306.

[63] Der Abend des Dienstag war der Bekenseiwend. Wer noch beinhaft war, machte sich ein langes Strohbündel von 4-6 Zoll im Durchmesser und 8-12 Fuß Länge, das dicht und straff mit Bändern umwickelt war. Diese Beken (plattd. Baken) wurden mit Dunkelwerden angezündet, und die Leute schwärmten damit auf den Feldern umher, tolle Lieder singend oder wild schreiend. Zu guter Letzt, wenn alles müde war, wurde ein Strohkerl gebunden und auf dem Felde verbrannt. In neuerer Zeit brachte man den Strohmann, statt ihn zu verbrennen, auf den First eines Hauses, dessen Bewohnern man besonders übel wollte, da der Strohmann auf dem Dache für den größten Schimpf galt. Über all dies Getreibe brach der Aschermittwoch herein, und nicht selten begaben sich die letzten Festgäste unmittelbar von dem Wirtshause in die Kirche. Am nächsten Sonntag nahm man noch einmal die Fastnachtsfreuden wieder auf. Die Reste des Bieres und der Eßwaren wurden verzehrt, und jeder war zu diesem Abend, welcher der Allmannsfesteleiwend hieß, ein willkommener[63] Gast. Tanzen war nun freilich verpönt, aber zu essen und zu trinken nach Herzenslust konnte niemand wehren. Und eben darum wurde das Ende meist ärger als der Anfang. Der jugendliche Übermut, welcher sich früher durch Tanzen und Singen ausgetobt hatte, veranlaßte am beschränkten Allmannsfesteleiwend allerlei Reibereien und Schlägereien, aus denen nicht selten blutige Köpfe und jahrelange Feindschaften hervorgingen. Beim Tanze an den Fastnachtstagen trugen früher die Mädchen und, so lange die Burschen kurze Hosen hatten, auch diese schneeweiße, eigens für dies Fest zubereitete Strümpfe, Festeleiwendshose. Jeder kleine Flecken wurde sofort durch Kreidewasser wieder beseitigt.

Man vergleiche mit dieser Darstellung Brörings Bericht über das Fastnachttreiben (Saterland I, 113 ff.).

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 2, Oldenburg 21909, S. 63-64.
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