Am 27sten Januar 1817

[199] Haltet mir Ruh' in der wogenden Brust, ihr verzogenen Kinder!

Sorgen der Liebe, beschließt endlich das neckende Spiel!

Undank nenn' ich fürwahr ein solch unziemliches Treiben,

Wenn von dem eigenen Heerd lärmend der Gast uns verjagt.

Wehe mir, daß ich euch früher verwöhnt! Einst fehlte der Muth mir,

Euch zu bestrafen, doch jetzt fehlen die Kräfte mir schon.

Denn nun seyd ihr zu groß und dem Zürnenden einzeln gewachsen,

Und, wie die Bienen im Schwarm, wehrt ihr euch alle vereint.

Ach, wie habt ihr mir längst den geordneten Garten zertreten,

Wenn ihr in kindischer Jagd über die Beete mir sprangt!

Unkraut wuchert darin; das ist euch Freud' und Erbauung,

Weil ihr den Nutzen verschmäht, weil euch das Zierliche hemmt.

Denn nicht reizen die Lilien euch, die schlanken, erhabnen,

Oder die Rosen, die lang keimen, um lange zu blühn.

Wie es die Laune gebeut, so soll es im Augenblick dastehn,

Wenn es auch morgen verwelkt, heute vergeßt ihr es schon.[200]

Wo ich den Lorbeer zog, daß er hochaufgrünend mir schatte,

Pflanzt ihr ein Veilchen, das rings jegliche Wiese verleiht.

Freut an dem Veilchen sich schon die Geliebteste, der ich es biete,

Ach, wie würde des Baums ewiges Grün sie erfreun!

Seyd doch ruhig einmal! Nicht leb' ich ja einzig für euch nur;

Kinder, ihr wißt noch nicht, was man vom Manne begehrt!

Wild seyn will ich mit euch, wenn die müßige Dämmerung anbricht,

Aber den ruhigen Tag laßt mir zum ernsteren Werk!

Quelle:
Ernst Schulze: Sämmtliche poetische Schriften, Band 3, Leipzig 1819–1820, S. 199-201.
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