11.

[23] Liebchen, o komm zum ländlichen Fest, das ich heute bereitet,

Wahrlich, im fröhlichen Kreis fehlte die Grazie sonst.

Sieh, zur Arkadischen Flur ward rings der verödete Harzwald,

Hoch am schroffen Gebirg winket der Tempel der Lust.

Flüsterndes Laub wölbt schattig den Dom, zum duftenden Altar

Schwellet der Rasen, es haucht säuselnde Hymnen der West.

Priesterin bist du selbst der rosigen Freude; für mich nur

Sey, o höre mein Flehn, Priesterin zarterer Gluth!

Könnt' ich mit dir allein, du Reizende, könnt ich dieß Fest doch

Feyern, ohne daß schlau lauscht' in der Ferne der Neid!

Ach, mit schneidendem Schwert trennt Glück und Liebe der Volkswahn,

Grämliche Sitte verbeut manche romantische Lust.

Aber nur Muth! Schon ist alles bereit; der tappende Plutus

Feßle, mit goldener Hand winkend, die Männer an's Spiel,

Und fest banne den weiblichen Kreis die Betrügerin Fama,

Neue Gerüchte genug sammelt' ich heute für sie.

Manches stille Gebüsch hegt rings des verschwiegenen Hains Nacht,

Manches heimliche Thal lockt zum verstohlenen Kuß;

Quellen rieseln umher, und weich ist der Rasen; der Westhauch

Plaudert das süße Gespräch tändelnder Liebe nicht aus.

Schmückt mit dichterer Dämmerung euch, ihr schattigen Haine!

Nur in der Dämmerung Schooß blühet die Rose des Glücks,[24]

Ueppiger duftet, ihr Blumen, empor! vom Fittig des Dufthauchs

Träuft ein weicherer Sinn in das geöffnete Herz.

Komm zum Fest, bald nahet der Trennung Stunde, zurück bringt

Nimmer die Ewigkeit dir, was die Minute geraubt.

Quelle:
Ernst Schulze: Sämmtliche poetische Schriften, Band 4, Leipzig 1819–1820, S. 23-25.
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