[142] Ein Zimmer in Capulets Hause.
Capulet, Gräfin Capulet, Paris.
CAPULET.
Es ist so schlimm ergangen, Graf, daß wir
Nicht Zeit gehabt, die Tochter anzumahnen.
Denn seht, sie liebte herzlich ihren Vetter;
Das tat ich auch: nun, einmal stirbt man doch. –
Es ist schon spät, sie kommt nicht mehr herunter;
Ich sag' Euch, wär's nicht der Gesellschaft wegen,
Seit einer Stunde läg' ich schon im Bett.
PARIS.
So trübe Zeit gewährt nicht Zeit zum Frein;
Gräfin, schlaft wohl, empfehlt mich Eurer Tochter!
GRÄFIN.
Ich tu's, und forsche morgen früh sie aus:
Heut nacht verschloß sie sich mit ihrem Gram.
CAPULET.
Graf Paris, ich vermesse mich zu stehn
Für meines Kindes Lieb'; ich denke wohl,
Sie wird von mir in allen Stücken sich
Bedeuten lassen, ja ich zweifle nicht.
Frau, geh noch zu ihr, eh' du schlafen gehst,
Tu' meines Sohnes Paris Lieb' ihr kund
Und sag ihr, merk' es wohl: auf nächsten Mittwoch –
Still, was ist heute?
PARIS.
Montag, edler Herr.
CAPULET.
Montag? So so! Gut, Mittwoch ist zu früh.
Sei's Donnerstag! – Sag ihr: am Donnerstag
Wird sie vermählt mit diesem edlen Grafen.
Wollt Ihr bereit sein? Liebt Ihr diese Eil'?
Wir tun's im Stillen ab; nur ein paar Freunde.
Denn seht, weil Tybalt erst erschlagen ist,
So dächte man, er läg' uns nicht am Herzen
Als unser Blutsfreund, schwärmten wir zu viel.
Drum laßt uns ein halb Dutzend Freunde laden,
Und damit gut. Wie dünkt Euch Donnerstag?
PARIS.
Mein Graf, ich wollte, Donnerstag wär' morgen.
CAPULET.
Gut, geht nur heim! Sei's denn am Donnerstag!
Geh, Frau, zu Julien, eh' du schlafen gehst,[142]
Bereite sie auf diesen Hochzeittag!
Lebt wohl, mein Graf!
Paris ab.
He! Licht auf meine Kammer!
Nach meiner Weise ist's so spät, daß wir
Bald früh es nennen können. Gute Nacht!
Capulet und die Gräfin ab.
Ausgewählte Ausgaben von
Romeo und Julia
|
Buchempfehlung
Im Jahre 1758 kämpft die Nonne Marguerite Delamarre in einem aufsehenerregenden Prozeß um die Aufhebung ihres Gelübdes. Diderot und sein Freund Friedrich Melchior Grimm sind von dem Vorgang fasziniert und fingieren einen Brief der vermeintlich geflohenen Nonne an ihren gemeinsamen Freund, den Marquis de Croismare, in dem sie ihn um Hilfe bittet. Aus dem makaberen Scherz entsteht 1760 Diderots Roman "La religieuse", den er zu Lebzeiten allerdings nicht veröffentlicht. Erst nach einer 1792 anonym erschienenen Übersetzung ins Deutsche erscheint 1796 der Text im französischen Original, zwölf Jahre nach Diderots Tod. Die zeitgenössische Rezeption war erwartungsgemäß turbulent. Noch in Meyers Konversations-Lexikon von 1906 wird der "Naturalismus" des Romans als "empörend" empfunden. Die Aufführung der weitgehend werkgetreuen Verfilmung von 1966 wurde zunächst verboten.
106 Seiten, 6.80 Euro