Scena VI

[101] Wird aufgezogen und praesentiret die Donau Brucken, hinterwerts die angezündete Leopold Stadt, die Scenen stellen vor auf einer Seiten den Wienner Wald, auf der andern das Türckische Lager.

Ibrahim, Selim mit denen Türcken.


IBRAHIM. Vor Zorn möchte ich schier zerbersten, indem die Christen schon wiederumb einen Vortheil erhalten und etliche mit Stuck und Kugeln beladene Schiff so über die Donau gefahren in Grund geschoßen wobey viel derer unsrigen ersoffen sind.

SELIM. Allah Musay sonst ist alles verlohren, o Mahomet o Haly wie könnt ihr zusehen, daß das Blut derer Musulmänner also vergoßen wird. O du großer Prophet schaue uns doch an, eröffne Deine beyde Augen, und siehe wie wir in eignem Blut baden müßen und noch dazu von denen Christen ausgelachet werden, Sie halten dich vor einen Bärenhäuter, aber du wirst ihnen zeigen, daß du ein gewaltiger Fürst im Paradeiß bist, laße keinen Christen Hund hinein sondern stoß sie hinunter in die finstere Schwefel Pfützen, wo lauter Bellen und Brüllen ist, und die schwartzen Geister ihnen die Haut über die Ohren ziehen, ja ich schwöre dir, da ferne du die Stadt Wienn uns wirst gewinnen helffen, ich eine eygene Caravane nach deinem Grabe senden und dir eine große Anzahl Juden und Christen opffern will.

IBRAHIM. Auch ich schwöre bey meinem Säbel, ja bey der Milch die ich gesogen, daß ich mein äußerstes daran strecken und die Christen mit Feuer und Schwerdt verfolgen will, jedoch sehe ich wohl daß die Belagerung nicht also von statten gehet, als der Sultan ihm eingebildet, diese Hund sind allzu klug, und ist schon ein Geschrey durch das gantze Lager gangen, daß die Christen unsere Wercke in denen Lauffgräben zerstören und hin und wieder großen Schaden thun.

SELIM. Laß Sie nur machen, wann wir nur ihr Nest erstlich einmahl eingenommen so sollen unsere Säbel hernach die gantze Christenheit auskehren.


Hie komt ein officier mit einer Parthey Christen dazu, und schlagen die Türcken in die Flucht, und gehen alle ab, wird forne zugemacht.


Quelle:
Dichtung aus Österreich. Anthologie in drei Bänden und einem Ergänzungsband, Band 1, Wien und München 1966, S. 101.
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