An Fr.

[441] Wenn aus deinen sanften Blicken

Wonne für mein Herze fließt,

Und dein holder Mund Entzücken

In mein Innerstes ergießt:

O so tadle nicht die Triebe,

Die dein Reiz in mir erregt;

Du verachtest sonst die Liebe,

Die sich schwer zu rächen pflegt.


Lange streitet in der Stille

Die Vernunft und Leidenschaft:

Seh' ich dich, so wird mein Wille

Und mein Vorsatz hingerafft.

O dies Zweifeln, dies Bemühen

Raubt mir alle meine Ruh'.

Soll ich hoffen, soll ich fliehen –

Wenn ich liebe, lieb' auch du!


Liebe mich, du wirst empfinden

Wie durch Zärtlichkeit und Treu',

Wenn zwei Seelen sich verbinden,

Himmlisch süß die Liebe sei.

O da wird uns manche Stunde

Unter Kuß und Druck entfliehn,

Wenn wir Beide Mund auf Munde

Neues Feu'r zur Liebe ziehn.[441]


Ha, ich les' in deinen Zügen,

Daß dein Herz gewonnen ist.

Unaussprechliches Vergnügen,

Da du nun die Meine bist!

Böt' ein König seine Krone

Mir statt deiner Liebe an;

Wählt' ich dich statt seinem Throne,

Der nicht so beglücken kann.

Quelle:
Christian Friedrich Daniel Schubart: Gedichte. Leipzig [o.J.], S. 441-442.
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