Das siebente Kapitel.

Andere nützliche Fragen.

[142] 1. Warum werden die Mannsbilder insgemein größer, als die Weibsbilder?


Antwort: Weil die Mannsbilder weit mehrere Hitze in sich haben, als die Weibsbilder; die natürliche Wärme aber thut Viel zu dem Wachsthume.


2. Warum sind die kleinen Leute arglistiger, als die großen?


Antw. Weil in den kleinen Leuten das Herz näher bey dem Hirn ist; folglich kommen die[142] Geister aus dem Herzen viel geschwinder zu dem Hirn.


3. Warum sind die großen Leute mehrentheils langsam?


Antw. Weil in ihnen das Herz allzuweit von dem Hirn liegt; folglich können die Geister aus dem Herzen nicht so bald zu dem Hirn kommen.


4. Warum leiden die Menschen öfters Schmerzen am Kopfe, als andern Gliedern?


Antw. Weil der Kopf der oberste Theil des übrigen Leibes ist; folglich die Magendämpfe meistens, gleichwie in einem Kamine, in den Kopf steigen.


5. Warum haben die Weibsbilder längere Haare, als die Mannsbilder?


Antw. Weil die Weibsbilder eine feuchtere Natur haben; folglich weit mehrere Materie zur Wachsung der Haare in ihnen ist, als in den Mannsbildern: denn aus feuchter Materie kommen die Haare eher. Zudem geht bey den Mannsbildern ein Theil dieser Materie in den Bart; bey den Weibsbildern aber in die Haare.


6. Woher kömmt der Glatzkopf, oder das Ausfallen der Haare?


Antw. Es kömmt von der Tröckne her, wenn nämlich der Kopf allzu wenig Feuchtigkeit hat.


7. Woher kommen die grauen Haare?


Antw. Sie kommen her von einer verfaulten Feuchtigkeit: denn, wenn die natürliche[143] Wärme abnimmt, wie es bey den alten Leuten geschieht, so kann die Feuchtigkeit nicht genug erwärmet werden, folgsam fängt sie an zu faulen, und die Haare werden alsdann grau.


8. Warum werden die unbedeckten Haare nicht sobald grau als die bedeckten?


Antw. Weil die unbedeckten Haare viel besser von der Luft können durchwehet werden; durch die Durchwehung aber wird die Fäulung, woraus die grauen Haare entstehen, verhindert und zurückgehalten.


9. Warum haben theils Menschen krause, theils aber glatte Haare?


Antw. Die Ursache dieser ungleichen Haare ist bey etlichen Menschen die gewaltige Hitze; bey andern aber die übermäßige Feuchtigkeit: denn die überflüßige Hitze verursachet krause Haare; daher die Mohren und gallreiche Menschen gemeiniglich wegen ihrer sehr hitzigen Komplexion krause Haare haben. Hingegen verursachet die übermäßige Feuchtigkeit glatte Haare. Daher haben die Weibsbilder, als welche einer feuchten Natur sind, gemeiniglich glatte, und nicht leicht krause Haare.


10. Warum wachsen den gehenkten Leuten die Haare?


Antw. Das geschieht nicht bey Allen, sondern nur bey Denen, die einer feuchten Natur sind; und zwar darum, weil ihre Körper stets der Sonne unterworfen, welche mit ihrer Hitze[144] alle in dem Körper enthaltene Feuchtigkeit in einen Dampf zertheilet, woraus hernach die Haare gezeuget werden.


11. Warum haben die Mannsbilder mehrere Zähne, als die Weibsbilder?


Antw. Das kömmt her aus Menge der natürlichen Wärme und des Geblüts. Weil nun die Mannsbilder mehrere Wärme und Geblüt haben, als die Weibsbilder, so haben sie auch mehrere Zähne, als dieselben.


12. Wie gewichtig ist das Hirn eines Menschen?


Antw. Wenn wir dem gelehrten Kircher glauben, so soll das Hirn eines Menschen insgemein 4 bis 5 Pfund haben.


13. Warum entschläft der Fuß, wenn Einer den Fuß eine geraume Zeit auf den andern überquer leget?


Antw. Darum, weil durch die Zusammenklebung des Fleisches und der Haut die Lebensgeister in andere Glieder zurückgetrieben werden; folglich wird der Fuß gleichsam todt.


14. Warum sind diejenigen Menschen, die ein kleines Herz haben, stärker und beherzter, als die ein großes haben?


Antw. Weil in einem kleinen Herzen die natürliche Wärme beysammen bleibt; je mehrere Wärme aber Einer in sich hat, desto stärker ist er. Daher auch der Löw, weil er ein kleines[145] Herz hat, weit stärker und beherzter ist, als andere Thiere.


15. Warum sind die Hände vor dem Essen dicker als nach dem Essen?


Antw. Weil der Mensch, wenn er noch nüchtern ist, mit vielen Feuchtigkeiten und Dämpfen angefüllet ist; folglich sind auch die Hände dick und aufgeblasen. Weil aber das Essen diese Feuchtigkeiten austreibt, so werden die Hände nach dem Essen dünn und mager.


16. Warum sind die Weiber und Kinder mehr zum Weinen geneigt, als die Männer?


Antw. Weil dieselben weit mehrere Feuchtigkeiten in sich haben, als die Männer; je mehr aber ein Mensch Feuchtigkeiten hat, desto mehr ist er zum Weinen geneigt. Aristoteles, der Weltweise, will, daß man den Kindern das Weinen nicht abwehren soll, weil ihnen dadurch desto mehr das Herz wachse.


17. Warum sind die Kinder und phlegmatischen Leute mehr dem Schlafe ergeben, als die Alten?


Antw. Weil sie mit mehrern Feuchtigkeiten angefüllet sind, als die alten Leute: denn je mehr Einer Feuchtigkeiten in sich hat, desto mehr ist er dem Schlafe ergeben.


18. Warum haben die rauschigen Leute einen so starken Schlaf?


Antw. Weil sie mit allzu vielen Feuchtigkeiten an gefüllet und beschweret sind.


[146] 19. Warum können die rauschigen Leute nicht wohl stehen?


Antw. Weil ihnen allzu viel Dämpfe in Kopf steigen. Da nun das Hirn der Ursprung der Spannadern ist, das Hirn aber durch diese Dämpfe verstopfet wird, daß die Geister nicht hinein kommen können, so lassen die Spannadern nach, werden ganz schwach und matt, so, daß man sie nicht regieren kann.


20. Warum schadet das allzu lange Schlafen der Gesundheit?


Antw. Weil sich dadurch viel unreine Dämpfe im Hirn versammeln, und also die Lebensgeister verunreinigen. Daher soll der Mensch niemals über sieben Stunden lang schlafen.


21. Warum ist der Schlaf nach dem Mittagessen ungesund?


Antw. Weil dadurch der Kopf mit allzu vielen Dämpfen angefüllet und beschweret wird. Doch schadet nicht, sondern vermehret vielmehr die Kräfte, wenn absonderlich die alten Leute nach dem Mittagessen ein wenig ruhen; sie sollen aber nicht sitzend, sondern liegend schlafen: denn sitzend schlafen verursachet den Schlag.


22. Warum ist in Stiefeln oder in Strümpfen schlafen ungesund?


Antw. Weil die Dünste und Dämpfe bey den bedeckten Füßen nicht hinaus können; folglich gehen sie zurück in den Kopf, und schwächen die Augen und die Gedächtniß.


[147] 23. Warum schlafen wir auf der rechten Seite sanfter?


Antw. Weil das Herz fast in der Mitte der Brust liegt, jedoch sich mehr, absonderlich mit der Spitze, nach der linken Seite wendet; die Leber hingegen auf der rechten Seite liegt; folglich, wenn wir auf der rechten Seite liegen, so wird das Herz von der Leber weniger zusammen gepresset: daher wir auch auf der rechten Seite ruhiger und sanfter schlafen.


24. Warum vertreibt der Schlaf die Traurigkeit?


Antw. Weil der Schlaf die Gedanken der traurigen Sachen hinweg treibt, und die verwirrten Geister, welche eine Ursache der Traurigkeit sind, verzehret.


25. Warum soll man langsam essen, und Alles wohl käuen?


Antw. Weil dadurch die Speisen desto leichter können verkochet werden: denn jemehr die Speisen mit den Zähnen zermahlen werden, desto eher können sie im Magen erweichen, und folgsam desto leichter verkochet werden.


26. Ob man zu Mittags Mehrer essen soll, als zu Nachts?


Antw. Dieses ist noch nicht ausgemacht. Doch wollte ich es lieber mit Denen halten, die da sagen, daß man zu Nachts Mehrer essen solle, als zu Mittags: indem der Schlaf ungemein Viel zur Verkochung der Speisen thut.


[148] 27. Warum soll man zur Winterszeit Mehrer

essen, als zur Sommerszeit?


Antw. Weil zur Winterszeit wegen der Kälte das Geblüt, und folglich auch die Wärme mehr inwendig in dem Leibe ist; mithin werden die Speisen zur Winterszeit besser und geschwinder verkochet. Im Sommer aber geht wegen der Hitze das Geblüt und die inwendige Wärme auswärts ins Fleisch; folgsam können die Speisen nicht so wohl verkochet werden.


28. Warum soll man unter dem Essen nicht gar zu Viel trinken?


Antw. Darum, weil durch allzu vieles Trinken die Speisen im Magen schwimmen, folglich nicht wohl können verkochet werden; daher kömmt es, daß ein solcher Mensch, der beym Essen Viel trinkt, wenig Appetit zum Essen hat. Doch soll man wenigst noch einmal so Viel Getränk zu sich nehmen, als die Speisen gewesen. Man soll auch auf einmal nicht zu Viel hinein trinken, sondern oft und Wenig.


29. Warum ist langes Hungerleiden dem Menschen sehr schädlich?


Antw. Weil der Magen, wenn er sonst Nichts zu verkochen hat, die bösen Feuchtigkeiten an sich zieht, und selbe verkochet.


30. Wie hitzig ist der Menschenmagen?


Antw. Der Magen ist weit hitziger, als das irdische Feuer: denn ein Mensch verzehret sogar die Beiner, und zwar in kurzer Zeit; aber ein Feuer verzehret die Beiner bey weitem nicht so bald.


[149] 31. Warum ist ein mäßiger Zorn zu Zeiten nützlich und gesund?


Antw. Weil er die natürliche Wärme aufmuntert und vermehret, und das Geblüt in den Adern zusammenhält; daher bekömmt der mittelmäßige Zorn denjenigen Menschen gar wohl, die mit kalten Schwachheiten beladen sind.


32. Warum soll man die Traurigkeit meiden?


Antw. Weil die Traurigkeit die ganze Natur des Menschen verderbt. Sie mergelt den Leib aus, erkältet und vertrocknet denselben, verfinstert die Geister und den Verstand, schwächet die Gedächtniß, und machet, daß die Speisen nicht wohl können verdäuet werden.


33. Warum hungert die jungen Leute mehr als die Alten?


Antw. Weil bey den jungen Leuten die innerliche Wärme weit größer ist, als bey den Alten; folglich werden auch bey den jungen Leuten die Speisen viel eher verkochet.


34. Warum kann ein Mensch länger den Hunger leiden, als der andere?


Antw. Dieses wird dem Magen und den Adern zugeschrieben; wenn nun dieselben enger und kleiner bey Einem, als bey dem Andern sind, kann er auch den Hunger desto länger erleiden. Diejenigen, welche sich stark binden, oder gürten, können auch länger Hunger leiden: weil dadurch das Saugen der Adern in etwas verhindert wird.


[150] 35. Warum haben die feisten Leute weniger Geblüt, als die magern?


Antw. Weil die Natur bey den feisten Leuten den besten Theil des Geblüts in die Feistigkeit verwandelt; hingegen bey den magern die innerliche Wärme die Feistigkeit verhindert: denn bey den Magern ist die Wärme größer, als bey Feisten. Daher werden die feisten Leute selten gar alt, wegen wenigerm Geblüte; sind auch insgemein nicht so sinnreich und hurtig, als die magern.


36. Warum ist ein Mensch nüchtern schwerer, als nach dem Essen?


Antw. Weil durch die Speisen die Geister vermehret werden, welche wegen ihrer lüftigen und feurigen Natur den menschlichen Körper erleichtern: denn Feuer und Luft machen insgemein leicht. Daher ist auch ein Todter weit schwerer als ein Lebendiger, weil der Lebendige voll Geister, der Todte aber derselben beraubt ist.


37. Woher kömmts, daß Einige im Schlafe reden und singen?


Antw. Es kömmt daher, weil bey ihnen viel Galle ist, und das Hirn durch die Träume erwärmet, und folgsam die Geister beweget werden. Diese bewegten Geister aber bewegen die Zunge und andere Glieder, daß also das Reden, Singen und Lachen entsteht.


[151] 38. Woher kömmts, daß Manchen im Schlafe die sogenannten Truten drücken?


Antw. Dieses ist keine Hexerey, wie sich Viele einbilden, sondern es ist eine natürliche Krankheit, wodurch der Leib beschweret, folglich die Bewegung und Rede verhindert wird. Dieses Drucken empfinden insgemein Diejenigen, 1) die einen schwachen Magen haben, und doch viel grobe Speisen essen; 2) die auf dem Rücken liegen; die viel zähe Feuchtigkeiten im Leibe haben, wodurch der hintere Theil des Hirns angegriffen, und die Gänge und Spannadern verstopfet werden: folgends können dieselben Menschen nicht reden, noch sich bewegen.


39. Ob die Thiere und kleinen Kinder auch Träume haben?


Antw. Sie haben ohne Zweifel auch Träume: denn solches giebt die Erfahrniß, indem die Hunde öfters im Schlafe bellen und heulen, wie auch die Kinder lachen. Doch haben die kleinen Kinder keinen so vollkommnen Traum, als die Erwachsenen. Es ist auch bey erwachsenen und alten Leuten mit den Träumen ein großer Unterschied: denn, gleich wie die Dämpfe, die aus dem Magen in das Hirn steigen unterschiedlich sind, so sind auch bey den Menschen die Träume unterschiedlich.


40. Warum ist das Menschenfleisch süßer, als der andern Thiere?


Antw. Weil die Speisen, welche die Menschen essen, mehrentheils süßlich sind; und[152] dann auch wegen der innerlichen Wärme, die bey den Menschen mäßiger ist, als bey den Thieren. Die Schweine haben zwar auch ein süßes Fleisch; daher schon öfters geschehen, daß mancher mörderische Wirth den Gästen Menschenfleisch für ein schweinens Fleisch aufgesetzt hat.


41. Warum erwachen die Mondsüchtige, Nachtwandler, oder sogenannten Brettersteiger, wenn man sie bey ihren Namen nennet?


Antw. Weil der Verstand durch den Namen aufgeweckt, und die äußerlichen Sinne ermuntert werden; daher fallen dieselben von einem Orte herunter, wenn man sie bey ihren Namen nennet. Man soll dergleichen Brettersteiger, wenn sie zu Nacht beym Mond scheine aussteigen wollen, mit Ruthen streichen, so gehen sie dem Bette zu, und stehen hernach nicht mehr auf.


42. Ob den Sterbenden, wie die gemeine Rede geht, die Augen brechen?


Antw. Sie brechen nicht, sondern werden nur unbeweglich und erstarren, daß sie scheinen, als ob sie gebrochen wären.


43. Warum reden die Sterbenden vom Wandern?


Antw. Weil die Seele in den größten Schmerzen nach dem Ausgange trachtet, daher führen sie in solcher Bestürzung dergleichen Reden.


[153] 44. Warum sterben Einige ohne Schmerzen?


Antw. Weil bey ihnen die Wärme des Herzens allzu schwach ist; daher geschieht es, daß dergleichen Menschen wie ein Lichtlein auslöschen.


45. Warum haben einige Sterbende noch Lust zu essen?


Antw. Weil bey ihnen der Magen allzu kalt ist: denn der kalte Magen ist begieriger nach der Speise als der warme. Es kömmt auch von einem sehr schwachen Verstande her, daß sie nicht wissen, was sie begehren.


46. Warum heulen und schreyen bisweilen die Hunde, Katzen und Eulen, wenn ein Mensch in der Nähe sterben wird?


Antw. Weil aus dem sterbenden Menschen ein durchdringender feiner Dunst hervorsteigt; wenn nun denselben Dunst diese Thiere fühlen, so werden sie zum Geschreye gereizet. Ja, die Eulen fliegen sogar zu Nachts diesem Dunste zu, setzen sich nahe bey dem Sterbenden auf die Häuser und schreyen, wie ichs selbst mit Augen gesehen habe. Daher heißt man diese Vögel, Sterbvögel. Man hüte sich also bey solchen Umständen, in keinen Aberglauben zu verfallen.


47. Warum wird man anfangs auf dem Meere krank?


Antw. Dieses kömmt her von der Veränderung der Luft: denn die Luft auf dem Meere[154] ist viel feuchter und gesalzener, als die Luft auf der Erde. Wenn nun diese feuchte und gesalzene Luft in sich gezogen wird, so erreget sie die Galle, und folglich zwingt sie den Magen sich zu übergeben.


48. Warum leben jetzt die Menschen nicht mehr so lang, als wie in den ersten Weltjahren?


Antw. Es ist zwar wahr, daß die Leute vor der Sündfluth über 700, 800, 900 Jahre gelebet haben; daß aber die Leute vor Zeiten so lang gelebet, und wir nicht mehr so lang leben, sind unterschiedliche Ursachen und zwar: 1) weil vor der Sündfluth die Beschaffenheit des menschlichen Leibes weit besser und stärker war; 2) weil die Leute vor der Sündfluth weit mäßiger lebten, und nur einerley Speise, als Wurzel und Kräuter, aßen; 3) weil vor der Sündfluth Speise und Trank weit besser und gesunder waren: denn die Sündfluth hat mit ihrem gesalzenen Wasser die Erde sammt ihren Früchten ziemlich verderbet; 4) weil es vonnöthen war, daß die Leute zu selbiger Zeit länger lebten, damit das menschliche Geschlecht besser vermehret wurde.


49. Warum geht der sogenannte Irrwisch, oder feurige Mann einem Reisenden zu Nachts auf

dem Fuße nach?


Antw. Diese sogenannten feurigen Männer sind nichts Anders als Erddämpfe, die von[155] der Nachtkälte angezündet werden. Sie befinden sich meistens bey Pfützen, Sümpfen, und andern warmen und feuchten Oertern, wo es Dämpfe giebt. Diese feurigen Dämpfe gehen bald da, bald dorthin, nachdem die Luft wehet. Wenn nun ein Mensch auf der Straße geht, so zieht er die Luft an sich, folgsam gehen ihm diese feurigen Dämpfe nach; und je geschwinder er geht, oder läuft, je gewaltiger zieht er die Luft nach sich, und folglich desto heftiger eilen ihm selbe nach. Man muß also nicht meynen, als wären diese feurigen Männer böse Geister.


50. Warum ist das Meer gesalzen?


Antw. Weil die Sonnenhitze den süßesten Theil vom Meere herauszieht; daher kömmt es, daß das obere Meerwasser gesalzener ist als das untere, weil die Sonnenstralen auf das obere mehr wirken, als auf das untere. Und eben darum, weil das Meerwasser so gesalzen ist, so kann man selbes nicht trinken; daher müssen die Schiffleute allezeit einanders Wasser mit sich führen.


51. Warum haben Diejenigen, die schlafend vom Donnerstrale todt geschlagen werden, die Augen offen?


Antw. Weil die Schlafenden, vom Strale aufgeweckt, die Augen geschwinde aufthun; wenn sie nun gleich todt bleiben, so behalten sie dieselben offen. Man kann ihnen auch solche[156] nicht mehr zu schließen: weil die Spannader, oder das Weißgeäder allbereit erstarret ist.


52. Warum werden die Sterne beym Tage nicht gesehen?


Antw. Weil die Stralen der Sonne, als eines großen Lichts, das Anschauen eines kleinern Lichtes verhindern: denn, gleichwie ein kleines Kerzenlicht, wenn es hinter einer großen brinnenden Fackel steht, nicht kann gesehen werden; so kann man auch das Sternenlicht, wegen den großen Sonnenstralen nicht sehen.


53. Ob der Salamander unverletzt in dem Feuer leben könne?


Antw. Die Salamander sind gewiße giftige Würmer, den Eidechsen gleich, schwarz, mit gelben glänzenden Flecken. Sie können zwar länger im Feuer leben, als andere Thierlein, weil sie von einem überaus kalten Temperamente sind; daß sie aber lange Zeit unverletzt im Feuer leben, und sich darinn ernähren, ist falsch: denn, wie Galenus beweist, so werden sie vom Feuer nach und nach verzehret.


54. Warum entsteht ein Wind, wenn eine Feuersbrunst ist?


Antw. Weil durch den hitzigen Rauch, der von der Brunst in die Höhe steigt, die Luft bewegt wird. Aus dieser Bewegung der Luft aber kömmt der Wind her.


[157] 55. Warum kann man aus Kieselsteinen Feuer schlagen; und warum nicht auch aus andern Steinen?


Antw. Weil die Kieselsteine Schwefel mit sich führen, aber andere Steine nicht.


56. Warum gefriert zur Winterzeit das Wasser eher als der Wein?


Antw. Weil das Wasser von Natur kalt ist; daher, wenn die äußerliche Kälte dazu kömmt, gefriert es bald zusammen. Der Wein hingegen ist von Natur hitzig, und diese Hitze treibt die äußerliche Kälte von sich; daher kann der Wein so leicht nicht gefrieren, vielweniger der Brandtewein, weil er noch hitziger ist, als der Wein.


57. Ob die Erde ohne Berg erschaffen worden?


Antw. Die Berge sind zugleich mit der Erde von Gott erschaffen, und nicht erst durch die Sündfluth gemacht worden: weil sie schon vor der Sündfluth gewesen, indem die Arche Noe sich auf das Gebirg Ararat niedergelassen. Doch ist nicht zu zweifeln, daß auch viel Berge durch die Sündfluth entstanden sind.


58. Warum sind die Keller und Brunnen im Winter warm, im Sommer aber kalt?


Antw. Weil im Winter die im Keller inwendige Wärme wegen der auswendigen Kälte nicht heraus kann; folgsam bleibt die Wärme darinn. Im Sommer aber wird diese innerliche Wärme von der äußerlichen Hitze heraus gezogen; folglich entsteht darinn die Kälte.


[158] 59. Warum ist es nach Mitternacht, und vor anbrechendem Tage kälter, als vor Mitternacht?


Antw. Weil vor Mitternacht die Luft von der Sonne noch erwärmet ist, auch die Luft die Wärme von der Sonne so lang bekömmt, bis die Sonne den Mitternachtpunkt überschritten hat. Nach Mitternacht aber treibt die Sonne den frostigen Wind vor sich her; wodurch dann die Kälte vermehret wird, bis endlich die Sonne nach und nach aufgeht, und Alles wieder erwärmet.


60. Warum krähen zu gewißer Zeit in der acht die Hahnen?


Antw. Weil der Hahn eine heimliche Verwandtschaft mit der Sonne hat, daß er, wenn die Sonne untergeht, ruhe; und wenn dieselbe wieder über den Mitternachtpunkt geschritten, erwache und schreye. Andere wollen, daß dieses geschehe aus einer verborgenen Eigenschaft der Hahnen: denn, gleichwie alle Thiere etwas Sonderbares an sich haben, also geschehe es auch bey den Hahnen.


61. Warum brauchet man bey dem Schrepfen ein Licht?


Antw. Darum, damit durch diese Wärme die Luft dünner in dem Laßkopfe werde: denn, wenn dieses nicht geschieht, so zieht der Laßkopf kein Blut an sich. Daher pflegt man auch den Leib zuvor wohl zu wärmen, damit das Geblüt desto lieber läuft: denn die Wärme eröffnet, und zieht das Blut an sich.


[159] 62. Warum thun die Schützen das eine Aug zu?


Antw. Weil die Lebensgeister in zwey offenen Augen zerstreuet und ausgetheilet werden; da hingegen dieselben in einem Auge, wenn es nur allein offen steht, desto häufiger zusammenkommen, und folgends die Sehenskraft desto stärker wird.


63. Woher kömmts, daß eine Wünschruthe einschlägt, wenn sie auf eine Aerzader trifft?


Antw. Weil das Aerz unter der Erde einen Dampf von sich giebt, welcher die Ruthe zu sich zieht: denn ein jeder Baum ist einem sonderbaren Metalle verwandt. Die Haselstaude hat eine Verwandtschaft mit dem Silber; der Eschenbaum mit dem Kupfer; der Tannenbaum mit dem Bley etc. Daher muß ein jedes Metall mit einer besondern Ruthe gesucht werden. Einige wollen zwar solches vor abergläubisch halten; aber man hat es aus Erfahrung, daß es ganz natürlich ist. Die Schweden haben sich dieses Mittel in dem dreyßigjährigen Kriege wohl zu Nutzen gemacht, indem sie in unserm Deutschlande mit der Wünschruthe viel vergrabenes Silber und Gold gefunden und ausgegraben haben.


64. Wie soll eine rechte Wünschruthe beschaffen seyn?


Antw. Erstlich, muß man gegen Morgen eine zweynästige Ruthe von einer Haselstaude abschneiden. 2) Muß die Ruthe, die man abschneidet,[160] nicht zu alt, sondern erst einjährig seyn, auch nicht knotticht. 3) Muß die Ruthe an der Wurzel gerade über sich stehen. 4) Soll die Ruthe abgeschnitten werden von einer Haselnußstaude, die auf Erzgruben wächst: denn diese sind die besten. 5) Wenn man mit der Ruthe das Metall unter der Erde suchen will, so muß man dieselbe mit beyden Händen zwischen dem kleinen und Goldfinger bey aufwärts gekehrten Enden fassen. 6) Soll man keine abergläubige Reden und Gebärden dabey brauchen, sondern bloß die Ruthe schlagen lassen.


65. Woraus entsteht der Regen?


Antw. Er entsteht aus den wässerichten Dünsten, die von der Sonne aus der Erde in die Luft gezogen werden. Der Regen ist nichts Anders, als eine feuchte Wolke; wenn sich nun diese verdicket, und allzu schwer wird, daß die Luft sie nicht länger tragen kann, so fällt sie tropfenweise herab.


66. Woher kömmt es, daß es bisweilen Blut regnet?


Antw. Solches wird der heftigen Sonnenhitze zugeschrieben: denn diese zieht Feuchtigkeiten aus solchen Oertern, wohin man entweder Blut geschüttet, oder wo dergleichen rother Saft zu finden, in die Luft; welche rothe Feuchtigkeit hernach zugleich mit dem Regen herabfällt. Eben eine solche Beschaffenheit hat es auch mit dem Milchregen, Frösch- und Fischregen, Getreidregen etc.


[161] 67. Was verursachet die Winde?


Antw. Der Wind ist nichts anders als eine empfindliche Bewegung der Luft; die Luft aber wird beweget von der Sonnenhitze; denn diese verdünnet die dicke Luft; diese verdünnte Luft aber verlanget einen größern Raum; folglich treibt sie die nächst stehende Luft fort, und auf solche Weise entsteht der Wind. Andere wollen, daß die Winde herkommen von dem unterirdischen Wasser und Feuer, welche sich in den Höhlen und Klüften der Erde aufhalten.


68. Warum entstehen oftmals Winde nach dem Regen?


Antw. Dessen ist die Ursache die Erde, welche, wenn sie zuvor ausgetrocknet, und von der Sonnenhitze gleichsam ausgedörret gewesen- aber durch den Regen erweichet worden; so giebt sie grobe Dämpfe von sich, woraus hernach die Winde entstehen.


69. Woher kömmt das Blitzen oder Wetterleuchten?


Antw. Dieses entsteht aus Anzündung eines schweflichten Dunstes; denn wenn die Sonnenhitze allzu groß ist, so zieht sie viel schwfleichte Dünste aus der Erde hinauf; oben aber werden sie von der allzu großen Hitze angezündet; nicht aber auf einmal, sondern nach und nach, weil sie nicht auf eine Zeit hinaufgezogen werden; daher kömmt es, daß es nach und nach blitzet.


70. Aus was entsteht das Donnern?


Antw. Das Donnern entsteht aus der allzu starken Ausdehnung der entzündeten Blitzmaterie;[162] wenn nämlich die Luft durch die starke Ausdehnung in eine zitternde Bewegung gebracht wird. Wenn der Donner lang nach dem Blitze gehöret wird, so ist es ein Zeichen, daß die Entzündung weit weg ist. Folget der Donner bald auf den Blitz, so ist die Entzündung in der Nähe. Geschieht aber das Blitzen und Donnern zugleich, so schlägt es gerne ein.


71. Was ist der Donnerstral?


Antw. Der Donnerstral ist kein Stein, wie Einige wollen, sondern ein feuriger und subtiler Dampf; der aus den Wolken mit großer Gewalt herunter geworfen wird. Er ist sehr subtil, und dabey auch giftig. Es gehen weit mehrere Donnerstralen über sich, als unter sich; und man sagt, daß, wenn so viel Donnerstralen sollten herab, als hinauf gehen, so würde nicht Viel von der Welt übrig bleiben.


72. Was hat der Donnerstral für eine Wirkung?


Antw. Der Donnerstral verletzet meistens starke und harte Dinge, welche ihm widerstehen, und seinen Durchgang verhindern wollen.

2. Er nimmt bisweilen dem Menschen das Leben ohne einige Anzeigung eines Brandes, oder einer Wunde: indem er nur das Herz oder Hirn berühret und inficiret, weil er subtil und auch sehr giftig ist.

3. Der Donnerstral zerspaltet bisweilen die Bäume ohne einigen Brand, als ob sie mit einem Keule zerspaltet worden. Solches aber[163] kömmt von der Gewaltsamkeit des Schlages her.

4. Er machet bisweilen, was er trifft, ganz schwarz, ohne Brand: weil die Ausdämpfung schwach, gering und voll Rauches ist.

5. Durch den Donnerstral zerschmelzen bisweilen die Schuheschnallen, ohne Verletzung der Schuhe; der Degen in der Scheide, ohne Verletzung der Scheide; das Geld im Beutel, ohne Verletzung des Beutels. Die Ursache ist: weil der Donnerstral ein sehr subtiler Dampf ist; folglich derselbe die zärtern, weicheren und löcherichten Dinge gar geschwind durchdringt, und sich darinn so lang nicht aufhält, daß er sie verletzen könnte. Was aber hart ist, und enge Luftlöchlein hat, das kann er nicht so leicht durchdringen, folgends zerschmettert er, oder zerschmelzet es.

6. Die Schlangen und andere giftige Thiere verlieren ihr Gift, wenn sie vom Donner getroffen werden; wie Seneka, Plinius, und die Erfahrung selbst lehren: weil nämlich dergleichen Körper alsobald nachdem der Donner sie getroffen, Würmer bekommen, da doch aus denselben sonst keine Würmer wachsen. Im Gegentheile aber werden diejenigen Dinge, die vorher nicht vergiftet waren, erst durch den Donner vergiftet; wie dann auch der Wein dadurch vergiftet wird.

7. Der Donnerstral verbrennet bisweilen ein Faß, da doch der Wein nicht ausläuft, sondern in seinem Orte stehen bleibt, als ob[164] er gefroren wäre. Die Ursache dessen ist, weil der Donner eine subtile und leimichte Materie mit sich führet; die leimichte Materie aber vermischet sich mit den äußersten Theilen des Weins, machet daraus eine dicke Haut, und zieht dieselbe um den Wein, daß er nicht heraus fließe.


73. Wie kann man sich vor dem Donnerstrale sicher machen?


Antw. Plinius meldet, es werde der Lorbeerbaum, das Meerkalb und der Adler, niemals vom Donner getroffen. Rhodiginus saget solches auch von dem Feigenbaume. Wer sich also mit dergleichen Sachen versieht, der soll frey und sicher vor dem Donnerstrale seyn. Daher hat Kaiser Tiber bey Entstehung eines gefährlichen Donnerwetters allezeit einen Lorberkranz aufs Haupt gesetzet. Der Kaiser August hat sich vor dem Donner so gefürchtet, daß er allezeit eine Meerkalbshaut am Leibe getragen; Kaiser Sever brauchte eben zu diesem Ende eine Sänfte, die mit Meerkälberhäuten überzogen war.


74. Was ist der Hagel?


Antw. Es ist ein Regen welcher unter dem Herabfallen in der Luft zu Eiskügelein zusammen gefroren ist.


75. Warum werden bisweilen diese Eiskügelein so groß?


Antw. Weil im Herabfallen viele kleine Eiskügelein zusammen wachsen; jemehr aber[165] zusammen wachsen, je größer werden sie auch; daher werden sie bisweilen ganz ungewöhnlich groß, als wie Tauben-oder Hühnereyer, auch wohl noch größer; ja es fallen bisweilen ganze Stücke Eis herunter, wie öfters die Erfahrniß giebt.


76. Was sind für Zeichen eines erfolgenden Ungewitters?


Antw. Es sind unterschiedliche, unter diesen sind auch nachfolgende: wenn die Ochsen nach dem Himmel sehen, oder sich lecken; wenn die Katzen ihren Bart butzen; wenn das Vieh wunderliche Sprünge machet etc. So man dergleichen Sachen sieht, so kann man leichtlich vermuthen, daß ein Ungewitter vorhanden sey.


77. Warum bemerken die Thiere eher das Ungewitter, als die Menschen?


Antw. Weil die unvernünftigen Thiere mit solchen Leibern begabet, die den Veränderungen des Himmels mehr unterworfen sind, als die Menschen. Zudem fallen vor dem Gewitter, wenn Dünste und Wolken in der Luft zusammen getrieben werden, ziemlich viele Feuchtigkeiten aus der Luft herunter- nicht zwar tropfenweise, sondern wie ein subtiler Thau. Dieser subtile Dampf aber durchdringt viel eher und leichter die Schweißlöcher und Haut der Thiere, als der Menschen, folgsam vermerken auch die Thiere eher das Ungewitter als die Menschen. Weil aber dieser durchdringende[166] Dampf das Vieh jucket und kützelt, so springen und schreyen sie, lecken und baden sich, damit sie solche juckende Feuchtigkeit abwischen und abtrocknen mögen.


78. Warum empfinden diejenigen, welche alte Schäden haben, das ankommende Ungewitter?


Antw. Das ankommende Ungewitter und andere große Luftveränderungen vermerken nicht nur diejenigen, welche alte Schäden haben, sondern auch die, so mit Zipperlein und Hühneraugen behaftet sind; und ist dessen die Ursache; weil die vor dem Ungewitter abfallende Feuchtigkeit leichter durch die Schweißlöcher in dergleichen schwächere Leibsglieder dringet, und ihnen ein und andere Beschwerlichkeit verursachet.


79. Woher entsteht das Erdbeben?


Antw. Das Erdbeben ist eine unordentliche und gewaltsame Bewegung und Erschütterung der Erde. Dieses aber geschieht durch das unterirdische Feuer, wenn nämlich dasselbe nicht genug Luft hat. Gewiß ist, daß unter der Erde Feuer, Luft und Wasser ist. Wenn nun die Luft unter der Erde abnimmt, und also das Feuer nicht genug Luft hat; folglich ersticken müßte, so bricht es mit Gewalt aus, und stürzet alles über den Haufen, wo dasselbe ausbricht. Daher höret man bey dem Erdbeben öfters ein großes Krachen: man sieht[167] große Flammen in die Höhe steingen; man empfindet einen sulphurischen Gestank, wovon oft die Vögel in der Luft ersticken, und todt herunter fallen. Dergleichen Erdbeben erfahren leider! öfters beyde Königreiche, Sizilien und Neapel.


80. Wie kömmts, daß der Berg Vesuv in Neapel Feuer auswirft?


Antw. Der Vesuv ist ein sehr hoher Berg im Königreiche Neapel, 8 wälsche Meilen von der Hauptstadt Neapel. Daß dieser Berg Feuer auswerfe, soll herkommen von dem unterirdischen Feuer, wenn solches nicht Luft genug hat: denn, wenn dieses Feuer unter der Erde nicht Luft hat, so steigt es auf, frißt durch, und suchet einen Ausgang, verbrennet und verderbet Alles, was selbem im Wege steht, und endlich bricht es gar durch; daher dieser Berg stets rauchet, auch bisweilen nebst dem Feuer eine große Menge Asche, Steine und Mineralien auswirft. Dieser feuerspeyende Berg hat im Jahre 1707 dermaßen gewüthet, daß die Luft durch die Menge Aschen welche er auswarf, ganz verfinstert worden. Er warf auch im Jahre 1702 viel Feuer aus, wodurch dem Benediktinerkloster auf dem Berge Kasin über achtzehn tausend Dukaten Schaden geschehen. Im Jahre 1724 hat er unter einem erschrecklichen Krachen dermaßen Feuer ausgespieen, daß fast auf drey wälsche Meilen entsetzlicher Schaden geschehen; und im Jahre 1727[168] sind aus zwo Oeffnungen zugleich Feuer und Schwefel stromweise heraus geflossen. Im Jahre 70, da eben dieser Berg brannte, gieng Plinius etwas nahe hinzu, und wollte dessen Ursache erforschen; er wurde aber von dem Rauche überfallen, und ersticket, da er 56 Jahre alt war.


81. Woher kömmt es, daß der Berg Aetna in Sizilien Feuer ausspeyt?


Antw. Dieser ist der höchste Berg in Sizilien, und unter allen brinnenden Bergen der größte. Ob er schon immer mit Schnee bedecket ist, so wirft er doch stets Feuer und Asche aus, oft über 10 deutsche Meilen weit, und zwar mit erstaunlichem Donnern und Krachen. Diese so heftige Entzündung kömmt eben auch von dem unterirdischen Feuer her, wenn solches nicht Luft genug hat, und also ausbricht, wie oben bey dem Berge Vesuv gesagt worden. Dergleichen heftige Entzündung geschah im Jahre 1639, durch welche 49 Städte und Flecken ruiniret, auch 93tausend Menschen getödtet worden.


82. Was ist ein Komet?


Antw. Ein Komet ist eigentlich ein solcher ungewöhnliche Stern, meistentheils mit einem langen hellen Schweife, der, nachdem er eine Zeitlang am Himmel geschienen, wieder verschwindet.


[169] 83. Ob der Komet allezeit ein Unglück vorbedeute?


Antw. Diejenigen, die den Komet für einen Vorbothen allerhand Unglücks ansehen, irren gar sehr, und verdienen keinen Beyfall. Gewiß ist, daß ein Komet die Erde, worüber er geht, von den bösen Lüften, Dämpfen, und andern schädlichen Feuchtigkeiten ungemein reiniget. Ja, wenn nicht bisweilen ein Komet erschiene, und die Erde von diesen bösen Feuchtigkeiten reinigte, so würden dieselben die Luft völlig vergiften, und die Erde in ihrem Wachsthume gänzlich verderben; wodurch nothwendig Hunger und Pest entstehen müßten. Du sagst: Im Jahre 1682 hat sich in Deutschland ein erschrecklicher Komet sehen lassen, daß Jahr darauf haben die Türken die kaiserliche Residenzstadt Wien belagert; also deutet der Komet ein Unglück an. Ich antworte hierauf, und sage, daß es zwar ein Unglück gewesen, daß die Türken Wien belagert haben; es ist aber noch ein größeres Glück gewesen, daß sie sind mit großem Verlurste hinweggeschlagen worden. So folget dann, daß der Komet vielmehr ein Glück als Unglück vorbedeute.


84. Wie kann man wissen, ob der Komet unter oder ober dem Monde stehe?


Antw. Man muß sehen, ob der Komet den Mond verdecke, oder der Mond den Komet. Bedecket der Komet den Mond, so steht der Komet unter dem Mond; folglich ist derselbe bey[170] uns näher. Bedecket aber der Mond den Kometen, so steht der Komet ober dem Monde, folgsam ist derselbe weiter von uns.


85. In was besteht die Mondsfinsterniß?


Antw. Sie besteht in einer wirklichen Verlierung des Lichts, welches der volle Mond sonsten von der Sonne her hat; und geschieht diese darum, weil die Erde gerade zwischen der Sonne und dem vollen Monde steht, folglich verhindert sie die Sonnenstralen, daß dieselben nicht in den Mond scheinen können.


86. In was besteht die Sonnenfinsterniß?


Antw. Die Sonnenfinsterniß ist eigentlich keine Verfinsterung oder Verlierung des Lichts, wie in dem Monde, sondern nur eine Bedeckung desselben; und geschieht dieselbe darum, weil der Mond gerade zwischen der Sonne und Erde steht, und folgsam die Sonne verhindert, daß sie ihre Stralen nicht zu uns auf die Erde werfen könne.


87. Wie groß ist der Mond?


Antw. Der Mond ist zwar kleiner, als die Erde, doch begreift er in seinem Umkreise beyläufig 1555 deutsche Meilen.


88. Warum kömmt uns der Mond so klein, als ein runder Faßboden vor?


Antw. Weil er allezeit weit, nämlich fast 52tausend deutsche Meilen von der Erde entlegen ist.


[171] 89. Warum ist der Mond bisweilen voll, bisweilen halb voll?


Antw. Das geschieht darum, weil der Mond bisweilen nahe, bisweilen ferne von der Sonne steht. Je näher aber der Mond bey der Sonne steht, je weniger sieht man von ihm. Seht der Mond aber allgemach unter der Sonne hinweg, so fängt er an zu wachsen; und je mehr er von der Sonne hinweg geht, je höher wird er, und können wir auch sein Licht desto mehr sehen, bis er endlich im vollen Lichte am allerweitesten von der Sonne ist; alsdann sehen wir ihn ganz voll.


90. Wie geschwinde läuft der Mond?


Antw. Der Mond thut, nach der Ausrechnung der Astronomen, in einer Stunde eine weitere Reise, als wenn er die ganze Erdkugel umlief: denn er leget mit seinem Laufe alle Stunde 13015 Meilen zurücke.


91. Was ist die Sonne?


Antw. Sie ist ein großes Himmelslicht, so den ganzen Erdkreis erleuchtet und erwärmet. Ja, sie ist der Brunn und Ursprung alles Lichts, und giebt allen andern Planeten das Licht. Sie ist aber ungemein hitzig, und zwar so, daß sie alle Feldfrüchte nach und nach austrocknen würde, wenn nicht der kalte Mond dieselben zu Nachts wieder anfeuchtete.


[172] 92. Wie groß ist die Sonne?


Antw. Hier kommen die Astronomen nicht überein. Einige wollen, daß die Sonne über 160mal größer sey, als die ganze Erde; Andere aber machen die Sonne noch weit größer. Sie steht weit höher droben als der Mond, und, wie Einige wollen, ist die Sonne so weit von der Erde entlegen, daß, wenn ein Vogel alle Stunde 4 deutsche Meilen in die Höhe flöge, so hätte er 20 Jahre zu fliegen, bis er zu der Sonne käme.


93. Wie kömmt es, daß die Sonne im Sommer nahe, im Winter aber weit von uns ist?


Antw. Das kömmt daher, weil der Sonnenzirkel nicht also gerade um die Erde herum geht, wie das gestirnte Firmament; sondern ist etwas krumm, und gegen uns zu rechnen, an einem Orte etwas höher, am andern Orte niedriger.


94. Wie geschwinde läuft die Sonne?


Antw. Die Sonne läuft dermaßen geschwinde, daß sie in 24 Stunden ihren Kreis durchwandert; in einer Stunde also 1140000 Meilen, das ist eine Million, hundert und vierzigtausend Meilen zurückeleget: denn der Sonnenlauf des gewölbten Himmels hält in sich 24 Millionen, dreyhundert u. sechszigtausend Meilen, welche in 24 Stunden eingetheilet, die berührte Zahl und noch Etwas darüber zu verstehen geben.


[173] 95. Was ist der höchste Himmel?


Antw. Der höchste Himmel ist derjenige Ort, wo Gott und seine liebe Heilige wohnen. Die Materie, woraus der Himmel gemacht ist, ist nicht gleichförmig der Materie des Firmaments, sondern sie ist unendlich edler und vortrefflicher, als diese. Was aber bey dem Himmel für eine Materie ist, das kann man nicht wissen. Diese Materie des Himmels ist in- und auswendig von Natur so hell und glänzend, daß aller Glanz der Sterne, der Sonne und des Monds etc. gegen den Glanz Himmels nur eine Finsterniß ist.


96. Wie weit ist dieser Himmel von der Erde entlegen?


Antw. Der Himmel steht so viel tausend Meilen weit von der Erde, daß man derer Zahl kaum zählen kann. Der gelehrte P. Klavius saget, es sey der Himmel so weit von der Erde, daß, wenn ein Mühlstein von dem Himmel sollte herunter fallen, und in einer Stunde 1200 deutsche Meilen Wegs machen, so hätte er bis auf die Erde 92 Jahre lang zu fallen.


97. Giebt es auch Wohnungen und Paläste in dem Himmel?


Antw. Die vortrefflichsten heiligen Väter, als Athanasius, Epiphanius, Anselmus, und viel Andere, halten gänzlich dafür, daß im Himmel wahrhaftige Wohnungen und Paläste seyn, und beweisen solches sowohl aus der heiligen[174] Schrift, als aus vielen andern Ursachen; denn Christus, die ewige Wahrheit, saget es selbst: In domo Patris mei mansiones multae sunt. Joan 14. In meines Vaters Hause sind viel Wohnungen. Diese himmlische Wohnungen aber sind von einer gar verwunderlichen und unermeßlichen Materie, die weit kostbarer ist, als die schönsten Perlen selbst. Andere verneinen zwar solches, vorgebend, man habe im Himmel dieser Wohnungen und Päläste nicht vonnöthen, weil man allda keine Ungelegenheiten der Luft, Hitze und Kälte zu leiden habe; aber man giebt ihnen zur Antwort; daß, obschon die Wohnungen zur Abwendung der Hitze und Kälte nicht vonnöthen, so erfodere es doch die Zierde dieser himmlischen Stadt, daß sie mit schönen Palästen angefüllet sey. Und wer sollte wohl vernünftig glauben, daß die unermeßliche Weitläuftigkeit des Himmels ganz öde und leer stehen sollte.


98. In was besteht eigentlich die Freude der Auserwählten in dem Himmel?


Antw. In der Anschauung Gottes, und dadurch in dessen Genießung, als des höchsten Guts, und seiner unendlichen Vollkommenheiten; was aber dieses für eine Freude sey, ist unmöglich zu beschreiben; denn gleichwie Gott das höchste und unendliche Gut ist, also ist auch die Freude, die die Auserwählten dadurch genießen, unendlich groß; was aber unendlich ist, daß kann nicht beschrieben werden; und wenn schon[175] der ganze Himmel eine lautere Pergamenthaut, das ganze Meer eine lautere Dinte wäre, und alle Geschöpfe auf Erden bis auf den jüngsten Tag schreiben sollten, so würden sie doch das Mindeste von den himmlischen Freuden weder erklären, noch an Tag geben können. Daher hat der heilige Chrysostomus gar recht gesagt: Warum unterstehen wir uns von Sachen zu reden, welche unbegreiflich sind?


99. Was ist die Hölle?


Antw. Die Hölle ist der Ort, wo die Verdammten ewig gepeiniget werden.


100. In was besteht die Pein der Verdammten?


Antw. Die beschwerlichste Pein der Verdammten ist der Verlurst der Anschauung Gottes, daß sie nämlich auf ewig müssen beraubt seyn des göttlichen Angesichtes. Die übrigen sinnlichen oder empfindlichen Peinen sind unterschiedlich, nachdem der Verdammte auf dieser Welt gesündiget hat: denn nach Maaß der Sünden wird seyn die Maaß der Peinen. Wie groß aber die Peinen der Verdammten seyn, ist nicht möglich zu beschreiben. Das Entsetzlichste ist, daß sie ihre Peinen leiden müssen ewig, ewig, so lang Gott Gott seyn wird.


101. Kommen Viele in die Hölle?


Antw. Ja, weit Mehrere, als in Himmel; wie Christus der Herr selbst Matth. I, 22. sagt: [176] Viele sind berufen, Wenige aber auserwählet. Zudem, wenn man betrachtet, wie viel tausend Millionen der Heyden, Juden, Türken etc. der Hölle zufahren; und auch wie viel tausend katholische Christen unglückselig dahin sterben, so läßt sich leicht schließen, daß Mehrere verdammt, als selig werden.


102. Welches ist das beste Mittel, sich vor der Hölle zu hüten?


Antw. Daß man oft die höllischen Peinen betrachte, mit Bedenken, daß sie immer und ewig währen. Denn wer öfters die Hölle und derselben Ewigkeit betrachtet, wird gewiß nicht sündigen: wer aber nicht sündiget, der kann nicht in die Hölle kommen. Daher, o mein lieber Christ! wenn dir deine Seele lieb ist, so überlege alle Tage zu Nachts einen aus diesen nachfolgenden guten Gedanken wohl, und schlafe darinn ein.


Nächtliche gute Gedanken.


1. Tag. Gott hat mich allein zu diesem Ziele erschaffen, daß ich selig werde. Er giebt mir auch alle Mittel dazu. Wie habe ich aber diese Mittel gebrauchet? Was führe ich für ein Leben, um selig zu werden? Werde ich wohl mit diesem meinem Leben selig werden?

2. Tag. Was hilft mir Geld und Gut, wenn ich die Seele verliere? Ich habe nur eine einzige Seele; ist diese verloren, so ist meiner Seits Alles auf ewig verloren.

[177] 3. Tag. Gott hat die Seele mit meinem Leibe vereiniget; mir liegt es ob, sie mit Gottes Gnade selig zu machen. Wenn ich aber nicht darauf gedenke, wer denket anstatt meiner darauf? Wenn ich meine Seele nicht sicher stelle, wer wird solches anstatt meiner thun?

4. Tag. Ich mache mir den Tag hindurch so viel Gedanken? ich nehme auf mich so viel Mühe und Sorgen; ich möchte fast vor Kümmerniß vergehen. Und dieses Alles für was? Sollte ich nur den halben Theil Dessen, was ich aus Absehen der Welt arbeite, meiner Seele zu Liebe thun, so würde ich in Kürze ein großer Heiliger seyn. Warum thu ich es dann nicht?

5. Tag. Einen einzigen Tod giebt es. Sterbe ich einmal gut, so bin ich für allezeit gut gestorben. Sterbe ich einmal übel, so bin ich für allezeit übel gestorben, und auf ewig verloren. Warum wende ich dann nicht alle Kräfte und Mittel an, daß ich einmal gut sterbe?

6. Tag. Es hat seine Richtigkeit: ich muß sterben, und vielleicht heute oder morgen. Und wie wird es alsdann ergehen mit jenen Gütern und Reichthümern, welche ich sogar unruhig suche, und so heftig verlange? Was nutzen werden sie mir bringen, wenn ich meine Reise in die Ewigkeit antreten muß?

7. Tag. Sobald ich werde verschieden seyn, wird man zwar sagen: Jener Reiche ist gestorben.[178] Aber, wer ist derjenige, der an mich mehr gedenke? Ich werde haben lachende Erben, die sich erfreuen werden wegen Hab und Gut, so ich ihnen hinterlassen. Wie wird es aber mit meiner Seele stehen? Wo wird sie sich dazumal aufhalten?

8. Tag. Ich weiß nicht, wie ich sterben werde. Ich kann sterben, ohne daß mir ein einziger Mensch zu Hülfe komme. Ich kann sterben, entweders von einem Donner, oder von einem Schlagflusse getroffen, oder von einem Ausgusse des Blutes ersticket werden. Und wie wäre es, wenn es noch heute, oder diesen Augenblick geschehen sollte.

9. Tag. Ich halte für gewiß, daß ich sterben müsse; warum lebe ich dann also, als würde ich niemals sterben? Was gedenke ich lange zu leben, da ich doch keinen Tag vor dem Tode sicher bin? Und was nützet es lange leben, wenn ich mich nicht bessere?

10. Tag. Ich fürchte den Tod, und das Sterben erschrecket mich allezeit, wenn ich nur daran gedenke. Warum befleiße ich mich dann nicht, daß ich mir den Tod süß und lieblich mache durch ein frommes Leben.

11. Tag. Vom ersten Augenblicke, da ich in die Welt gekommen, habe ich angefangen zu sterben; und gehe nun alle Tritte und Schritte, die ich täglich thue, näher dem Grabe zu; ja alle Augenblicke laufe ich näher meiner Grube zu. Wie wäre es, wenn ich heute noch hinein fiele? Wie steht es mit meinem Gewissen?

[179] 12. Tag. Wenn ich eben in diesem Augenblicke, da ich dieses lese, vor dem Richterstuhle Christi erscheinen sollte, wer wird mich anklagen? Ach! es wird mich anklagen der Teufel, der mich versuchet; mein Gewissen, welches so viele Sünden und Laster weis. O wie werde ich beschämet werden.

13. Tag. Wer wird mich richten? Eben Dieser, nämlich Jesus Christus, der mir so viele Gnaden erwiesen zu meiner Seligkeit, und so herzlich geliebet hat, daß er für mich am Kreuze gestorben ist. Wie werde ich mich entschuldigen?

14. Tag. Das Gericht wird seyn ohne Barmherzigkeit. Die Gerechtigkeit allein wird ihr Amt verrichten, und das Recht sprechen nach meinem Verdienste, gut oder bös. Wo werde ich mich alsdann hinwenden? Zu den guten Werken, derer ich wenige gethan, kann ich nicht. O mich Armseligen!

15. Tag. Was werde ich für einen Ausspruch, was für ein Urtheil hören müssen; vielleicht der ewigen Verdamniß? Und wenn dem also; was werde ich dawider einwenden können? Wohin werde ich fliehen, und mich vor dem Zorne Gottes verbergen?

16. Tag. Jetzt in diesem Leben biethet mir der göttliche Richter seine Gnade und Barmherzigkeit an. Was aber nach diesem Leben? Da wird keine Gnade mehr seyn. Wie er mich wird finden, also wird er mich richten. Warum nehme ich dann seine Gnade nicht an, und verbessere mein Leben? Warum fahre ich fort zu[180] sündigen, und knüpfe eine Sünde in die andere?

17. Tag. Die Hölle ist ein Ort der ewigen Peinen, wo man beständig brinnt, und niemals stirbt. Wo man immerdar erschreckliche Peinen leidet, und niemals eine Ruhe hat. Nun kann ich nicht einen Augenblick lang einen Finger über ein Feuer halten; o! wie werde ich dann die Hitze des höllischen Feuers in alle Ewigkeit ausstehen können?

18. Tag. Wenn ich gesündiget habe, so habe ich die Hölle verdienet; aber wie weis ich, daß mir Gott meine Sünden verziehen habe? Sündige ich abermal, so verdiene ich abermal die Hölle, und stehe schon mit einem Fuße darinnen. Wie wäre es, wenn mich Gott in dieser Sünde sterben ließe; wo würde ich hinfahren?

19. Tag. Wie viele Tausende sitzen in der Hölle, brinnen und braten, welche doch viel weniger gesündiget haben, als ich. Wo wäre ich, wenn mich Gott nicht bey dem Leben erhalten hätte? Ich würde schon lange mitten unter den Teufeln stehen; ich würde schon lange heulen, schreyen, und mein voriges geführtes Leben verfluchen.

20. Tag. Gott hat mich bey dem Leben erhalten, und verleiht mir noch einige Zeit, nicht daß ich in Sünden sollte fortfahren, sondern, daß ich sollte Buße thun. Warum thue ichs dann nicht? Wenn den Verdammten nur eine Viertelstunde erlaubt wäre, Buße zu thun, o! was würden sie nicht thun: Sie wollten[181] gerne, können aber nicht. Ich kann, und will nicht.

21. Tag. Man kann leicht verdammt werden; denn der Weg zur Hölle ist ziemlich breit. Man kann leicht die ewige Seligkeit verscherzen; denn die Himmelsthüre ist sehr eng, und Wenige sind die dadurch eingehen. Was sage ich nun von mir selbsten? Was darf ich hoffen?

22. Tag. Was ist verdammt werden? Es ist, Gott verlieren, und zwar auf ewig. Es ist brinnen, und zwar ewig. Es ist verzweifeln, und umsonst, und ewig verzweifeln. Und ich halte es für ein Kinderspiel; lache, scherze, und bin wohlauf im Stande einer Todsünde, in solcher Gefahr der ewigen Veedammniß?

23. Tag. O! wenn ich sollte verdammt werden, was würde ich in der Hölle sagen? Ich würde vermaledeyen die Stunde, in welcher ich gebohren. Ich würde vermaledeyen die Zeit, die ich so liederlich zugebracht. Ich würde verfluchen alle liederlichen Gesellschaften, alle böse Gelegenheiten, alle eitle Ergötzlichkeiten. Wenn ich aber all dieses vorsehe, warum komme ich dann nicht vor?

24. Tag. In der Hölle würde ich gedenken: ich hätte gar leicht können selig werden, und habe nicht gewollt. Jetzt wollte ich gerne selig werden, und kann nicht mehr in Ewigkeit. Dieses sehe ich vor; warum thue ich dann jetzt in diesem Leben so viel Böses, welches ich nicht gethan zu haben, dort wünschen würde? Warum thue[182] ich nicht viel mehr Gutes, so ich gethan zu haben, dort verlangen würde?

25. Tag. Gott verlanget gar Wenig von mir, daß ich selig werde. Es ist genug, wenn ich seine Gebothe halte, die da leichte Gebothe, gerechte Gebothe, süße Gebothe sind. Gott hilft, und giebt mir seine Gnade, daß ich selbe halten kann. Wenn ich nun so leicht in Himmel kommen und selig werden kann, warum halte ich dann seine Gebothe nicht? Warum trete ich selbe mit Füßen?

26. Tag. Der Teufel reizet mich mit einer geringen Wohllust an, daß ich meine Ewigkeit in der Hölle aufbaue; und wie kann ich ihm folgen und beystimmen? Gott ladet mich ein, daß ich selbige mit einer geringen Buße im Himmel zurichten soll; soll ich seinem unendlich gütigen Zurufen nicht Folge leisten? Soll ich dann mehr dem Teufel folgen, der mir ewig schadet, als Gott, der mir nutzet?

27. Tag. Zwey einige Orte sind, der Himmel und die Hölle; eines aus beyden muß ich antreten. Entweders werde ich ewig selig oder ewig verdammt. Und dieses kömmt einzig auf meinen Willen an. Thue ich Gutes, und verharre im Gutem, so werde ich ewig selig. Thue ich Böses, und wirke nicht die Buße darüber, so werde ich ewig verdammt. Was will ich aus Beyden?

28. Tag. Diene ich Gott, so bekomme ich zum Lohn den Himmel. Soll mich dann dieses nicht bewegen, allezeit Gutes zu thun,[183] und Gott zu dienen? Diene ich dem Teufel, so bekomme ich zum Lohne die Hölle. Soll mich dann dieses nicht abschrecken, Böses zu thun, und dem Teufel zu dienen?

29. Tag. Gott will mir allezeit das Himmelreich geben, eine ewige Belohnung für eine kurze Arbeit, einen immerwährenden Lohn für eine kurze Dienstleistung, eine ewige Freude für ein kurzes Leiden, ein ewiges Leben für ein kurzes Leben. Ey so will ich dann in diesem kurzen Leben aus Liebe Gottes Alles thun, was ich immer thun kann: Gott und der Himmel ist Alles werth.

30. Tag. Zween sind, die meine Seele haben wollen: nämlich, Christus der Herr, und der Teufel. Christus hat mir alles Gutes gethan: er ist für meine Seele gestorben, und würde noch heute für selbe sterben, wenn er nur könnte. Der Teufel, was hat er mir wohl Gutes gethan? Fein sauber Nichts; sondern vielmehr hat er meiner Seele durch so viele Anreizungen erbärmlich geschadet. Wem bin ich dann meine Seele zu geben schuldig?

Quelle:
Schreger, Odilo: Odilo Schregers lustiger und nützlicher Zeitvertreiber [...]. Eilfte, vermehrte und verbesserte Auflage, Augsburg 1802, S. 142-184.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Meyer, Conrad Ferdinand

Gedichte. Ausgabe 1892

Gedichte. Ausgabe 1892

Während seine Prosa längst eigenständig ist, findet C.F. Meyers lyrisches Werk erst mit dieser späten Ausgabe zu seinem eigentümlichen Stil, der den deutschen Symbolismus einleitet.

200 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon