Erster Auftritt.

[308] Albert, Constanzia und Clärchen.


ALLE.

Ohne weitre Furcht und Sorgen

Hoffen wir / Sie nun, daß wir / Sie morgen

Fröhlich legen Hand in Hand.

ALBERT.

Hätt' ich doch nur Reich und Kronen,

Deine Liebe zu belohnen!

CONSTANZE.

Würde mir wohl Reich und Kronen

Deine Gegenliebe lohnen?

ALBERT UND CONSTANZE.

Lieb' um Liebe knüpft das Band.[308]

CLÄRCHEN.

Wenn Verliebte sich bestreben

Sich zu loben, zu erheben,

Kennen Sie nicht Maaß noch Ziel.

ALLE.

Lassen wir / Sie die Zeit entscheiden.

Göttlich sind der Liebe Freuden

Schwankend sind der Liebe Freuden

Niemals liebt man sich zu viel.

CLÄRCHEN. Alle Versicherungen von Treue und außerordentlicher Liebe, sind itzt überflüßig. Die Zeit wird's zeigen. Trachten wir lieber, daß wir unser Projekt zu Ende bringen. Der Alte Herr könnte uns noch einmal über den Hals kommen –

CONSTANZE. Dann wär's vorbey.

CLÄRCHEN. Das denk' ich auch. Und er hat eine ziemliche Portion Verdacht mit fortgenommen – es könnte also leicht seyn, daß er seinen geliebten Bruder hinscheiden ließe, der ihm ohnehin mit der Erbschaft nicht entlaufen kann, und sich lieber Ihrer Hand versicherte.

CONSTANZE. Das fürcht' ich nicht Clärchen. Sein Geiz ist stärker als seine Liebe. Und mein Vater hat ihm die Besorgniß in Kopf gesetzt, sein Bruder könnte leicht sein Vermögen andern vermachen, wenn er ihm nicht in den letzten Augenblicken an der Seite säße.

CLÄRCHEN. Besser ist aber besser. Ein verliebter Alter ist furchtsam, mithin geht er behutsam zu Werke. Und die Liebe überwindet alles, also auch den Geiz.[309]

ALBERT. Clärchen hat vollkommen Recht. Aber wie wollen wir unsern Plan ausführen?

CLÄRCHEN. Wir müssen so bald als möglich fort. So lange aber Nikolo im Hause ist, geht's nicht. Den will ich also mit einem Auftrag an meine Schwester schicken – – –

CONSTANZE. Ums Himmelswillen, ich höre ihn kommen.

CLÄRCHEN zu Albert. Ums Himmelswillen singen Sie.

ALBERT verlegen. Was denn nur gleich?

CLÄRCHEN. Was es ist. Vom Tod, vom Himmel, von Sternen, oder – – – fangen Sie an.

ALBERT macht eine Cadenz, während welcher er sich zu besinnen scheint, was er singen will, alsdenn singt er.

Mächtiger ist nichts als Liebe,

Liebe trotzet aller Macht;

Keine Aussicht ist so trübe,

Die die Liebe nicht verlacht.

Glück ist der Liebe nächster Freund

Drum schlägt die Liebe jeden Feind.

Nikolo kömmt gleich zu Anfang der Arie herein, bleibt jedoch aufmerksam seitwärts stehn.


Quelle:
Karl Ditters von Dittersdorf: Die Liebe im Narrenhause. Liegnitz 1792, S. 255–350, S. 308-310.
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