303.

[59] Fastnacht in Lindern und Umgegend. Vierzehn Tage vor Fastnacht wählten die jungen Leute aus ihrer Mitte 3 oder 4 »Uplegger,« die erstens an den Fastnachtstagen für Ordnung zu sorgen hatten und zweitens für die Beschaffung von Getränken. Die Feier begann am Fastnachtssonntag mit Musik und Tanz. Zu der Zeit bildeten überall Baß, Geige und Klarinette die üblichen Musikinstrumente. Blech trat nur sporadisch auf. Getanzt wurden die alten charakteristischen Figurentänze, wie solche neuerdings auf den Trachtenfesten (Badbergen) vorgeführt wurden. Am Montag und Dienstag ging die Gesellschaft mit Musik von Haus zu Haus und überall, wo man einkehrte, gabs einen Tanz. Dafür wurden von den Hauseigentümern Eier, Mettwürste und Geld verehrt. Auf dem Wege von einer Wohnung zur andern sang man die folgenden zwei Verse:


Fasteloawend klinkt in't Land,

Klinkt öwer alle Büske.

Hier 'n Staul und doar 'n Staul,

Up jeden Staul 'n Küssen.

O hallala di dallala

O hallala di dallala.


De Rump de kump, de Rump de kump

Mit sine Trine Mareien.

Se günk woll an de Döhren stoahn

Un wull sick geern befreien.

O hallala di dallala

O hallala di dallala.


Die Wahl des Königs ging vor sich wie anderswo. Man band einen Hahn an einen Zweig des sogenannten Hahnenbaumes[59] und wer dem Hahn von den jungen Leuten, die unter dem Zweige hermarschierten, den Kopf abriß, war König. Dieser bestimmte darauf seine Diener, insbesondere einen »Britzenmeister.« Der Britzenmeister mußte strafen. Führte sich einer nicht ordnungsgemäß, so mußte sich der Uebeltäter auf den Bauch legen, und der Britzenmeister schlug ihm mit einem Brett auf das Gesäß, dabei sprechend: »Ick gäf di de Britzen un de Brillen, van den ersten Schlag sall di de Aers nich schwellen. Van hier na Neienborg sünt 6 gaude Milen, 'n gauden Gank. Stoah up un dank dem Herrn Britzenmeister un sinen Gesellen.« Damit war die Strafe vollzogen.

Ging der Trubel zu Ende, dann fand das Begräbnis des Fastnachtgottes Bacchus statt. Dieser war bei den Umgängen immer mitgenommen worden, ein aufgestopfter Busemann. Man brachte ihn in irgend eine Scheune, wo er bis zum nächsten Jahre aufbewahrt wurde.

Am Allemannsfasteloawend (1. Fastensonntag) versammelte sich nochmals die junge Welt im Fastnachtshause. Es erfolgte Rechnungsablage. Der Rest der Getränke wurde verzehrt und dabei nach der Violine getanzt.

Fastnacht auf dem Ammerlande. Am Dienstage nach Quinquagesima ging die junge Welt auf die Mettwurstsuche. (Der Dienstag wurde auch nur als eigentliche Fastnacht angesehen, am Montag und Sonntag vorher war Ruhe). Zwei Burschen trugen eine Stange, daran die Mettwürste aufgehängt wurden, einer folgte mit Korb für die Eier, das Gefolge bildete die junge männliche Welt des Dorfes. Unterwegs sang man eins der unter 307 aufgeführten Lieder. Nach Beendigung des Umzugs wurden die gesammelten Vorräte in einer Wirtschaft bei Tanz und Spiel verzehrt.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 2, Oldenburg 21909, S. 59-60.
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