Lisels Brautlied

[444] Mädels, sagt es laut:

Lisel ist 'ne Braut.

Michel thut mich heuren,

Haus und Hof und Scheuren[444]

Sind für mich gebaut;

Ich bin eine Braut.


Michel, der ist mein!

O wie wird mir sein,

Wenn am Dienstag frühe

In die Kirch' ich ziehe?

Und wenn Alles schaut

Auf die Jungfer Braut.


Wenn die G'meinde singt,

Und die Orgel klingt;

Wenn mein Ja ich sage

Zu des Pfarrers Frage,

Und mir schaurt die Haut:

Ich bin eine Braut.


Mit dem Hochzeitkranz

Eil' ich dann zum Tanz.

Hackbrett, Geigen, Pfeifen

Muntern auf zum Schleifen,

Bis der Morgen graut –

Hoh! ich bin 'ne Braut.


Roth wird mein Gesicht,

Wenn er mit mir spricht.

Wenn er mir am Mieder

Krappelt hin und wieder,

Schlägt mein Herz so laut:

Ich bin halt 'ne Braut.


Wenn's doch Dienstag wär'!

'S Herzle wird so schwer.

Schwestern! ist's ein Wunder,

Wenn die Backen 'runter

Mir ein Zährlein thaut? –

Bin ich doch 'ne Braut!

Quelle:
Christian Friedrich Daniel Schubart: Gedichte. Leipzig [o.J.], S. 444-445.
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