V. Von Europa.

[127] 45. Wie groß ist Europa?


Antw. Europa, Einer von den vier Welttheilen, ist 900 deutsche Meilen lang, und 900 breit. Folgsam ist Europa unter den andern der kleinste Theil der Welt.


46. Wie viel giebts in Europa Kaiserthümer?


Antw. Es giebt 3 Kaiserthümer darinn, nämlich das Römisch-Deutsche, das Ottomanische oder Türkische und das Russische oder Moskowitische. Das letztere war zuvor nur ein Großfürstenthum; im Jahre 1722 aber ist es zu einem Kaiserthume erhoben worden. Der erste Kaiser in Moskau war Peter Alexiewiz, welcher im Jahre 1725 gestorben ist.


47. Wie viel sind Königreiche in Europa?


Antw. Derer sind 14: Spanien, Frankreich, Portugall, England, Irrland, Schottland, Pohlen, Dännemark, Schweden, Ungarn, Böhmen, Sizilien, Sardinien und Preußen. Preußen ist erst im Jahre 1701 von Leopold I. zu einem Königreiche gemacht worden.


[127] 48. Wie viel sind Republiken in Europa?


Antw. Derer sind 8, als Holland, Schweitz, Venedig, Genua, Lukka, Genf, St. Marino und Ragusa am adriatischen Merre. Es sind auch darinnen, ein Erzherzogthum, nämlich Oestreich; zwey Großherzogthümer, nämlich Florenz und Litthauen; auch 300 Souveraine Fürsten.


49. Welche Republik ist die mächtigste?


Antw. Die zwo Republiken, Holland und Venedig, sind außer allem Streite die mächtigsten zu Wasser in Europa, ja in der ganzen Welt gewesen. Doch war Holland noch mächtiger als Venedig, und zwar 1. weil die ordinairen Einkünfte der Republik Holland größer sind, als der Republik Venedig: indem nur allein die Stadt Amsterdam täglich bey vierzigtausend Gulden Einkommen hatte. 2. Weil ihre Schifffahrten weit einträglicher waren, als die zu Venedig; denn ihre Kauffahrteyschiffe giengen durch die ganze Welt; der Venetianer aber nur nach Persien, Türkey, Italien und Frankreich. 3. Weil Holland viel mächtigere Kriegsflotten ausrüsten konnte, als Venedig. 4. Weil Holland viele Landschaften in Ost- und Westindien besitzt; Venedig Nichts. Nun hat sich aber Vieles geändert: Venedig ist dem Kaiser zu Theile geworden; und Holland befindet sich in einem schwankenden Stande.


50. Wie viel sind Sprachen in Europa?


Antw. Es sind nur 3 Hauptsprachen darinn, als nämlich die Lateinische, Deutsche und Sklavonisch.[128] Von der lateinischen Sprache kommen her die spanische, französische und italiänische. Von der deutschen Sprache kommen her die engländische, die holländische, die dänische und schwedische. Von der sklavonischen Sprache kommen her die ungarische, böhmische, pohlnische, und moskowitische.


51. Wie viel giebts Religionen in Europa.


Antw. Es giebt fünf Hauptreligionen darinn; nämlich: die katholische, kalvinische, lutherische, griechische u. mahometanische. Katholisch sind Spanien, Frankreich, Wälschland, Portugall, Pohlen, Ungarn, und das Meiste von Deutschland. Kalvinisch sind Holl- u. England, der größere Theil der Schweitz, und Etwas in Deutschland. Lutherisch sind Dänemark, Schweden, und Etwas in Deutschland. Griechisch ist Moskau. Mahometanisch die Türkey u. Tartarey.


52. Wie sind die Europäer beschaffen am Gemüthe?


Antw. Der Deutsche ist offenherzig,

Der Franzose leichtsinnig,

Der Wälsche hinterhaltig,

Der Spanier hochmüthig,

Der Engländer veränderlich.


53. Wie sind die Europäer beschaffen am Verstande?


Antw. Der Deutsche ist witzig,

Der Franzose fürsichtig,

Der Wälsche scharfsinnig,

Der Spanier tiefsinnig,

Der Engländer arglistig.


[129] 54. Wie sind die Europäer beschaffen an Leibesgestalt?


Antw. Der Deutsche ist groß,

Der Franzose wohlgestaltet,

Der Wälsche mitteltnäßig,

Der Spanier klein,

Der Engländer ansehnlich.


55. Wie sind die Europäer beschaffen in Rathschlägen?


Antw. Der Deutsche ist langsam,

Der Franzose geschwind,

Der Wälsche wohlbedacht,

Der Spanier behutsam,

Der Engländer beherzt.


56. Wie sind die Europäer beschaffen in Unternehmungen?


Antw. Der Deutsche ist wie ein Bär,

Der Franzose ist wie ein Fuchs,

Der Wälsche wie ein Luchs,

Der Spanier wie ein Elephant,

Der Engländer wie ein Löw.


57. Wie sind die Europäer beschaffen in Dienstleistungen?


Antw. Der Deutsche ist getreu,

Der Franzose hurtig,

Der Wälsche ehrerbiethig,

Der Spanier sklavisch,

Der Engländer knechtlich.


58. Wie sind die Europäer beschaffen in der Kost?


Antw. Der Deutsche ist dem Trunke ergeben,[130]

Der Franzose delikat,

Der Wälsche mäßig,

Der Spanier gesparsam,

Der Engländer gefräßig.


59. Wie sind die Europäer beschaffen in der Kleidung?


Antw. Der Deutsche ist unbeständig,

Der Franzose nett und sauber,

Der Wälsche ehrsam,

Der Spanier ehrbar,

Der Engländer veränderlich.


60. Wie sind die Europäer beschaffen im Ehestande?


Antw. Der Deutsche ist hausherrisch,

Der Franzose frey,

Der Wälsche kerkermeisterisch,

Der Spanier tyrannisch,

Der Engländer knechtlich.


61. Wie sind die Europäer beschaffen in der Religion?


Antw. Der Deutsche ernstlich,

Der Franzose eifrig,

Der Wälsche beständig,

Der Spanier andächtig,

Der Engländer veränderlich.


62. An was haben die Europäer einen Ueberfluß?


Antw. Der Deutsche an Getreide,

Der Franzose an Leuten,

Der Wälsche an Wein,

Der Spanier an Pferden,

Der Engländer an Vieh.


[131] 63. Mit Was bringen die Europäer die Zeit zu?


Antw. Der Deutsche mit Trinken,

Der Franzose mit Spatzieren gehen,

Der Wälsche mit Schwätzen,

Der Spanier mit Spielen,

Der Engländer mit Arbeiten.


64. Wie vertreiben die Europäer die Melancholey?


Antw. Der Deutsche versauft sie,

Der Franzose versingt sie,

Der Wälsche verschläft sie,

Der Spanier verweinet sie,

Der Engländer verlachet sie.


65. Wo finden die Europäer ihren Tod?


Antw. Der Deutsche im Trinkglase,

Der Franzose im Kriege,

Der Wälsche im Erdbeben,

Der Spanier im Bette,

Der Engländer im Meere.


66. Wie groß ist Deutschland?


Antw. Es ist 200 deutsche Meilen lang und 150 Meilen breit, und also weit größer, als Frankreich.


67. Warum heißt man es Deutschland?


Antw. Weil Teuto der erste König der Deutschen war; darum heißt mans Teutsland, das ist, Deutschland. Denn dieser Teuto oder Tuisto, soll gleich nach der Sündfluth mit 30 Helden und mit viel anderm Volke aus Armenien heraus gekommen seyn, und hin und wieder[132] Brücken, Städte, Dörfer und Wohnungen auferbauet haben.


68. Was hatten die alten Deutschen für einen Glauben?


Antw. Sie waren lauter Heyden, und betheten die Götter an. Sie hatten keine Gesetze; doch hielten sie gute Zucht, und straften das Böse, absonderlich den Ehebruch.


69. Was hatten die alten Deutschen für Götter?


Antw. Ihre Götter waren die 7 Planeten: nämlich, Sonn, Mond, Mars, Merkur, Jupiter, Venus und Saturnus; wie dann der heilige Bischof Rupert, ein Benediktiner, einen Götzentempel zu Altenöting in Bayern angetroffen, worinn die Bildniß dieser 7 Planeten angebethet wurde; welcher hernach anstatt dessen das schöne Mariä Bild, welches noch heute allda zu sehen ist, dahin gesetzet hat.


70. Hatten die alten Deutschen auch Tempel?


Antw. Sie hatten gar wenige: denn sie verrichteten ihren Götzendienst gemeiniglich nur in den Wäldern und Haynen, auf hohen Bergen, unter einem Gesträuße; sonderlich unter hohen Eichbäumen. Dergleichen Eichbäume stunden vor Zeiten in dem Orte, wo jetzt die zwey Benediktinerklöster, Oberaltaich und Niederaltaich, in Unterbayern stehen; woher diese auch ihren Namen führen.


[133] 71. Worinn bestunden ihre Opfer?


Antw. Sie opferten ihren Göttern allerhand Thiere. Dem Merkur opferten sie bisweilen auch Menschenfleisch von ihren Feinden, die sie in der Schlacht gefangen bekommen.


72. Hatten die alten Deutschen auch Götzenpfaffen?


Antw. Ja, sie hatten auch einige; ihre vornehmsten Götzenpfaffen aber waren die Druiden, welche von dem Könige Drud, der jenseits des Rheins gegen Niedergang regierte, ihren Namen her hatten. Sie lehrten die Unsterblichkeit der Seelen, und prophezeyeten allerhand Sachen; daher man sie für die allerheiligsten Leute gehalten. Von diesen Druiden bleibt noch bey uns Deutschen der Name übrig die Druten.


73. Hatten die alten Deutschen auch Wahrsagerinnen?


Antw. Ja, sie hatten allerley; unter diesen waren die Vornehmsten die Irunen oder Allraunen, derer Obriste man Häz nannte; und daher kömmts, daß wir die alten Zauberinnen noch heute alte Häxen heißen. Diese Allraunen stunden bey Jedermann in großen Ehren: sie hatten feurige Augen und fliegende Haare, wohnten in sehr tiefen Höhlen, und sagten dem Volke mit halb abgebrochenen Worten wahr. Zu Sulzbach in der Obernpfalz, und in Bayern ein wenig oberhalb am Fuße des Bogenbergs sieht man noch heute eine finstere Höhle, darinn eine solche Allraun soll gewohnet haben.


[134] 74. Wie waren die alten Deutschen gestaltet?


Antw. Sie hatten fast einerley Gestalt des Leibes. Sie waren in ihren Angesichtern weiß und etwas braun; hatten blaue Augen und ein goldgelbes Haar; waren groß, stark und dauerhaft, dem Kriege und Jagen sehr ergeben.


75. Wie giengen die alten Deutschen mit ihren Kindern um?


Antw. Sobald ihre Kinder auf die Welt kamen, tauchten sie selbige in das kälteste Wasser, damit ihre Leiber hart, und folgsam dauerhaft zu den Kriegsbeschwernissen wurden. Sie hielten ihre Kinder unsauber, und mußten selbige ganz nackend im Hause herumlaufen, zu Nachts aber auf der Erde und unter dem Viehe liegen.


76. Wie viel hatten die alten Deutschen Weiber?


Antw. Sie hatten nicht mehr als ein Weib, außer etlichen Wenigen, die nicht aus Geilheit, sondern zur Fortpflanzung ihres hohen Stammes mehr als Eine zur Ehe nahmen. Die Keuschheit liebten sie vor Allem; und wenn ein Weib einen Ehebruch begieng, wurde sie von ihrem Manne nach abgeschnittenen Haaren ganz bloß auf den Gassen herumgeführt, und mit Ruthen fast zu todt gegeißelt.


77. Wie gieng es bey den alten Deutschen mit den Heirathen zu?


Antw. Ganz anders, als jetzt bey uns. Die Töchter durften erst im 20sten; die Söhne[135] aber niemals vor 30 Jahren heirathen. Das Heirathgut brachte nicht das Weib dem Manne zu, sondern der Mann dem Weibe. Und dieses Heirathgut, welches der Mann dem Weibe gab, bestund nicht in Silber oder Gold, sondern in Ochsen und einem gezäumten Pferde, nebst einem Schilde, Spieße und Schwerte. Das Weib brachte dem Manne auch etwas Weniges von Gewehr zu, um dadurch sich zu erinnern, daß alle Beyde im Kriege dienen, streiten, leben und sterben müßten.


78. Wie verhielten sich die alten Deutschen im Kriege?


Antw. Ungemein tapfer und hitzig; sie giengen nicht in die Flucht. Wenn sie aber aus Noth weichen wollten, wurden sie von ihren Weibern aufgehalten, und angefrischet, aufs neue zu streiten. Wurden sie verwundet, so sogen ihnen die Weiber ihre Wunden aus, ohne Vergießung einiger Thränen. Sie ließen sich auch so leicht nicht von einem Feinde erschrecken. Denn als Alexander der König in Mazedonien über die Deutschen herwischen wollte, und die deutschen Abgesandten fragte: Was die Deutschen am meisten fürchten? in Meynung, sie würden sagen: den Alexander; anworteten sie ihm: Die Deutschen fürchten Nichts, als es möchte etwa einmal der Himmel einfallen.


79. Was hatten die alten Deutschen für Waffen im Kriege?


Antw. Ihre Waffen waren lange und schwere Schwerter, die auf Hieb und Stich[136] zugerichtet waren; kurze Spieße, welche mit einem kleinen schmalen Eisen versehen waren. Deßgleichen Wurfpfeile, welche sie sehr weit werfen konnten. Ich finde aber nicht, daß sie Pfeile und Bögen sollten geführet haben; ihre Reiterey hatte nur Schilde und Spieße.


80. Giengen die alten Deutschen auch auf die Jagd?


Antw. Ja, sie giengen auch darauf; zwar nicht Ergötzlichkeit halber, sondern weil es die höchste Noth erforderte: zumalen fast das ganze Deutschland voll wilder Thiere war; wie dann Aristoteles schon vor Christi Geburt die wilden grausamen Thiere beschreibt, die in Deutschland, und absonderlich in der Obernpfalz zu finden waren. Daher schliefen sie meistens beym Tage; und zu Nachts giengen sie dem Wilde nach.


81. Was hatten die alten Deutschen für Wohnungen?


Antw. Vor Christi Geburt waren zwar Städte in Deutschland, absonderlich an dem Rhein hinunter, als Trier, Straßburg etc. aber sehr wenige: und wohnten die meisten derselben auf dem Lande, wo sie dann keine rechte Häuser hatten, sondern nur Hütten, mit Erde beschmieret; sie hatten auch unter der Erde Gruben oder Höhlen, welche obenher stark mit Mist bedecket waren, worinn sie sich im Winter aufhielten. Sie ließen die Hütten nicht aneinander bauen, sondern ein Jeder wohnte besonders und für sich, nachdem ihm ein Bach,[137] ein Feld, ein Berg, oder ein Holz anstund; wie dann noch heute viele Oerter mit ihren Namen auf Bach, Feld, Berg, Au, See, Wald etc. ausgehen.


82. Wie hielten sich die alten Deutschen im Essen und Trinken?


Antw. Sie pflegten nicht Viel zu essen; aber desto Mehr zu trinken. Ihr Essen bestund in wildem Obste, frischem Wildprett, Milch, Butter und Käs. Ihr Getränk war aus Gersten und anderm Getreide, auf die Art des jetzigen Biers, gemacht. Von Wein und Geld wußten sie Nichts, bis nachmal die Römer sie Beydes kennen gelehret. Bey dem Essen hatte ein Jeder seine besondere Schüssel und eignen Sitz, welcher aus einem Bündlein von Heu, Grase oder Reisige gemacht war.


83. Hielten die alten Deutschen auch Gastereyen?


Antw. Ja, sie schmauseten gar oft von Nachbar zu Nachbar, und wenn sie am ärgsten besoffen waren, umarmten sie einander, und eröffnete ein Jeder dem Andern eine Ader auf der Stirne, fiengen das Blut in einem Becher auf, mischten solches unter ihr Getränk, und soffen es aus: und dieses war ein Zeichen ihrer Aufrichtigkeit.


84. Was hatten die alten Deutschen für Wirthshäuser?


Antw. Sie hatten keine öffentliche Wirthshäuser, sondern ein Jeder bewirthete die ankommenden Fremden in seinem Hause so gut, als[138] er konnte. War aber in seinem Hause der Vorrath aufgezehret, so nahm dieselben ein Anderer in sein Haus, und so weiter. Ja, sie hielten es für die größte Unbilligkeit, wenn Einer einen fremden Menschen von seiner Thüre abwies.


85. In was bestund ihre Kleidung?


Antw. Sie bestund in einer Wildhaut von Bären, Wölfen, Schafen und andern Thieren. Diese trugen sie über die Achseln, und zogen selbe mit einer Spange zu; im Uebrigen giengen sie bloß und unbekleidet. Die Weiber waren eben so gekleidet, wie die Männer, außer, daß die Weiber bisweilen leinene Kleider trugen; doch blieben die Aerme sammt dem Busen bloß.


86. Wie ist das jetzige Deutschland beschaffen?


Antw. Ganz anders, als das alte: denn, nachdem vor 1000 Jahren die Benediktiner aus Schottland, Irrland und England nach Deutschland gekommen, darinn das Heydenthum ausgerottet, und das Christenthum eingeführet, haben die Deutschen ganz andere Sitten an sich genommen; doch ist von den alten Deutschen noch das überflüßige Trinken übrig geblieben, zumalen die jetzigen Deutschen so gut saufen können, als die alten.


87. Was ist an den jetzigen Deutschen zu tadeln?


Antw. Daß sie allzu Viel trinken; daher saget man: Wenn der Däne verliert sein Grütz, der Franzmann den Wein, der Schwab die[139] Suppe, und der Deutsche das Bier, so sind verloren alle Vier. Sie sind auch zu tadeln, daß sie ihre Kleidertracht so oft verändern. Daher malte einst ein Maler den Franzosen gar nett, den Spanier gravitätisch etc. den Deutschen aber nackend, und einen Korb voll allerhand Kleider vor ihm, anzudeuten, daß die Deutschen bey einer Kleidertracht nicht bleiben.


88. Was ist an den jetzigen Deutschen zu loben?


Antw. Daß sie die Wahrheit mehr lieben und runder heraus sagen, als andere Völker; und daß sie fleißig halten, was sie versprechen. Daher auch das Sprüchwort entstanden: Auf gut Deutsch; das ist: ohne Betrug, ohne Falschheit: Auf deutsche Treue und Wort! Ein Mann ein Mann; ein Wort ein Wort.

Zum Zweyten, daß die Deutschen gute Soldaten abgeben; wie dann Kaiser Karl der V. sagte: Eine Armee soll haben das Haupt aus Wälschland, denn die Wälschen sind listig, klug, und gute Offiziere; die Brust aus Deutschland, denn die Deutschen sind standhaft, und wenden nicht gerne den Rücken; das Uebrige möge her seyn, woher es wolle.

Zum Dritten, daß sie vortreffliche Künstler sind; zumalen in Deutschland mehr Künste erfunden worden, als in andern Ländern: z.B. die Buchdruckerey, das Pulver, Geschützgießen, Kupferstechen, und im Jahre 1751 das Perpetuum Mobile; wie unten zu lesen ist.[140]

Zum Vierten, daß sie vor allen andern Völkern die besten Juristen sind.


89. Wie viel sind hohe Häupter in Deutschland?


Antw. Es ist darinn ein Kaiser, welcher dermal der Erzherzog in Oestreich ist. Acht Kurfürsten, als nämlich der Maynzische, der Trierische, der Kölnische: und diese drey sind die drey geistlichen Churfürsten; ferner, der Böhmische, der Bayrische, der Sächsische, der Brandenburgische, der Hannoverische. Es sollen auch noch über das fast 300 herrschende Häupter darinnen seyn.


90. Wie mächtig sind die Kurfürsten in Deutschland?


Antw. Sie sind so mächtig, daß ein Jeder aus ihnen einem Könige gleicht; daher pflegte der Kaiser Maximilian I. zu sagen: Der König in Spanien ist ein König der Menschen, weil seine Unterthanen thun, was er ihnen befiehlt; der König in Frankreich ein König der Esel, weil seine Unterthanen ertragen, was er ihnen immer aufleget. Ich aber, sagte Maximilian bin ein König der Könige, weil ein jeder Kurfürst einem Könige gleicht.


91. Wie mächtig ist das ganze Deutschland?


Antw. Wenn man die Republik Holland dazu rechnet, so ist Deutschland das mächtigste Reich in ganz Europa; ja auf gewiße Maaß in der ganzen Welt: und zwar 1) wegen so vieler gewaltigen Städte und starken Festungen, dergleichen in keinem Reiche der Welt zu finden:[141] 2) wegen der überaus großen Menge Volks, und starken streitbaren und dauerhaften Mannschaft, sowohl zu Fuß als zu Pferd, welches Beydes man nicht halb in einem andern Reiche beysammen findet; 3) wegen überflüßigen Kriegsrequisiten, als Stück, Pulver, Bley, Eisen etc. welche viel andere Königreiche nicht also beysammen besitzen; sondern auswärts mit viel Geld suchen, und erkaufen müssen. Wäre nun dessen so große Macht, so zu reden, unter einem Hut, und nicht unter so viele Regenten zertheilet, so wäre Deutschland ohne Streit nicht nur in Europa, sondern auch in der ganzen Welt das mächtigste Königreich.

Quelle:
Schreger, Odilo: Odilo Schregers lustiger und nützlicher Zeitvertreiber [...]. Eilfte, vermehrte und verbesserte Auflage, Augsburg 1802, S. 127-142.
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