a.

[41] Nach dem Volksaberglauben wird jede Schuld von Gott schon auf Erden gerächt. Der eine verarmt, der andere wird unheilbar krank, der dritte erliegt einem jähen Tode. Unrecht Gut gedeihet nicht, und wenn der Erwerber dasselbe zusammenhält, so zerfließt es bei seinen Kindern oder Kindeskindern. »Unrecht Good deihet nich, kummt nicht up den drüdden Arwen.« »Man kann wol unrecht Good arwen, aber nich verarwen.« »Een unrechten Groten nimmt twintig Daler mit.« »Das wundert mich nicht,« sagte eine Frau in Oldenburg, »daß der N.N. wieder zum Konkurs gekommen, er hat einmal einen falschen Eid geschworen.« Einen Meineidigen kann man daran erkennen, daß er in einer taubenetzten Wiese keine Spuren hinterläßt (Bösel). In Cloppenburg sagt man, der Meineidige werde blind und verliere die Sprache. Die Kinder eines wohlhabenden Kaufmanns kamen alle an den Bettelstab. »Dar is kin Sägen up wäsen,« urteilten die Leute, »de Vader was en Wucherer. He hett de armen Lüde bedrücket.« Schlösser und Ritterburgen, ganze Dörfer werden in Sage und Überlieferung wegen des gottlosen Treibens ihrer Bewohner dem Untergange geweiht. – Diese Auffassung, daß jeder bösen Handlung eine entsprechende Strafe (nicht bloß die richterliche) auf Erden mit Sicherheit nachfolgt, führt dahin, daß der Aberglaube förmlich darauf ausgeht, diese Strafen beim Menschen zu entdecken oder Strafen zu sehen, wo keine sind. So kommt er zur Aufstellung einer Reihe von Sätzen[41] oder Verhaltungsregeln zur Abwendung unheilbringender Handlungen oder Strafen. Z.B.: Wer die Mutter schlägt, dem wächst die Hand aus dem Grabe. Wer in die Spur eines Ehebrechers tritt, bricht das Bein u. dgl. mehr.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 1, Oldenburg 21909, S. XLI41-XLII42.
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