4. Scene.

[21] Feierlicher Einzug Adolfo's und der siegreichen Truppen, geleitet von festlich geschmückten Jungfrauen, Troubadours und Bürgern der Stadt. Nachdem die Krieger versammelt sind, erscheint Mauregato, an der Hand Estrella, gefolgt von Großen des Reiches und dem Hofstaat. Mauregato nimmt auf dem Throne Platz, zu seiner Seite Estrella.


CHOR DER KRIEGER UND DES VERSAMMELTEN VOLKES.

Heil dem tapfern Krieger!

Heil dem kühnen Sieger!

[21] KRIEGER.

Der uns hat geführt

In mancher heißen Schlacht;

VOLK.

Dem der Ruhm gebührt

Für manche heiße Schlacht.

Preis sei ihm gesungen,

Der den Feind bezwungen,

Der uns hat befreit

Von wilder Mauren Macht.


Adolfo tritt vor den Thron und beugt ein Knie.


ADOLFO.

Recitativ.


So werd' ich jeden Feind Dir bald zu Füßen legen,

Der mächtig und verwegen

Dich zu verderben droht.

Es schwingt kein Maure mehr

Sein Schwert in Deinem Lande,

Zerbrochen sind die Bande,

Geschlagen ist ihr Heer!

MAUREGATO.

Ich danke Dir für deine Treue,

O könnt' ich würdig sie belohnen.

ADOLFO.

Du kannst es, Herr!

ESTRELLA.

Weh' mir, was wird er sagen?

MAUREGATO.

Verlange frei![22]

ADOLFO.

Darf sich der Knecht erkühnen?

MAUREGATO.

Mein Schwur ist der Erhörung Unterpfand.

ESTRELLA.

Weh' mir, er schwur!

Gefallen ist mein Loos.

ADOLFO.

O Herrscher, zürne nicht! Die Bitte ist wohl groß:

Es ist Estrella's, Deiner Tochter Hand!

MAUREGATO nach einer kleinen Pause.

Estrella sprich, Du hast sein Wort vernommen.

ESTRELLA für sich.

Ich sehe meines Unglücks Stunde kommen!

ADOLFO für sich.

Nun wird der eitle Trotz ihr nicht mehr frommen.

MAUREGATO.

So sprich, Estrella!


Steigt vom Throne.


ESTRELLA.

Arie.


O, wenn ich je Dir werth gewesen,

So flehe ich Dich bebend an,

Von diesem Bund' mich zu erlösen,

Dem nie mein Herz ich weihen kann.

Nie kann mich dieser Mann beglücken,

In seiner Nähe sinkt mein Muth,

Vor seines Auges finstern Blicken

Erstarrt in grauser Angst mein Blut.[23]

D'rum, wenn ich je Dir werth gewesen,

So flehe ich Dich bebend an,

Von diesem Bund' mich zu erlösen,

Dem nie mein Herz ich weihen kann.

MAUREGATO zu Adolfo.

Recitativ.


Zu kühner Mann, steh' ab von dem Begehren.

ADOLFO fest und bestimmt.

Du gabst den Königsschwur – nun halte ihn!

MAUREGATO.

Nimm alle Schätze meiner Krone hin,

Nur dieses Kleinod kann ich nicht entbehren.

ADOLFO.

Ich ford're nichts als Deiner Tochter Hand!

MAUREGATO.

Ensemble.


Was werd' ich nun beginnen,

Wie schrecklich ist die Wahl –

Kein Ausweg zu ersinnen,

Mein Herz verzehrt die Qual.

ESTRELLA.

Was wird er nun beginnen,

Wie lenkt er seine Wahl,

Es schwimmt vor meinen Sinnen,

Mein Herz verzehrt die Qual.[24]

ADOLFO.

Nun Zagen fahr' von hinnen,

Mein Herz umgürte Stahl,

Sie kann mir nicht entrinnen,

Es bleibt ihr keine Wahl.

HOFSTAAT UND VOLK.

O frevelndes Beginnen –

O grauenvolle Wahl!

KRIEGER.

Was immer er mag sinnen –

Es bleibt ihm keine Wahl!

Mauregato steht in Nachdenken versunken.


ESTRELLA für sich.

Was mag der Vater sinnen?

ADOLFO UND CHOR.

Was mag der König sinnen?

MAUREGATO zu Estrella.

Ein Mittel noch, es mag uns Heil gewinnen!

Recitativ.

Zu Adolfo.


Dir sei die Hand Estrella's nicht versagt!

Allein ein heil'ger Schwur hat sie bedingt:

Nur wer die Kette Eurich's wieder bringt,

Die noch vom alten Königsstamme fehlt,

Wird mit Estrella feierlich vermält!

ADOLFO.

So brichst Du Deinen Schwur mit falschem Sinn?


Bewegung unter den Kriegern.[25]


MAUREGATO.

Verweg'ner, schweig! Ihr Alle hier erwägt,

Daß dieses Haupt die Königskrone trägt:

Daß Ihr Vasallen, ich der Herrscher bin!

ADOLFO bei Seite mit kaum unterdrückter Wuth.

So willst Du mit mir spielen, falscher König!?

CHOR DES HOFSTAATES UND VOLKES.

Ha, ein neuer Strahl der Hoffnung!

CHOR DER KRIEGER.

Weh', getäuscht Adolfo's Hoffnung!

ESTRELLA UND MAUREGATO.

Der Hoffnung süß Gefühl

Will mich / Wird Dich auf's Neu' erheben,

auf's Neu' erheben,

Es schwindet jeder Schmerz

Und froh lacht nun das Leben.

ADOLFO bei Seite.

Ihr höhntet mein Gefühl,

Verachtetet mein Streben,

Vor Rache glüht mein Herz,

Ihr sollt vor mir erbeben.

KRIEGER zu Adolfo.

Treu steh'n wir an Deiner Seite

Was auch immer mag gescheh'n.

VOLK UND HOFSTAAT zu Estrella.

Möge schützend Dir zur Seite,

Bald ein treuer Gatte steh'n![26]

ESTRELLA UND MAUREGATO.

Ja, ich bleib' an Deiner Seite, / Liebend bleibst Du mir zur Seite,

Gott erhört mein heißes Fleh'n!

ADOLFO zu den Kriegern.

Siegend führt' ich Euch zum Streite,

Treu müßt Ihr zu mir nun steh'n!


Heimlich zu den Kriegern.


In des Maurentempels halbverfall'nen Räumen

Erwart' ich Freunde Euch um Mitternacht,

Dort will ich Euch enthüllen

Ein Geheimniß inhaltsschwer.

KRIEGER.

Wir folgen Deinem Willen

Und erfüllen Dein Begehr.

ADOLFO.

Rache! Rache! sei Euer Losungswort!

KRIEGER.

Rache! Rache! sei unser Losungswort!

ESTRELLA UND MAUREGATO.

Stets bleib' ich an Deiner Seite,

Stets bleibst Du an meiner Seite,

Dies sei uns'res Glück's Gewähr,

Lieb' und Hoffnung im Geleite,

Fürchtet dieses Herz nichts mehr.

ADOLFO.

Unheilvoll an Deiner Seite,

Schleicht die Rache nun einher,

Rüste Dich zu Kampf und Streite,

Du entgehest mir nicht mehr.[27]

CHOR DER FRAUEN zu Estrella.

Rettend stehe Dir zur Seite,

Bald des Gatten treue Wehr,

Schützend, sei er selbst im Streite

Deines Herzens Glück's Gewähr.

CHOR DER MÄNNER zu Mauregato.

Treulich steh'n wir Dir zur Seite,

Unser'm König groß und hehr,

Wollen schützen selbst im Streite,

Deines Hauses Glück und Ehr'!

CHOR DER KRIEGER zu Adolfo.

Treu steh'n wir an Deiner Seite,

Und erfüllen Dein Begehr,

Sei's im Frieden, sei's im Streite,

Stets zu Dir nur hält das Heer!


Zwischenvorhang fällt.


Verwandlung.

Das Innere einer halbverfallenen Moschee, welche immer noch Spuren der einstigen Pracht aufweist.


Quelle:
Franz Schubert: Alfonso und Estrella. Wien 1881, S. 21-28.
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