Dritte Szene

[266] Ebene bei Shrewsbury.


Angriffe und fechtende Parteien. Feldgeschrei. Dann kommen Douglas und Blunt von verschiedenen Seiten.


BLUNT.

Wie ist dein Name, daß du in der Schlacht

Mich so mußt kreuzen? Welche Ehre suchst du

Auf meinem Haupt?

DOUGLAS.

Mein Nam' ist Douglas, wisse,

Und ich verfolge so dich in der Schlacht,

Weil man mir sagt, daß du ein König bist.

BLUNT.

Man sagt dir wahr.

DOUGLAS.

Dem Lord von Stafford kam die Ähnlichkeit

Schon hoch zu stehn; statt deiner, König Heinrich,

Hat ihn dies Schwert erlegt; das soll's auch dich,

Wenn du dich nicht gefangen mir ergibst.

BLUNT.

Das ist nicht meine Art, du stolzer Schotte!

Hier find'st du einen König, der den Tod

Lord Staffords rächt.


Sie fechten, und Blunt fällt. Percy kommt.


PERCY.

O Douglas, wenn du so zu Holmedon fochtest,

Nie triumphiert' ich über einen Schotten.[266]

DOUGLAS.

Gewonnen! Sieg! Hier liegt entseelt der König.

PERCY.

Wo?

DOUGLAS.

Hier!

PERCY.

Der, Douglas? Nein, ich kenne dies Gesicht:

Ein wackrer Ritter war's, sein Name Blunt,

In gleicher Rüstung wie der König selbst.

DOUGLAS.

Ein Narr mit deiner Seel', wohin sie geht!

Zu hoch erkauft ist dein erborgter Titel.

Weswegen sagtest du, du seist ein König?

PERCY.

Viel Ritter fechten in des Königs Röcken.

DOUGLAS.

Bei diesem Schwert, ich töt' all seine Röcke,

Ich mord' ihm die Gard'robe, Stück für Stück,

Bis ich den König treffe.

PERCY.

Auf, und hin!

Es steht aufs beste für des Tags Gewinn.


Beide ab. Neues Getümmel. Falstaff kommt.


FALSTAFF. Zu London kriegt' ich nicht leicht einen Hieb, aber hier fürchte ich mich davor. Hier kreiden sie die Zeche nicht anders an, als gleich auf den Kopf. – Sacht! wer bist du da? Sir Walter Blunt. – Ihr habt Euer Teil Ehre weg; das ist nun keine Eitelkeit. – Ich bin so heiß, wie geschmolznes Blei, und so schwer ebenfalls; Gott halte mir Blei aus dem Leibe! Ich brauche nicht mehr Last, als meine eignen Eingeweide. – Ich habe mein Lumpenpack hingeführt, wo sie eingepökelt sind: nur drei von meinen hundertundfunfzigen sind noch am Leben; und die sind gut für die Stadttore, ihr Lebenlang zu betteln. Aber wer kommt da?


Prinz Heinrich kommt.


PRINZ HEINRICH.

Was stehst du müßig hier? Leih' mir dein Schwert!

Schon mancher Edelmann liegt starr und steif

Unter den Hufen prahlerischer Feinde

In ungerochnem Tod. Dein Schwert, ich bitte!

FALSTAFF. O Heinz, ich bitte dich, laß mich ein Weilchen Atem schöpfen! Der Türke Gregor hat nie solche Kriegstaten vollbracht, als ich an diesem Tage. Dem Percy habe ich sein Teil gegeben, der ist in Sicherheit.[267]

PRINZ HEINRICH. Das ist er auch, und lebt, dich umzubringen. Ich bitte dich, leih' mir dein Schwert!

FALSTAFF. Nein, bei Gott, Heinz, wenn Percy noch am Leben ist, so kriegst du mein Schwert nicht; aber nimm mein Pistol, wenn du willst!

PRINZ HEINRICH. Gib es mir! Wie? Steckt es im Futteral?

FALSTAFF. Ja, Heinz, 's ist heiß! 's ist heiß! Das wird den aufrührischen Sektengeist zu Paaren treiben.


Der Prinz zieht eine Flasche Sekt heraus.


PRINZ HEINRICH. Was? Ist dies eine Zeit zu Späßen und Possen? Wirft ihm die Flasche zu und geht ab.

FALSTAFF. Gut, wenn Percy noch nicht erstochen ist, so will ich ihn anstechen. Er zieht den Kork von der Flasche und trinkt. – Kommt er mir in den Weg, je nun; tut er's nicht, und ich komme ihm freiwillig in den seinen, so soll er eine Karbonade aus mir machen. Ich mag nicht solche grinsende Ehre, als Sir Walter hat. Laßt mir das Leben! Kann ich's davon bringen, gut; wo nicht, so kommt die Ehre ungebeten, und damit aus. Ab.


Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 3, Berlin: Aufbau, 1975, S. 266-268.
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