Zehnter Auftritt.

[61] Rosalie allein.


ROSALIE. Gottlob, daß sie geht! – Mein Schatz kann unmöglich lange ausbleiben – er sollte eigentlich schon da sein. Weiß der Himmel, wo der Schäker heut' bleibt? Wär' er etwa zur Abwechslung anderswohin gegangen? Ach, das kann nicht sein. Er kommt gewiß. Mir wär's also gar nicht lieb gewesen, wenn sie hier uns auf dem Halse geblieben wäre. Ich habe sie ja recht von Herzen lieb, aber mit meinem Geliebten will ich allein sein.

Nr. 10. Arie.


ROSALIE.

Verliebte brauchen keine Zeugen,

Sie sind sich selbst genug allein!

Auch wenn sie, satt vom Reden, schweigen,

Und wenn sie schweigen,

Ist doch ihr Wunsch, allein zu sein,

Ihr Wunsch, allein zu sein.


Mit einigen Schritten nach links.


Die Liebe scheut des Tages Rauschen,

Sie sucht die Einsamkeit der Nacht,

Und wo nur Mond und Sterne lauschen,

Da blüht sie auf in voller Pracht,

Ah, in ihrer vollen Pracht.

Leonore Stößel kommt durch die Mitte.
[61]


Quelle:
Karl Ditters von Dittersdorf: Doktor und Apotheker. Dichtung von Stephanie dem Jüngeren, Leipzig [o. J.], S. 61-62.
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