Dritte Szene

[9] Heinecke. Frau Heinecke.


HEINECKE. Selbst 'n oller Jiftpilz! –

FRAU HEINECKE. Der Neid, Vater, der Neid! –

HEINECKE. Deibel, wo hast du den Nappkuchen her?

FRAU HEINECKE. Die Köchin hat ihn gebracht mit 'n Jruß von's jnädige Fräulein.

HEINECKE sich abwendend. Was aus dem Vorderhause kommt, interessiert mich nicht. Der Herr Sohn könnten nu übrigens ausgeschlafen haben. In de Fabrik werden sie gleich zum zweiten Frühstück pfeifen. Liebäugelt mit dem Plakat. Willkommen, teurer – –

FRAU HEINECKE ausbrechend. Vater, er ist da!

HEINECKE. Wer?

FRAU HEINECKE. Der Junge.

HEINECKE zeigt auf das Plakat. Wissen wir schon!

FRAU HEINECKE. Pst! Es hat sich was gerührt – Lauscht. Wahrhaftig, er zieht sich schon die Stiebeln an! Wenn ich denke, dahinter steht er und zieht sich die Stiebeln an, und durch diese Düre wird er gleich rinkommen – –

HEINECKE. Dann sag ich nichts weiter als: Willkommen, teurer – hast du ihm ooch von Alma'n ihre feine französche Seife uf 'n Waschtisch gelegt?

FRAU HEINECKE. Und wie oft hab ick hier gesessen und gedacht: ob er auch sein jutes Bette hat? Und ob die Wilden ihm noch nicht ufgefressen haben. Und nu is er mit ein Mal da, Vater, und wir haben ihn, Vater, – Vater, laß die Rosinen stecken!

HEINECKE. Sieh mal da. – Wenn es mir paßt! –

FRAU HEINECKE. Still! ... Er kommt! ... Die Strippe ist dir wieder vorgekrochen ... Man muß sich ja schämen ... Streicht die Schoner der Sessel zurück. Jeses, wie is mir angst ...[9]


Quelle:
Hermann Sudermann: Die Ehre, Stuttgart 1974, S. 9-10.
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