II. Von Asien.

[116] 15. Wie groß ist Asien.


Antw. Asien, ein Theil von den vier Theilen der Welt, ist 1306 Meilen lang, und 1550[116] Meilen breit. Es begreift in sich die große Tartarey, sodann Arabien, die asiatische Türkey, Persien, Ostindien, China, und die asiatischen Inseln.


16. Wer regiert in Asien?


Antw. Der türkische Kaiser, der König in Persien, der große Mogol, der Kaiser in China, und der Tartarchan; nach welchen auch Asien von Etlichen in fünf große Herrschaften eingetheilet wird.


17. Wie sind die Leute in Asien beschaffen?


Antw. Sie sind fast alle von gutem Verstande, aber wohllüstig und heikel, sonderbar die Perser und Chineser. Die Tartaren sind einfältig, und die Türken melancholisch.


18. Was sind für Religionen in Asien?


Antw. Die herrschenden Religionen sind darinn die mahomedanische und die heydnische; doch geduldet man auch darinn die griechische, die jüdische, und die christliche. Die römischkatholischen Christen haben in Asien so große Freyheit, daß ihnen in des Großtürken Gebiethe hin und wieder Kirchen und Klöster aufzurichten frey gegeben worden. So haben auch die europäischen Missionarien schon viel tausend Heyden in Indien, China und Japan zu Christo bekehret; Viele aber sind darüber gemartert worden


19. Was redet man in Asien für Sprachen?


Antw. Die Sklavonische, die sich nicht allein in Moskau, Pohlen und Böhmen, sondern auch in etlichen asiatischen Provinzen, türkischen[117] Gebieths ausgebreitet. Die Griechische, diese wird in den Inseln des Archipelagus und in Natolien geredet. Die Arabische, diese geht weit und breit in Asien, sonderlich in der Türkey, Persien und in einem Theile von Indien. Die Tartarische, diese wird in der großen und kleinen Tartarey, wie auch in des Mogols Land und in China gesprochen. Die Chinesische und Japonische bleiben meistens in ihrem Lande.


20. Was giebts für rare Thiere in Asien?


Antw. Kamele, Elephanten, Nasehörner, Ziebethkatzen, Bisamthiere, Bezoarziegen, Löwen, Tyger, Paradiesvögel und Krokodille.


21. Sind die Länder in Asien fruchtbar?


Antw. Ja, sie sind fruchtbar an allen Dingen, außer Wein wird nicht leicht gebauet: denn, weil die Einwohner meistens Mahometaner sind, so trinken sie keinen Wein. Ceylon, Sumatra, und die Molukkischen Inseln sind voll Gewürze, daß man es viel Meilen ins Meer hinaus riecht. China hat vortreffliche Seide, Porzellan, Baumwolle, Bisam und eine Menge Gold, aber wenig Silber; daher schätzen die Chineser das Silber höher als das Gold, und geben den Holländern und andern Handelsleuten Gold um Silber, ja mehr Gold, als das Silber ist. Des Mogols Land, und fast ganz Indien hat Gold, Silber, Perlen, Edelgesteine, sonderdlich Diamanten; aber kein Kupfer und Bley.


22. Was ist dann merkwürdig in Asien?


Antw. Wenn man die merkwürdigen Sachen, die darinnen geschehen sind, ansieht, so hat[118] Asien billig vor den andern drey Theilen der Welt den Vorzug: weil nämlich der erste Mensch Adam darinn erschaffen worden, und auch das irdische Paradies darinn gewesen; weil der Weltheiland Jesus darinn gebohren worden und gestorben ist; weil die vornehmsten Geschichten und Geheimnisse des alten und neuen Testamentes darinn vorgegangen, und erfüllet worden; weil die ersten zwo Monarchien, als die Assyrische und Persische darinn geblühet haben.


23. Waren die sieben Wunderwerke der Welt vor Zeiten auch in Asien?


Antw. Es waren derer nur vier darinnen, als nämlich: der Tempel der Göttinn Diana zu Ephefus, woran man 220 Jahre gebauet, und welchen hernach Herostrat, damit er sich bey der Nachwelt einen Namen machte, völlig abgebrannt hat; das Mausoläum, oder Grabmaal Mausoli, des Königs in Karien, welches ihm seine Ehegemahlinn Artemisia aufrichten ließ; die Stadtmauern zu Babylon, welche die assyrische Königinn Semiramis gebauet: sie waren so dick, daß oben etliche Wägen nebeneinander darauf fahren konnten; der Koloßus zu Rhodis, welcher eine metallene Mannsbildniß war, so hoch, daß durch dessen Füße alle Schiffe durchliefen. Nachdem er 50 Jahre gestanden, warf ihn ein Erdbeben übern Haufen. Diese besagte vier Wunderwerke waren vor Zeiten in Asien; von den übrigen dreyen stund die Statue des Jovis Olympi in Europa;[119] der Pharus aber, oder große Leuchtthurm, und die Pyramiden oder Spitzsäulen in Afrika.


24. Wo ist das Paradies gestanden.


Antw. Die Gelehrten schreiben unterschiedlich. Das Wahrscheinlichste aber ist, daß es in Asien um Mesopotamien und Armenien gewesen sey; und zwar 1. weil Adam und Eva, nachdem sie aus dem Paradiese verjagt worden, zuerst diese Länder bewohnet haben. 2. Weil das Paradies in Eden gelegen, wie die 70 Dollmetscher bezeugen; Eden aber war ober der Stadt Haran, welche in der Gegend Mesopotamiens liegt. 3. Weil Adam im Judenlande zu Jerusalem auf dem Kalvarienberge, wo die Juden Christum gekreuziget, begraben worden; das Judenland aber ist nicht weit von Mesopotamien. Ob aber das Paradies noch stehe, weis kein Mensch.


25. Wo ist das Eheweib des Loths zu einer Salzsäule geworden?


Antw. In Asien, nicht weit von dem todten Meere auf einem Hügel. Denn als Sodoma und Gomorrha wegen ihrer abscheulichen Sünden im Feuer stunden, gaffte dieses Weib wider das Verboth Gottes aus Vorwitz um, und wurde zur Strafe auf der Stelle in eine Salzsäule verkehrt. Diese Säule hat Joseph der jüdische Geschichtschreiber noch nach Christi Geburt gesehen.

Quelle:
Schreger, Odilo: Odilo Schregers lustiger und nützlicher Zeitvertreiber [...]. Eilfte, vermehrte und verbesserte Auflage, Augsburg 1802, S. 116-120.
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