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[59] Schwärmen will ich und tändeln mit dir! O kränze mir, Liebchen,

Kränze den goldenen Kelch hurtig mit sprudelndem Wein!

Koste mit lüsterner Lippe zuvor, und, wenn der Berührung

Geist am Rande noch schwebt, reiche den Becher mir dar,

Daß ich zugleich mit dem Trank ausschlürfe des rosigen Mundes

Wallenden Hauch, und Wein wandle zum zartesten Kuß.

Züchtige, nippe nicht so! Still lauscht in der Tiefe des Bechers

Amor; weise doch nicht hart den Gewognen Zurück.

Scherz und schmeichelnde Worte verleiht und leises Verlangen,

Schwingen dem zögernden Geist, Rosen den Wangen der Gott;

Was dir noch Reizendes schlief in der Brust, das weckt er, und mächtig

Impft er dem duftenden Strauch schönere Blüthen noch ein.

Holderes Lächeln umgaukelt den Mund, in dem leuchtenden Blick strahlt

Hellerer Geist, und es tönt süßer das kosende Wort;

Zartere Scham wohnt still auf den seidenen Wimpern, und Sehnsucht

Lauscht dir im Aug', und es bebt hüpfend im Busen die Lust.

Schlürf' ihn hinab in die Brust: doch ach, nicht lange verweil' er,

Und im glühenden Kuß gieb mir den Holden zurück.

Quelle:
Ernst Schulze: Sämmtliche poetische Schriften, Band 4, Leipzig 1819–1820, S. 59-60.
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