III. Von Afrika.

[120] 26. Wie groß ist Afrika?


Antw. Afrika, Einer von den vier Theilen der Welt, ist 1600 Meilen lang, und 1400 breit. Es wird insgemein in West- und Ost-Afrika getheilet. West-Afrika hat 5 große Landschaften, nämlich die Barbarey, Biledugerid, Sarra, Nigritien und Guinea. Ost-Afrika aber besteht aus Aegypten und Aethiopien.


27. Wer regieret in Afrika.


Antw. Die Afrikaner werden theils von Königen und Kaisern, derer zu Marokko Einer ist, regieret; theils aber ziehen sie unter einem gewißen Oberhaupte im Lande herum; und theils haben sie, wie die Kaffren gar kein Regiment unter sich. Von diesen werden gar Viele jährlich als Sklaven an die Europäer verkaufet, und nach Amerika in die Bergwerke gebracht.


28. Haben die Europäer auch Herrschaften in Afrika?


Antw. Ja, die Europäer, als nämlich die Portugiesen, Spanier, Franzosen, Engländer und Holländer besitzen alle afrikanische wichtige Inseln, ausgenommen Madagaskar. Auch besitzt der Großsultan einen schönen Theil davon, nämlich Aegypten und ein Stück von der Barbarey.


29. Wem gehört in Afrika die Republik Algier zu?


Antw. Niemanden, sondern die Algierer sind Herren für sich selbst, derer Oberhaupt man [121] Day nennet. Doch stehen sie unter dem Schutze und Tribut des türkischen Kaisers. Sie sind die mächtigsten Seeräuber auf dem mitteländischen Meere, nehmen unzählig viel Schiffe den Christen weg, und führen viel tausend Menschen in die elendeste Sklaverey. Die Holländer haben mit ihnen im Jahre 1726, und der römische Kaiser im Jahre 1727 zur Sicherheit ihrer Schiffahrten einen Vergleich gemacht. Oran die vortrefflichste Festung allda gehörte schon von 300 Jahren her dem Könige in Spanien, im Jahre 1708 nahmen die Algierer solche ein; im Jahre 1732 aber haben die Spanier sie wiederum erobert.


30. Wem gehöret die Republik Tunis?


Antw. Die Tuneser sind ebenfalls Herren für sich, derer Oberhaupt man auch Day heißt; doch stehen sie unter dem Schutze des türkischen Kaisers. Sie sind ebenfalls Seeräuber, und nehmen auf dem Meere auch viele Schiffe hinweg.


31. Wem gehört die Republik Tripolis?


Antw. Die Tripolitaner stehen auch nur unter dem türkischen Schutze; ihr Oberhaupt wird Day genannt. Sie treiben gleichfalls starke Seeräuberey auf dem mittelländischen Meere.


32. Wie sind die Leute in Afrika beschaffen?


Antw. Sie sind insgemein lasterhaft, wild, grausam und stark. In Aegypten und in der Barbarey sind sie weiß, oder vielmehr gelb; in den übrigen Ländern aber schwarz, welche man Negern oder Mohren nennt.


[122] 33. Was sind für Religionen in Afrika?


Antw. Es sind darinn die christliche, die jüdische, die mahometanische und heydnische. Man findet auch hin und wieder ganze Königreiche und Länder voll mit Götzen- und Teufelsdienern; auch solche Leute, die, wie das Vieh, in den Wildnissen wohnen, und von Gott oder Gottesdienste nicht das geringste Kennzeichen und Uebung haben, dergleichen unter Andern die Kaffren sind.


34. Sind die Länder in Afrika fruchtbar?


Antw. Die Länder gegen das Meer zu, absonderlich Aegypten, sind überaus fruchtbar an Getreide etc. und werden daraus oft Frankreich, Wälschland und die Türkey versehen: Inwendig ists voll Wüsteneyen, wo sich mehrentheils Schlangen, Löwen, Straußen, Elephanten, und allerhand Ungeheuer aufhalten.


35. Gebt es auch Mumien in Afrika?


Antw. In Aegypten trifft man solche noch häufig an; man muß sie aber alle heimlich heraus holen, weil die Aegyptier selbe nicht gerne abfolgen lassen. Sie werden in den Apotheken zu Arzneyen gebraucht. Die Mumien aber sind nichts Anders, als Menschenkörper, welche vor etlichen tausend Jahren mit kostbaren Spezereyen sind einbalsamirt und begraben worden.


36. Was giebt es für Flüsse in Afrika?


Antw. Unter allen Flüssen ist der berühmteste der Fluß Nil in Aegypten. Er entspringt in Aethiopien, und stürzet sich nach und nach an[123] dem ägyptischen Ufer in das mitteländische Meer. Dieser Strom ergießt sich jährlich im August, überschwemmet das obere und mittlere Aegypten; und weil es in Aegypten niemals regnet, so befeuchtet er das ganze Land, und machet selbes hierdurch fruchtbar und gesund.

Quelle:
Schreger, Odilo: Odilo Schregers lustiger und nützlicher Zeitvertreiber [...]. Eilfte, vermehrte und verbesserte Auflage, Augsburg 1802, S. 120-124.
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