Das wahre Leben

[223] Sonett


Leicht, wie dem Tanze die Horen entschweben,

Malet die flüchtige Freude das Leben,

Ueber sanft – duftende Rosen dahin

Führt uns so kosend ihr schmeichelnder Sinn.


Ruhmvoller ist es, durch Ringen und Streben

Freuden des Herzens in's Daseyn zu weben,

Sieg folgt dem Kämpfer, und Kränze erblühn,

Wo uns Urania göttlich erschien.


Tugend und Güte – sie wohnet im Herzen,

Scheuchet der Reue zerstörende Schmerzen,

Lebt nur in seinem beglückenden Raum!


Ihm nur entblühet das Gute, das Schöne,

Hallen vernehmlich orpheische Töne,

Tugend und Wahrheit ist ewig kein Traum!

Quelle:
Elise Sommer: Gedichte, Frankfurt a.M. 1813, S. 223-224.
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