An die Freundschaft

[97] Meinem theuern Freunde, dem Herrn Geheimen Rathe Boden geweiht


Du Freundin des Himmels, aus Eden gesandt,

Du führest uns freundlich am rosigen Band,

Du linderst die Wehen, verscheuchest den Schmerz,

Und führest zu himmlischen Wonnen das Herz.


Schon wankt' ich auf dunkel umschatteter Bahn,

Zum finsteren Orkus so zitternd heran,

Da reichtest Du mir sie, so tröstend, die Hand,

Die Blicke gehoben zum heimischen Land!


Da wich der Verlassenheit tödtender Gram,

Der selbst, o Natur! dir die Reize benahm;

Mir nahten die Geister der himmlischen Ruh

Im friedlichen Säuseln der Abendluft zu!


Du flochtest mir Kränze der Freude so mild,

(Wie stralt hier, o Boden! so freundlich Dein Bild!)

Dass wieder ertönte der Harfe Gesang,

Und Selbstgefühl stolz mir die Seele durchdrang!
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Dass freundliche Bilder die Hoffnung mir wob,

Mich über die Kränkung der Thoren erhob,

Dass selbst sie, enthüllet vom täuschenden Glanz,

Verschönten der Wahrheit hellleuchtenden Kranz.


Und dass mich nun wieder die holde Natur

Umarmet so traulich in blühender Flur;

Mir duften die Blumen, mir rieselt der Bach,

Mich singt aus dem Schlummer die Nachtigall wach;


Mich kühlet mit Perlen so schimmernd bekränzt

Der freundliche Abend, wenn Sirius glänzt,

Da flimmert im Strale des Mondes so hell,

Das Silbergestäube am schäumenden Quell!


Dies dank' ich dir, heilige Freundschaft, nur dir,

O darum sey ewig gesegnet von mir,

Du gabst mich dem Leben, du führtest die Ruh

Von himmlischen Höhen sanft tröstend mir zu!


Und wenn nun, o Freundschaft! mein seliger Geist

Entbunden der Hülle, die Fesseln zerreisst,

Dann schwebst du entgegen im Palmenhain mir,

Wir lieben uns höher und reiner, als hier! –

Quelle:
Elise Sommer: Gedichte, Frankfurt a.M. 1813, S. 97-99.
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