Scena 6ta.

[116] Augustus, Tuliam bey der Handt führendt, Scauro Scatilio, Cecina, Scapin.


AUGUSTUS. Tulia, zihe ab den Flor deiner bisherigen Traurigkeit und begleite dich mit angenehmen Blumenschmuck aller Ergötzlichkeit; wir haben uns verpflichtet, ein Vatter für dich zu sein, nachdeme auch deine Mutter daß Zeitliche gesegnet; nun wollen wir es auch in der That beweisßen. Wir wisßen zwar, daß du Julium Antonium als deine Seele geliebet, nachdem du ihm aber nunmehro als deinen ärgsten Feindt verfolgest, haben wir einen anderen auserküsßen, dessen Ruhm und Tapferkeit dem anderen nichts bevor gibt. Noch heute sollen die angenehme Hochzeitsfackl brennen. Cecina, reichet ihr die Hand zum Zeigen Ewiger Treu.

CECINA. (Ô der Freude!) Für so unschätzbahre Gnad werde ich Euer May. lebenslang verbunden sein. – Schönste Tulia, hier empfahet meine Handt und mit selber das Hertz.

TULIA. (Schmerzlicher Zwang!) Ich reiche Euch die Handt, weillen es mein allergnädigster Herr und Kayser also befühlet, und schätze mich glückseelich von dem Monarchen der gantzen Welt einen Ehgemahl zu überkomen haben. Doch bitte ich, in so lang das Beylager zu verschieben, bis daß Trauerjahr volkomen vollendet.

AUGUSTUS. Es geschehe nach Eueren Verlangen. Wir werden Euch hinführo unsere Kinder nehnen und zum Zeichen vätterlicher Liebe drücken wir Euch an unsere Brust.

CECINA. Ô unverdiente Gnadt!

TULIA. Ô mehr dann göttlicher Monarch!

SCAURO SCATILIO. (Das ich doch auch solche Freude an meinen Kindt geniesßen kunte!)

AUGUSTUS. Euere Vergnügung desto vollkomener zu machen, werde alsobald Anstalt gemacht zu einen Thierkampf. Holla, Scapin, gehe und hinterbringe den Thierwartter, daß er sich bereith halte, die Lewen, Tiger, Leoparden und Beeren auf den Kampfplatz zu lasßen. Scapin ab. Euch aber, Scauro Scatilio, seye angelegen durch einen Trompetenstosß[117] dem gantzen Rom kundt zu machen, ein ieder Edler Römer erscheine bei unserer Ungnade.

SCAURO SCATILIO. Euer May. hoher Befehl dienet mir stat eine Gesätzes.

AUGUSTUS. Wo die angenehme Früchte des Friedens bei Potentaten gesamlet werden, müsßen die geringe Thiere die Stelle des Streites vertretten, damit die Gedächtnus einer unermüdeten Tapferkeit nicht aus den Herzen weiche.

SCAPIN lauffet hin und wieder mit artigen und schröckenvollen Minen ohne was zu sagen.

AUGUSTUS. Waß fället dem Narrn? He, Scapin, was ist dir?

SCAPIN. Ach ich kan nicht reden vor lauter Schröcken.

AUGUSTUS. Rede geschwind, was ist es?

SCAPIN ein grosmächtiges Unglück. NB. etemporirn, daß der Beer des Thierwarter sein Weib zerrisßen, und er in höchster Betrübnus seye. Doch hätte er ihm heimlich gesagt, er wäre froh, daß der Teuffl seine Alte gehollet, weillen er schon längst eine Junge auf der Seiten gehabt; es hätte ihm der Beer den grösten Gefahlen erwißen, daß er seinen alten Beren zerrisßen, er wolle ihm hinfihro dopelte portion geben. Augustus sagt, ob er weine. Scapin: er weine freilich, aber nur pro forma, damit ihre Freundt ihme nichts wegnehmen, weillen er kein Kind von ihr hat, und man ieziger Zeit einen Mann nicht viel lasßet, der sich nicht verstehlen kan. Augustus sagt, daß er ein Narr seye. Scapin: daß wisse er, und wann auch der Kayser sein Vatter wäre etc. etc.

AUGUSTUS. Komet, geliebtes Brauth[paar], lasßet uns fertig machen den Streith dieser Thiere mit anzusehen.

CECINA. Wir folgen Euer May. alß der Sonne, von welcher wir die Strahlen unseres Glückes entlähnet.

AUGUSTUS. Man hinterbringe Julio Antonio, das er nicht ausen bleibe, so lieb ihm unsere Gnadt. Ab.

TULIA. (Diese Erinerung hat mein Hertz durchbohret.) Ab.

CECINA. (Das doch dieser voll dannen blibe, unmöglich werd ich vergnüget sein.) Ab.

SCAPIN. Iezt wird es an ein Fressen und Sauffen gehen! Scapin, leere nur deinen Bauch wacker aus, damit du ihn von delicaten Speisen desto besßer füllen kanst. – Aber wie wäre es, wann ich auch mit meinen Herrn Hochzeit machte? Es ging an, wir kunten oben an sitzen, und mein Herr mit seiner Tulia von unten; es wäre beyn Teuffl nicht[118] gar übel. Ô Bromia, du allersüsßestes Hönigfas meiner vergnügten Hosßen, lasße dir nur deinen Camin heute noch auskehren, damit ich mit Stiffl und Sporn zum Herb deiner feurigen Hölle gelangen möge. Aber iezt fält mir ein, wie wird es wohl hernach stehen, wann wir khleine Scapinigen haben werden und eins da, das andere dort: Papa, Mama, Brodt! wird schreuen? So last mans halt schreyen, oder treibts auf die Weide wie die Gänse, sie werden schon etwas finden. – Was Teuffl ist dis vor ein Geschreu?


Quelle:
Wiener Haupt- und Staatsaktionen. 2 Bände, Band 1, Wien 1908 und 1910, S. 116-119.
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