Bahnhöfe

[149] Wenn in den Gewölben abendlich

die blauen Kugelschalen

Aufdämmern, glänzt ihr Licht in die Nacht hinüber

gleich dem Feuer von Signalen.

Wie Lichtoasen ruhen in der stählernen Hut

die geschwungenen Hallen

Und warten. Und dann sind sie

mit einem Mal von Abenteuer überfallen,

Und alle erzne Kraft

ist in ihren riesigen Leib verstaut,

Und der wilde Atem der Maschine, die wie ein Tier

auf der Flucht stille steht und um sich schaut,

Und es ist,

als ob sich das Schicksal vieler hundert Menschen

in ihr erzitterndes Bett ergossen hätte,

Und die Luft ist kriegerisch erfüllt

von den Balladen südlicher Meere

und grüner Küsten und der großen Städte.

Und dann zieht das Wunder weiter.

Und schon ist wieder Stille und Licht

wie ein Sternhimmel aufgegangen,

Aber noch lange halten die aufgeschreckten Wände,

wie Muscheln Meergetön, die verklingende Musik

eines wilden Abenteuers gefangen.

Quelle:
Ernst Stadler: Dichtungen, Band 1, Hamburg o.J. [1954], S. 149-150.
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