An Eleonore Brandenburg

[138] Wenn im Lenz das Veilchen blüht,

Nachtigallen tönen,

Die Natur im Purpur glüht,

Von Aurorens Thränen;


Wenn der junge Mai erwacht,

Lockt zu Lust und Freude,

Wie dann hold die Lilie lacht

In der Unschuld Kleide:


Freundin! so lacht Dein Gesicht,

Ros' und Lilie prangen

So in Sultans Gärten nicht,

Wie auf Deinen Wangen.


Deines Herzens Güte muß

Einst die Liebe krönen;

Denn Du bist des Besten Kuß

Werth von Teutschlands Söhnen;
[139]

Den, bei Wissenschaften, schmückt

Eine edle Seele,

Wenn ihn so Dein Aug' erblickt,

Freundin! o, dann wähle!

Quelle:
Elise Sommer: Poetische Versuche, Marburg 1806, S. 138-140.
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