4. Szene.

[79] Reisender und Vorige.


REISENDER. Guten Abend!

FAUSTS VATER. Auch soviel!

FAUSTS MUTTER. Nehmt Platz, guter Freund!

REISENDER. Ich danke.

FAUSTS VATER. Woher bei dem schlimmen Wetter, Landsmann?

REISENDER. Aus der Stadt.[79]

FAUSTS VATER. Und wo wollt ihr hin?

REISENDER. Zur Kanzlei.

FAUSTS VATER. Seid ihr gefordert?

REISENDER. Bewahre! Mannschaft soll ich aufbieten.

FAUSTS VATER. Wozu?

REISENDER. Ja, die Bürger sind aufgestanden und das Landvolk dazu.

FAUSTS VATER. Wieso? Weswegen?

REISENDER. Die Edelleute wollen sie abschaffen.

FAUSTS VATER. Die Edelleute? Warum?

REISENDER. Sie sprechen, jeder ehrliche Mann sei ein Edelmann.

FAUSTS VATER. Hm! Hm!

REISENDER. Auch wollen sie keinen Zehnten geben und die Priester fortschicken.

FAUSTS VATER. Daß Gott erbarm'! Das wird schöne Wirtschaft werden.

REISENDER. Sie sagen, jeder, der Vernunft hätte und ein reines Gewissen, sei auch Priester.

FAUSTS VATER. Was man nicht erlebt! Nun, und die Herren des Rats, was sagen die dazu?

REISENDER. Sie haben nach dem berühmten Doktor Faust geschickt.

FAUSTS MUTTER zu Fausts Vater. Hörst du wohl, Vater?

FAUSTS VATER. Nun, und der?

REISENDER. Ja, sie fanden ihn nicht.

FAUSTS VATER. Wieso?

REISENDER. Der Teufel hat ihn in Stücke zerrissen und in den Lüften fortgeführt.

LIESE die mit größter Spannung horchte, fällt am Spinnrocken in Ohnmacht.

FAUSTS MUTTER. Herr Jesus! Liese!

FAUSTS VATER. Dacht' ich's doch![80]


Quelle:
Soden, Julius von: Doktor Faust. Neustadt a.d. Aisch 1931, S. 79-81.
Lizenz:
Kategorien: