13. Szene.

[50] Maler. Voriger.


MALER. Hoher Mäzen!

DOKTOR FAUST. Wer seid ihr, Freund?

MALER. Ein Schüler des Apells.

DOKTOR FAUST. Und ihr sucht?

MALER. Unterstützung.

DOKTOR FAUST. Wie? Eure Kunst sollte der bedürfen?

MALER. Verflogen ist der hohe Enthusiasmus fürs Schöne; das goldne Zeitalter der Griechen ist nicht mehr und kärglicher Taglohn jetzt das Los des Künstlers; nur Hunger gibt ihm die Palette.

DOKTOR FAUST. Was ist Euer Fach?

MALER. Geschichte!

DOKTOR FAUST. Recht; sie ist die schöne Braut der Kunst. Eure letzte Arbeit?

MALER sein Gemälde zeigend. Seht, Curtius, sich in den Abgrund stürzend, um das Vaterland zu retten.

DOKTOR FAUST. Wahr und schön! – Freund, ich bedaure euch. Wer hat hier Sinn für diesen großen Gedanken? Der Name Vaterland ist Kontreband. Geht, malt nackende Mädchen und Eure Börse wird sich füllen.

MALER. Der Künstler entweiht nicht seinen Pinsel. Ihn treibt ein Genius, oder er wirft die Palette weg.

DOKTOR FAUST. So malt Heilige, das ist kurrente Ware.

MALER. Ich liebe die Kunst und bin kein Tüncher.

DOKTOR FAUST. Brav, edler Mann! Hier hast du Gold. Sorgenfrei folge nun deinem Genius! – Geh und sei meiner Freundschaft gewiß! Maler ab.


Quelle:
Soden, Julius von: Doktor Faust. Neustadt a.d. Aisch 1931, S. 50.
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