IX.

[179] Das Genus Heroicum der Lateiner kan man gleichfals mit Teutschen Worten vorstellen: wie auch das Genus Elegiacum, davon droben ist etwas angeführet worden; wie auch nit weniger das Genus Algaicum, gestaltsam etzliche exempla davon vorhanden sein / und leichtsam anzuführen weren / es ist aber der Wůrdigkeit nicht / und gar eine Unnoht. Unsere Sprache zwar ist füglich gnug / so wol zu diesen / als allen anderen / aber es dünket mich / daß die jenigen / welche sothane Lateinisirende genera aus angemaster neugierigkeit in Teutsche Worte zwingen / gar gleich sein: entweder denen / welche eine Fürstliche / allerseits mit ansehnlichem wolständlichem Schmukke und Zierde behengete Kleiderkammer vorbey gehen / und einen frömden lappgehässigen Bettlermantel ergreiffen; oder auch denen / welche keine beliebige Ergetzlichkeit in den Lustgarten und Schmaltzgruben des fruchtreichen schönen Egiptenlandes / sonderen vielmehr in dem Steinigten geschrundetem Arabia zusuchen pflegen. Sonsten aber haben wir im Teutschen an stat des generis Heroici die Heldenart; an stat des Elegiaci die wechselart / davon im folgenden Buche mit mehrem. Das Anacreonticum genus ist unsere Fůnfsilbig-Kurtzlange Reimart / Das Adonicum genus aber ist unsere Fůnfsilbig-Langgekůrtzte Reimart / davon in den vorgehenden Capitteln ist gesagt worden. Daß also weder Lateiner noch Grieche einigen Vorzug / sonderen vielmehr das nachtreten haben / in betracht der lieblichen Mannigfaltigkeit und Menge unserer Teutschen Reimarten / zu deßen behüfigem Beweise /[179] man sich auff dis andere / und das folgende dritte Buch der Verskunst wil gezogen haben.

Quelle:
Justus Georg Schottel: Teutsche Vers- oder Reimkunst. Lüneburg 1656, S. 179-180.
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