Hymne an Gott

Zu dir! zu dir soll sich mein Geist erheben,

Vor dessen Glanz der Seraf sich verhüllt,

Vor dem Gebirg' und Felsen furchtsam beben,

Der Aetna's Feuerschlund mit Flammen füllt!


Dein Wink gebeut; es fahren Blitze nieder,

Im Feuer schwimmt der ganze Ozean,

Es rollen tausend laute Donner nieder,

Und Meereswellen schlagen himmelan.


Du wallst auf weißbedeckten Alpenhöhen,

An deren Fuß der Rheinstrom laut sich wälzt;

Im Frühlings-Säuseln, in der Linde Wehen,

Im Sonnenstral, der Eisgebirge schmelzt!
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Du wohnst im Thal, auf hoher Eichen Wipfel,

Am Silberbach, der sich durch Blumen gießt,

Dich find' ich auf des Cimborasso Gipfel,

Der stolz und kühn die nahen Wolken grüßt.


Der Erde großes göttliches Gebäude

Entrollte deinen Händen, wie ein Ball;

Du gabst ihr Sonn' und Sterne zum Geschmeide,

Den ungeheuren Ozean zum Wall.


Der Kolibri mit goldgestickten Flügeln,

Preißt, Ew'ger! dich, dich preißt des Löwen Muth,

Vom Sternenplan bis zu der Erde Hügeln

Tönt alles freudig: groß ist Gott und gut!


Ich jauchze mit in diese Harmonieen,

Vom Staube steigt mein Geist zu Gott empor.

Ich höre Harfentöne, Melodieen

Der Seligen im höhern Geisterchor!

Quelle:
Elise Sommer: Poetische Versuche, Marburg 1806, S. 1-2.
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