299.

[54] Die Neujahrsnacht ist geeignet, das Schicksal zu befragen (115, 117, 122, 123 u. a, 126); der Morgen des Neujahrstages ist wichtig für Vorbedeutungen (16, 17) und verschiedenen erlaubten Zauber (76, 148). – Auch die Nacht der heil. drei Könige ist gut zur Erforschung der Zukunft (122), der Morgen zur Anwendung schützenden Zaubers (230). Am Dreikönigstage, sagt man, kommt die Sonne schon einen Hahnentritt höher am Himmel herauf. Richtiger ist Hahnenschrei, obwohl man überall Hahnenschritt oder Hahnentritt sagt. Wie nämlich zwischen dem ersten und zweiten Hahnenschrei nur eine kleine Spanne Zeit liegt, so ist es auch um Dreikönigen mit der Zunahme der Tageslänge noch nicht weit her. Aber der Anfang einer bessern Zeit ist doch da, und darum das Wenige mit Freuden zu begrüßen. In Süddeutschland sagt man: An Weihnachten wächst der Tag, so weit die Mücke gähnen mag, doch auf Neujahr wächst schon der Tag, so weit der Haushahn krähen mag; erst um Dreikönig wächst der Tag, so weit das Hirschlein springen mag. Am heiligen Dreikönigstage spürte man, daß wieder Bewegung in der Sonne war, darum begrüßte man diesen Tag mit sich drehenden Sternen und Haspeln, dem Bilde der aufs neue rollenden Sonne, die in den Zwölften stillgestanden hatte. Das Christentum schob dann der Sonne den Stern unter, der die Könige aus dem Morgenlande nach Bethlehem wies.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 2, Oldenburg 21909, S. 54.
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