt

So hold!

Hier sind die Schätze,

Die wir gewollt!

No. 10.


Quelle:
Johann Strauß: Der Zigeunerbaron, von J. Schnitzer, Hamburg [o. J.], S. 30-36.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Lessing, Gotthold Ephraim

Philotas. Ein Trauerspiel

Philotas. Ein Trauerspiel

Der junge Königssohn Philotas gerät während seines ersten militärischen Einsatzes in Gefangenschaft und befürchtet, dass er als Geisel seinen Vater erpressbar machen wird und der Krieg damit verloren wäre. Als er erfährt, dass umgekehrt auch Polytimet, der Sohn des feindlichen Königs Aridäus, gefangen genommen wurde, nimmt Philotas sich das Leben, um einen Austausch zu verhindern und seinem Vater den Kriegsgewinn zu ermöglichen. Lessing veröffentlichte das Trauerspiel um den unreifen Helden 1759 anonym.

32 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon