Dreyzehnter Auftritt.

[334] Clärchen, Orpheus, Constanze, Albert.


CONSTANZE. Es ist nicht möglich, liebstes Clärchen, den Menschen von der Seite zu bringen. Auf Orpheus deutend.

ORPHEUS stampft mit dem Fuße. Ey so wollt' ich![334]

ORPHEUS. Werden Sie nicht böse, liebstes Clärchen. Die Liebe macht viele zu Narren, mich macht sie vernünftig. Erlauben Sie also, daß ich mein Glück verfolge – – – Albert hat mir Ihr ganzes Vorhaben entdeckt – lassen Sie mich Theil dran nehmen – ich kann Ihnen sogar nützlich dabey seyn. – Ich besitze Vermögen und will sie unterstutzen. – – Vielleicht gelingt es mir auch Ihre Liebe zu gewinnen, dann wär' ich vollkommen glücklich. Ich will keine Violine mehr anrühren, Sie sollen der einzige Gegenstand seyn, dem ich meine ganze Aufmerksamkeit widmen will.

CONSTANZE. Liebstes Clärchen! mir zu Gefallen!

CLÄRCHEN. Soll ich mich verlieben? soll ich mich verheirathen? da ich keinen Trieb dazu in mir spüre? Das hieße die Gefälligkeit wahrhaftig zu weit treiben.

ALBERT.

Daß der Mann ein Weib sich nimmt –

CONSTANZE.

Daß das Weib ein Männchen nimmt –

ALBERT, CONSTANZE UND ORPHEUS.

Dazu sind wir ja bestimmt!

CLÄRCHEN.

Aber, wenn nun nichts von Liebe Sich in meinem Herzen regt?

ALBERT, CONSTANZE UND ORPHEUS.

Schnell entstehn oft in uns Triebe,

Wo das Herz vor Liebe schlägt.

[335] CLÄRCHEN.

Freylich kann es keiner wagen,

ALBERT, CONSTANZE UND ORPHEUS.

Niemand kann so leicht es wagen,

CLÄRCHEN, ALBERT, CONSTANZE UND ORPHEUS.

Stolz der Liebe zu entsagen,

Weil er, eh' er sich's versieht,

Ihren Siegeswagen zieht.

ORPHEUS.

Könnten Sie wohl je im Leben

Edler Herz und Hand vergeben,

Als an mich? dem schon Ihr Blick

Gab Vernunft und Ruh zurück?

Erst allein, dann zusammen.


ALBERT, CONSTANZE UND ORPHEUS.

Dankbar wird er all sein / werd ich all mein Leben

Ihrer holden Liebe seyn.

CLÄRCHEN.

Soll ich nun mein Herz vergeben?

Und ich will ja gar nicht frey'n.

CONSTANZE bittend.

Aber Beste! mir zu Liebe!

ALBERT ebenfalls bittend und die Achsel zuckend.

Alles! alles unterbliebe.

CLÄRCHEN nach einer Pause, in der sie Orpheus schalkhaft angesehen.

Nun, wohlan! Er kann's probiren,

Glückt es Ihm mein Herz zu rühren,

Gut, so geb' ich Ihm mein Wort,

Doch, itzt ist es Zeit, fort, fort.[336]

ALBERT, CONSTANZE, CLÄRCHEN UND ORPHEUS.

Ja, itzt müssen wir uns eilen,

Keinen Augenblick mehr weilen;

Sonst kommt wieder was, drum fort.


Clärchen hängt sich an Orpheus, Constanze an Albert und sind im Begriff abzugehen.


Quelle:
Karl Ditters von Dittersdorf: Die Liebe im Narrenhause. Liegnitz 1792, S. 255–350, S. 334-337.
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