Sechster Auftritt.

[317] Trübe und Clärchen.

Nach und nach erscheinen an den Fenstern Erster Poet, Zweyter Poet, Lukrezia, Virginia, Albert und Orpheus


CLÄRCHEN indem sie die Schlüssel durchsucht. Haben Sie denn gar so ein großes Vergnügen Narren zu sehen?

TRÜBE. Ein außerordentliches! das ist eben ein Hauptbewegungsgrund, warum ich meine Tochter Herrn Bast verheirathe, damit ich täglich Gelegenheit habe, die Narren zu sehen.

CLÄRCHEN. Ein sonderbares Vergnügen! Aber ich dächte, das könnten Sie haben, ohne hieher zu kommen. Sie schließt ein Fenster auf, es erscheint am Fenster der erste Poet.

ERSTER POET. Ha holde Nymphe! bringst Du mir meinen verlornen Kranz?

TRÜBE. Ha! ha! ha! Wo hat Er denn seinen Kranz gelassen?

ERSTER POET. O Apollo! verzeih, daß ich Dich nicht gleich erkannte. Du kommst mein Unheil zu strafen? Wisse, ein wilder hungriger Eber, der ihn für Eichenlaub ansah, hat mir ihn vom Kopfe gefressen. Indeß hat Clärchen ein ander Fenster geöfnet und es erscheint der zweyte Poet.

ZWEYTER POET aus vollem Halse schreyend, so daß Clärchen zurückspringt. Puh! Nach einer[317] kleinen Pause etwas leise zu Clärchen. Dirne von Tusko, führe mir jenen Ziegenbock her Auf Trübe zeigend. er hat sich geschmückt mit meinem Barte, und man will mich nun nicht dulden in den Hallen der Barden.

TRÜBE. Ha! ha! ha! Was bin ich? ein Ziegenbock?

ZWEYTER POET. Ja, läugne es nicht, Du Zunftmeister der Schneider. Wenn Du nicht stehlen kannst Flecke, so erholst Du Dich am Kameelhaar. Aber wisse, mein Bart war weder von Wolle noch Bockshaaren, sondern zusammengesetzt von Weisheitskeimen; und in die Länge gezogen von tausend Jahren.

ERSTER POET. Apollo! Winkt Trüben. Bst! Bst! Geheimnißvoll. Das ist einer der Barden, die durch Plumpheit und Rauhheit den angenehmen Ton Deiner Leyer untönend machen wollen. Er hat vor Wuth meinen Kranz gefressen, um mich schweigen zu machen.

TRÜBE. Ha! ha! ha! Clärchen hat indessen ein ander Fenster geöfnet und es erscheint Virginia.

VIRGINIA sobald sie den Kopf heraussteckt. Guckguck! ha! ha! ha! ha! ha! Zu Trübe. Siehst Du Vater! ich lache nur Deines Gefängnisses, und liebe immer noch meinen Appius, er wird mich gewiß desrey'n, sobald er nur weiß wo ich bin.

ZWEYTER POET. Ja Mädchen, harre dessen. Sobald mir der Bart wieder wachsen wird.

TRÜBE. Ha! ha! ha!

[318] Clärch. hat indessen ein ander Fenster geöfnet, an welchem Lukrezia erscheint, dann geht sie schnell zu dem Fenster, wo Nikolo den Albert eingesperrt hat, sie spricht heimlich mit ihm.


LUKREZIA. Uf! einen Dolch Sklavinn! ich will meine Schande tilgen, Collatin wird meinen Tod schon rächen.

ERSTER POET. Bst! Bst! Apollo Zu Trübe. Das ist eine Mezgers Tochter, sie versteht sich vortreflich auf's Schweinschlachten, drum hat sie der Barde einsperren lassen, weil er vor ihr seines Lebens nicht sicher ist.

ZWEYTER POET. Du lügst, neidischer Zwerg. Es ist Tusnelda belastet mit Römersesseln.

TRÜBE. Ha! ha! ha! Potz Narren!

CLÄRCHEN heimlich zu Albert, den sie heraus läßt. Ich werd' ihn schon wegbringen. Singen Sie nur, ich komme bald wieder. Will fort.

ORPHEUS der in dem nämlichen Behältniß ist. Lassen Sie mich auch heraus, liebstes Clärchen, sonst verrath' ich alles.

CLÄRCHEN. Ums Himmels willen! Clärchen, Orpheus und Albert reden heimlich, man sieht aus ihrer Pantomime, daß Orpheus versichert ruhig zu seyn.

VIRGINIA. Wie viel Lösegeld verlangst Du Vater? Appius wird es Dir bezahlen.

ZWEYTER POET. Glaub ihr nichts. Es ist die Zauberinn Thoka, die Balders Tod mit trocknen Augen beweint.[319]

ERSTER POET. Bst! Bst! Apollo! Glaubs nicht. Es ist Philomela von ihrem Schwager dem Wiedehopf Tereus eingesperrt.

Clärch. läßt Orpheus heraus und läuft schnell ab.


Quelle:
Karl Ditters von Dittersdorf: Die Liebe im Narrenhause. Liegnitz 1792, S. 255–350, S. 317-320.
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