10. Frauenlob

[44] Im Juli 1773.


Traun, der Mann ist neideswert,

Welchem Gott ein Weib beschert,

Schön und klug und tugendreich,

Sonder Falsch, den Tauben gleich!


Seiner Wonne Maß ist groß,

Seine Ruhe wechsellos;

Denn kein Kummer nagt den Mann,

Den solch Weiblein trösten kann.


Gleich des Mondes Silberblick,

Lächelt sie den Gram zurück,

Küßt des Mannes Thränen auf,

Deckt mit Blumen seinen Lauf!
[44]

Wenn ihn jäher Mut empört,

Er nicht mehr des Freundes hört,

Wenn von Zorn die Brust ihm glüht,

Und sein Auge Feuer sprüht;


O! dann schleicht sie weinend nach,

Sänftigt ihn mit einem Ach!

Also kühlt der Abendtau

Die versengte Blumenau.


Keine Mühe wird ihm schwer,

Keine Stunde freudenleer;

Denn nach jeder Arbeit Last

Harret sein die süße Rast.


Engel fördern ihre Ruh,

Drücken beider Augen zu;

Ihrer keuschen Ehe Band

Knüpfte Gottes Vaterhand!


Gott giebt ihren Söhnen Mut,

Für die Tugend reges Blut,

Stärket ihren jungen Arm

Macht ihr Herz für Freiheit warm.


Mit verschämten Reizen blühn

Ihres Bettes Töchter, glühn

Mit der Mutter Unschuld, rein

Wie ein Quell im Sonnenschein.


Drob erfreut der Vater sich,

Drob die Mutter inniglich.

Ihr vereintes Dankgebet

Preist den Geber früh und spät!
[45]

Gold hat keinen noch beglückt;

Falscher Ehre Lorbeer drückt;

Wer nach Würden hascht greift Sand;

Wissenschaft ist oft ein Tand.


Aber Weiber giebt uns Gott!

Ohne sie ist Leben Tod!

Weiber leichten jedes Joch,

Lieben uns im Himmel noch!


Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 50,2, Stuttgart [o.J.], S. 44-46.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Aristophanes

Die Vögel. (Orinthes)

Die Vögel. (Orinthes)

Zwei weise Athener sind die Streitsucht in ihrer Stadt leid und wollen sich von einem Wiedehopf den Weg in die Emigration zu einem friedlichen Ort weisen lassen, doch keiner der Vorschläge findet ihr Gefallen. So entsteht die Idee eines Vogelstaates zwischen der Menschenwelt und dem Reich der Götter. Uraufgeführt während der Dionysien des Jahres 414 v. Chr. gelten »Die Vögel« aufgrund ihrer Geschlossenheit und der konsequenten Konzentration auf das Motiv der Suche nach einer besseren als dieser Welt als das kompositorisch herausragende Werk des attischen Komikers. »Eulen nach Athen tragen« und »Wolkenkuckucksheim« sind heute noch geläufige Redewendungen aus Aristophanes' Vögeln.

78 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon