Winteranfang

[138] Die Platanen sind schon entlaubt. Nebel fließen.

Wenn die Sonne einmal durch den Panzer

grauer Wolken sticht,

Spiegeln ihr die tausend Pfützen

ein gebleichtes runzliges Gesicht.

Alle Geräusche sind schärfer. Den ganzen Tag über

hört man in den Fabriken die Maschinen gehn –

So tönt durch die Ebenen der langen Stunden

mein Herz und mag nicht stille stehn

Und treibt die Gedanken

wie surrende Räder hin und her,

Und ist wie eine Mühle mit windgedrehten Flügeln,

aber ihre Kammern sind leer:

Sie redet irre Worte in den Abend

und schlägt das Kreuz. Schon schlafen die Winde ein.

Bald wird es schnei'n,

Dann fällt wie Sternenregen weißer Friede

aus den Wolken und wickelt alles ein.

Quelle:
Ernst Stadler: Dichtungen, Band 1, Hamburg o.J. [1954], S. 138-139.
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