Epilog.

[265] Ich hatte dieses Buch mit dem Ausruf beendigt: »Welcher schlechte Scherz, welcher traurige Scherz, das Leben!«

Dann nach einigem Nachdenken fand ich den Satz unwürdig und strich ihn aus.

Doch die Unschlüssigkeiten nahmen kein Ende, und ich nahm zur Bibel meine Zuflucht, um die ersehnte Klarheit zu erhalten.

Und so hat das heilige und mit prophetischen Eigenschaften wunderbarer als irgendein anderes begabte Buch mir geantwortet:

»Und will mein Angesicht wider denselbigen setzen, daß sie sollen wüst und zum Zeichen und Sprichwort werden; und will sie aus meinem Volke rotten, daß ihr erfahren sollt, ich sei der Herr.« »Wo aber ein betrogener Prophet etwas redet, den will ich, der Herr, wiederum lassen betrogen werden, und will meine Hand über ihn ausstrecken, und ihn aus meinem Volk Israel rotten.«

Das also mein Leben: ein Zeichen, ein Beispiel, um anderen zur Besserung zu dienen; ein Sprichwort, um die Nichtigkeit des Ruhmes und des Gefeiertwerdens darzutun; ein Sprichwort, um die Jugend darüber[265] aufzuklären, wie sie nicht leben soll; ein Sprichwort ich, der sich für einen Propheten hielt und, enthüllt, wie ein Prahler dasteht. Nun, der Ewige hat diesen Lügenpropheten dazu verführt, leere Worte zu machen, und der falsche Prophet fühlt sich unverantwortlich, da er nur eine ihm aufgetragene Rolle gespielt hat.

Hier habt ihr, meine Brüder, ein Menschenschicksal, eins unter so vielen, und nun gebt mir zu, daß das Leben eines Menschen erscheinen kann – als ein schlechter Scherz!


Warum ist der Verfasser dieses Buches auf eine so ungewöhnliche Weise bestraft worden? Leset das Mysterium, welches dem Texte vorausgeht. Dieses Mysterium ist vor dreißig Jahren verfaßt worden, bevor noch der Verfasser die Häretiker, »Stedingh« genannt, gekannt hat. Der Papst Gregor IX. hat sie 1223 wegen ihrer satanistischen Lehre exkommuniziert: »Luzifer, der gute, von dem ›andern‹ verjagte und abgesetzte Gott, wird wiederkehren, wenn der Usurpator, Gott genannt, durch sein elendes Regiment, seine Grausamkeit, seine Ungerechtigkeit sich vor den Menschen verächtlich gemacht hat und von seiner eigenen Unfähigkeit überzeugt worden ist.«

Wer ist der Fürst dieser Welt, der die Sterblichen zu ihren Lastern verurteilt und die Tugend mit dem Kreuze, dem Scheiterhaufen, mit Schlaflosigkeit und wilden Träumen züchtigt? Der Rächer unserer anders wo[266] von uns begangenen unbekannten oder vergessenen Verbrechen! Und die verbessernden Geister Swedenborgs? Die Schutzengel, die uns vor den bösen Geistern bewahren?

Welche babylonische Verwirrung!

Der heilige Augustin erklärt es für schamlos, Zweifel an dem Dasein von Dämonen zu nähren.

Der heilige Thomas von Aquin verkündigte, daß Dämonen die Stürme und die Donnerschläge hervorbrächten, und daß diese Geister imstande wären, ihre Macht in die Hände von Sterblichen zu legen.

Der Papst Johann XXII. beklagt sich über unerlaubte Kunstgriffe seiner Feinde, welche ihn dadurch quälten, daß sie Porträts von ihm mit Nadeln zerstachen. (Behexung.)

Luther ist der Ansicht, daß alle Unfälle, wie Knochenbrüche, Einstürze, Feuersbrünste, sowie die meisten Krankheiten auf das Spiel von Teufeln zurückzuführen seien.

Ferner äußert Luther die Meinung, daß gewisse Individuen ihre Hölle schon auf Erden gefunden hätten.

Habe ich also wohl mit gutem Vorbedachte mein Buch »Inferno« getauft?


Wenn der Leser die Aufrichtigkeit meines Pessimismus in Zweifel ziehen sollte, so lese er meine Autobiographie »Der Sohn der Magd« und »Die Beichte eines Toren!«[267]

Der Leser, welcher dieses Buch für eine Dichtung halten sollte, ist eingeladen, mein Tagebuch einzusehen, das ich Tag für Tag seit 1895 geführt habe, und aus dem dieses nur ein ausgearbeiteter und geordneter Auszug ist.

Quelle:
Strindberg, August: Inferno. Berlin [1919].
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