c.

[425] Einem Bauern im Kirchspiel Schwei starben vor einigen Jahren alle seine Kinder ab, und alle hatten dieselbe sonderbare Krankheit; sie mußten so lange tanzen, bis sie tot waren. Sechs waren so gestorben, nur zwei waren noch am Leben. Um diese waren die Eltern sehr besorgt. Sie waren der Meinung, die Kinder seien behext, denn sie hatten nahe bei sich Leute, die sie nicht für gut hielten. Nun hatten sie gehört, in Nethen wohne eine Frau, welche von Hexerei wisse und Mittel kenne. Darum baten sie ihre Nachbarin, sie möge doch nach Nethen hingehen und die kluge Frau um Rat fragen. Als die Nachbarin hinkam, sagte die kluge Frau sogleich: »Du kommst um die und die Sache, und ich will dir auch etwas mitgeben; aber du mußt rasch nach Hause gehen, denn wenn du nicht nach Hause gekommen bist, bevor die Sonne untergegangen ist, mußt du sterben.« Die Nachbarin ging mit dem Mittel fort und kam noch rechtzeitig im Dorfe an. Aber als sie nahe bei Hause war, begegnete ihr ein Mädchen, mit dem hielt sie ein Gespräch, und dachte nicht daran, daß die Sonne untergehen könne. Aber als sie zu Hause ankam, war die Sonne schon unter, und nun dachte sie gleich daran, was die Frau in Nethen ihr gesagt hatte, aber nun konnte sie es nicht mehr ändern. Als sie denselben Abend zu Tische saß, um zu essen, fiel ihr der Löffel aus der Hand und wurden ihr alle Glieder steif, und mußte die arme Frau nach vier Wochen sterben und hat kein Glied mehr rühren können. Dem Bauern aber sind die zwei Kinder bis jetzt am Leben geblieben.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 1, Oldenburg 21909, S. CDXXV425.
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