60. Die erste Haager Friedenskonferenz (Schluß)

[469] 15. Juni. Nachmittags Empfang bei Monsieur und Madame d'Estournelles. Der ganze Kongreß geht aus und ein. D. White ist in ein Gespräch mit dem Grafen Münster vertieft. Dann kommt er zu mir:

»Wenn Sie, Frau Baronin, irgendwelche Beziehungen zu einflußreichen Personen haben, machen Sie sie jetzt geltend. Von jeder Seite muß hingewirkt werden, die Schwierigkeiten wegzuräumen, die sich zeigen ... Unsere Konferenz ist in der wichtigsten Frage – in der Schiedsgerichtsfrage – an einem Wendepunkt angelangt; das ist's, was ich eben mit dem Grafen Münster besprach.«

Alles, was ich darauf versprechen konnte, war, einen meiner im Haag anwesenden Freunde, der beim Onkel des deutschen Kaisers, dem Großherzog von Baden, sehr gut angeschrieben ist, aufzufordern, sich in der schwebenden Angelegenheit an den Fürsten zu wenden.

Der Hausherr machte mich mit Professor Zorn bekannt. Vor allem danke ich für die negative Auskunft über die ihm unbekannt gebliebene »Zorns Rede«.

»Es ist ja auch in der Tat keine solche Rede vorgekommen,« erwiderte der Professor. »Ich habe mich an der Diskussion beteiligt, aber eine Rede hielt ich nicht, und so schon gar nicht, wie mache Blätter berichteten.«

Das Gespräch wendet sich den Blochschen Vorträgen zu.[469] »Lauter Trugschlüsse,« sagte der Professor. »Die Militärs behaupten, daß ein Zukunftskrieg weniger blutig sein wird als die früheren.«

»Weniger blutig! – Mit diesen Waffen, mit diesen verzehnfachten Zahlen der Schüsse in der Minute ...«

»Dafür werden die wenigsten Schüsse treffen –«

»O nein, der Zukunftskrieg läßt sich nicht beschönigen; was die Zukunft braucht, ist der Friede –«

»Den gibt es nur im Himmel.«

Abends großer Rout bei Okoliczany. Eine neue Erscheinung: Madame Ratazzi, geborene Bonaparte Wyse – Schwägerin Türrs. Ich habe diese Frau vor dreißig Jahren in Homburg gesehen. Die größte Schönheit, der ich je begegnet. Und jetzt? Ach wie arg sieht man da »des ans l'irréparable outrage«.

Lange Unterhaltung mit dem Hausherrn. Er ist der Ansicht, daß Europa früher oder später – auch ohne Konferenz – dazu gelangen müsse, eine Union zu bilden; der ewige Aufwand von Rüstungen, der durch die Uneinigkeit geboten ist, die bestehenden Handelsrivalitäten, die Zollpolitik, alles das wird, wenn man nicht Wandel schafft, Europa der Gefahr aussetzen, von Amerika ruiniert zu werden. Eine Friedensallianz unseres Weltteils sei eine Notwendigkeit. – Es ist die selbe These, welche auch unser Minister des Aeußern, Graf Goluchowski, noch vor Einberufung der Konferenz in einem denkwürdigen Exposé vorgebracht hat.

General den Beer Poortugael setzt sich zu mir. Ich drücke ihm meine Bewunderung über seine jüngste Rede aus. Er bestätigt, daß der Einhalt in den Rüstungen nicht nur darum anzustreben sei, weil die Völker sich dieses Ergebnis von der Konferenz erwarten, sondern weil dies der einzige Weg wäre, den drohenden Katastrophen zu entgehen. Merkwürdige Worte im Munde eines Generals!

16. Juni. Abends Empfang bei Beaufort. Ich lerne Professor Martens kennen. Er ist heute aus Paris gekommen, wo er als Superarbitrator im Venezuelaschiedsgericht fungiert. Er wohnt hier nur einer Sitzung bei und fährt dann wieder nach Paris zurück. Ueber die hiesigen Angelegenheiten sagt er mir, daß, wenn auch manche Mächte sich weigerten oder zögerten, die Konvention zu unterzeichnen, dies keinen Schaden bedeute, weil die Protokolle offenbleiben – selbst für jene Mächte, die hier nicht vertreten sind.

Wieder eine exotische Bekanntschaft: Mirza Rhiza Khan, der Delegierte von Persien. Fünfundvierzig Jahre alt, orientalische[470] Züge, dichter schwarzer Schnurrbart, funkelnde Augen; die weiße Uniform mit unzähligen Orden geschmückt; an der Mütze den persischen Löwen. Begleitete 1889 den verstorbenen Schah Nasr-ed-Din bei seiner Europareise als dessen Generaladjutant. Jetzt ist er Gesandter in Petersburg. Er ist in Konstantinopel und Tiflis erzogen und erzählt uns von der Fürstin Tamara von Georgien, die er sehr gut kennt; sie sei jetzt in dem kaukasischen Bade Borjom.

17. Juni. Künstlerisches Fest, das die Regierung für die Konferenz veranstaltet hat. Lebende Bilder, musikalische Produktionen, Nationaltänze. Mache die Bekanntschaft des Freiherrn von Stengel. Er ist sehr steif und ablehnend. Wir wechseln nur wenig Worte – etwas von »loyaler Gegnerschaft« – und »es muß ja verschiedene Ansichten geben«, ein paar gleichgültige Bemerkungen über die Darbietungen des heutigen Abends und gehen bald auseinander.

Ein holländischer Militärarzt stellt sich mir vor. Er habe auf Borneo meinen Roman gelesen. Was er dort in seiner beruflichen Arbeit an Leiden gesehen, übersteige jeden Begriff. Habe sich zum Sterben unglücklich gefühlt – da habe das Buch doppelten Eindruck auf ihn gemacht und die Sehnsucht in ihm erweckt, daß sich das verwirklichen möge, was im Haag jetzt angestrebt wird.

18. Juni. Von der Schwiegertochter des unlängst verstorbenen Professors Ludwig Büchner erhalte ich auf einen Kondolenzbrief folgende Antwort:


Darmstadt, 17. Juni 1899.


Hochverehrte Frau Baronin!


Ein Jahr des höchsten Triumphes! So reich an Erfolg mögen auch alle folgenden sein; mit glühender Begeisterung wünschen dies Ihre treuesten Verehrer.

Ihre liebe Teilnahme anläßlich des Hinscheidens unseres lieben Vaters hat uns auch sehr wohlgetan. Viele trauern gleich uns um ihn. Auch ihn, den treuen Kämpfer der Wahrheit, wird sein Werk überleben. Glücklich wie sein Leben gewesen, war auch sein Tod beneidenswert. Noch mitten in voller Schaffenskraft glitt er aus sanftem Schlummer lautlos, ohne Seufzer in das Nichts hinüber. Sprach er manchmal, gequält von bösem Husten, müde von schlaflosen Nächten, von seinem nahen Ende, so geschah es mit der Ruhe des wahren Philosophen. Mit der größten Fürsorglichkeit war alles für diesen Fall geordnet. Er konnte ruhig sterben; ein reiches Leben lag hinter ihm. Seine großen Geistesgaben hat er voll zum Wohle seiner Mitmenschen ausgenützt. Die Güte und Treue seines Herzens wurden ihm belohnt durch die reinsten Freuden eines innigen Familienlebens. Er wußte seine liebevolle, aufopfernde Gattin umgeben von einer dankbaren Kinderschar,[471] in deren Glück nun auch die tiefgebeugte Frau ihren besten Trost findet. Darum trösten wir uns in all unserem tiefen Schmerz über die unersetzliche Lücke in unserem Familienkreise in dem Gedanken an das schöne, glückliche Leben, das er doch so lange genießen durfte.

Zum 9. Juni wünsche ich Ihnen so von ganzem Herzen Glück, Gesundheit, daß Ihnen all die frohe Schaffenskraft erhalten bleibe, die Sie schon so manches Hindernis überwinden ließ. Auf der so siegreichen Bahn wird Ihre Begeisterung nie erlahmen und Sie werden weiterschreiten auf dem Wege zum Siege, der die Menschheit glücklich machen wird!

In innigster Verehrung

Ihre ganz ergebene

Marie Büchner.


Die Schiedsgerichtsdebatte in Stockung geraten; wird erst wieder aufgenommen werden, bis neue Instruktionen eingeholt sind. Dr. Holls und Professor Zorn sind nach Hannover abgereist, wo sich gegenwärtig der deutsche Kaiser befindet. Mr. White hat Dr. Holls einen langen Brief an Bülow mitgegeben.

Im Laufe des Nachmittags kommen mehrere Besuche. Frau von Okoliczany mit Tochter, Mevrouw Smeth, Mirza Rhiza Khan. Dieser erzählt mir, er habe sich Mühe gegeben, das lateinische Alphabet in Persien einzuführen, sei aber auf großen Widerstand gestoßen, namentlich bei den Priestern, die es für eine Sünde erklären, andere Buchstaben zu gebrauchen als die, mit denen der Koran geschrieben ist.

Auch Baron und Baronin d'Estournelles kamen heute zu mir. Wir sprechen von Professor Zorn. D'Estournelles versichert, daß dieser deutsche Delegierte mit allem Eifer bemüht ist, die Schiedsgerichtssache zu günstigem Ergebnis zu führen: »II pense comme vous et moi.«

Nun, das bezweifle ich. Ich will ja glauben, daß, wie Stead auch im »Dagblad« bestätigt, Professor Zorn sich nunmehr dafür einsetzt, daß die Schiedsgerichtssache nicht scheitere, aber daß er so radikal denke wie d'Estournelles oder wie ich – diese Zumutung würde er selber zurückweisen.

19. Juni. In großer Gesellschaft Fahrt nach Amsterdam. Wir sind dreimal um die ganze Stadt gefahren, haben die Museen durcheilt – da die van Dyck und Frans Hals und Rubens an unseren Augen vorbeiziehen lassen. Nur vor dem großen Gemälde – das wir neulich als lebendes Bild gesehen – Rembrandts »Scharwache«, blieben wir eine halbe Stunde in Anschauung versunken.[472] Schon beim Eintritt in die Saalflucht leuchtet es einem aus dem tiefsten Hintergrund entgegen. Man glaubt, es fallen Sonnenstrahlen darauf: seine Leuchtkraft strahlt aber aus den Farben.

Im Museum prangt ein Schrein mit »indischen Schätzen«; das sind erbeutete Ringe und Ketten und allerlei Geschmeide besiegter Rajahs. Also einfach Räuberbeute. Das sieht die heutige Menschheit nicht ein.

Auch eine Diamantenschleiferei besuchen wir. Ein ganzes Haus mit Arbeitern gefüllt. In jedem Stockwerk eine andere Phase der Verwandlungen, welche dies wertvolle Kohlengebilde durchmacht, bis es zum Schmuck wird. Erst im höchsten Stock, wohin man auf ganz schmaler Holztreppe gelangt, sitzen die geschicktesten unter den Arbeitern, die den Steinen den »letzten Schliff« geben. Sie lassen die fremden Besucher zusehen und geben Erklärungen ab. Die Mühe scheint eine große zu sein. Um dies matte harte Ding in hundert Facetten erglänzen zu machen, welche Anstrengung und Geduld!

Der Direktor zeigt uns auf einer Samttablette die Modelle in Kristall aller berühmtesten und größten Diamanten, die im Besitze verschiedener Kronschätze sind – den Kohinoor und andere; ich habe mir die Namen dieser auf Millionen geschätzten Glasklümpchen nicht gemerkt.

»Seitdem in Transvaal so viele Diamanten gewonnen werden,« erzählte uns einer der Schleifer, »kommen wir kaum mit der Arbeit nach. Und wir sind doch Tausende von Diamantschleifern in Amsterdam.«

»Sehen Sie,« bemerkte Herr von Bloch zu uns, »sehen Sie, wie die Welt zusammenhängt. Setzen wir den Fall, es bräche im Transvaal Krieg aus. Die Folge wäre, daß in Amsterdam Tausende von Arbeiterfamilien ins Elend kämen.«

Wir speisten (alle Ausflüge gipfeln doch in einem Diner) in einem Restaurant, dessen Aussicht auf einen vielbefahrenen Kanal geht. Es war ein schönes, bewegtes Bild vom offenen Fenster aus, neben dem ich saß. Jenseits des Kanals echt holländische, alte Häuser und eine Kirche mit sehr hohem Glockenturm. Auf dem Wasser fahren Boote und Flöße hin und her, mit Blumen schwer befrachtet: Tulpen, Rosen, Lilien. Plötzlich beginnt's vom Turme zu läuten und zu klingen – immer mehr der Töne fließen ineinander, und zehn Minuten lang währt ein melodisches, silberhelles Glockenspiel.

Erst spät abends fahren wir nach dem Haag zurück. In der[473] Bahnhofhalle begegnen wir Mr. Holls. Er ist soeben aus Deutschland eingetroffen, wohin er mit der Mission gereist war – in Begleitung Professor Zorns –, höchsten Ortes die Schwierigkeiten zu glätten, die sich in der Schiedsgerichtssache erhoben hatten.

»Nun? Nun?« fragen wir in höchster Spannung.

»Ich darf doch nichts erzählen,« erwidert Mr. Holls. »Nur den Titel eines Shakespeareschen Stückes will ich Ihnen nennen: ›All's well that ends well‹.«38

21. Juni. Léon Bourgeois, der schon von Paris zurückgekommen, ist abermals von Loubet dahin berufen worden, und zwar mit dem Auftrage, ein Kabinett zu bilden. Wird er sich der Aufgabe entziehen können, entziehen wollen, Ministerpräsident zu werden? Ich habe es aus seinem Munde, daß dies seine Absicht ist; er will sein möglichstes tun, nach dem Haag zurückzukehren, um hier die Schiedsgerichtssache zu Ende zu führen.

Heute war ich in Begleitung des Malers ten Kate beim Photographen. Ein ihm befreundeter Bildhauer will meine Büste meißeln, und zu dem Zwecke soll ich en face und en profil, in drei Viertel Profil und von hinten aufgenommen werden, statuenmäßig in weißen, weichfaltigen Stoff gehüllt, in griechischer Haartracht und mit einem Palmenzweig als Brustschmuck. Die Prozedur dauerte mehrere Stunden.

Ich werde zurechtgesetzt und zurechtgezupft. Dann geht der Photograph – er heißt Wollrabe – an sein Objektiv, schaut hinein, schüttelt den Kopf und humpelt wieder auf mich zu (er hat nämlich einen Stelzfuß), um neuerdings meine linke Schulter nach rechts, mein Kinn nach der Höhe und meine Draperie nach unten zu zupfen, wobei Meister ten Kate kritisch und tätig mithilft.

»So, jetzt ist es jutt.« Tok, tok, tok zum Objektiv. Neues Kopfschütteln und tok, tok, tok auf mich zu. Nach einigem Zerren: »Jetzt ist es jutt.« Und so ein halb dutzendmal bei jeder Aufnahme. Dabei muß ich eine statuarisch ernste Physiognomie bewahren, während ich so gern lachen wollte zu dem waldschratmäßigen Hinundherpendeln des so schwer zu befriedigenden Wollrabe, der übrigens wunderschöne Bilder in seinem Atelier aufgestellt hat, darunter das best existierende Porträt der jungen Königin.

Ueberhaupt jung und schön soll man sein, um sich malen und meißeln zu lassen. Und nicht nur das Tok-tok-tok meines Photographen[474] mit dem humorvollen Vogelnamen kommt mir komisch vor, sondern auch dessen weißdrapiertes, mit Friedensgemüse geschmücktes Modell ... aber lachen darf ich nicht.

23. Juni. Das im Programm vorgeschlagene »Uebereinkommen, den Gebrauch gewisser Waffen betreffend, und Neuanschaffungen oder Neuerfindungen verbietend«, ist verneinend entschieden worden. Darüber äußert sich Stead zu mir: »Glauben Sie nur nicht, daß das eine schlimme Sache sei. Rudyard Kipling schrieb mir zu Anfang des Friedenskreuzzuges: ›Der Krieg wird dauern so lange, bis ein erfinderisches Genie eine Maschine herbeischafft, welche fünfzig Perzent der Kämpfenden vernichtet, sobald sie sich gegenüberstehen.‹ Darum meine ich, daß die Konferenz, indem sie entschlossen eine ganze Reihe von Vorschlägen abgetan – obwohl sie vom Zar kamen –, die dem Verbot von Verbesserung der Kanonen und sonstigen Waffen galten – zugunsten des Friedens und nicht des Krieges gehandelt hat.«

»Das glaube ich auch,« antworte ich. »Nur ist das nicht mit Zielbewußtsein geschehen. Die Militärs, die das Verbot niedergestimmt, haben es wohl in der Absicht getan, dem Militarismus zu dienen.«

Heute verhandelt der Kongreß über einen wichtigen Punkt: § 1 des Murawjewschen zweiten Rundschreibens:

»Uebereinkommen, während eines festzusetzenden Termins die gegenwärtigen Kontingente der bewaffneten Macht zu Wasser und zu Lande und die damit zusammenhängenden Budgets nicht zu vermehren

Jetzt steht also die Frage zur Verhandlung, die für die Friedenskämpfer von größter Wichtigkeit ist, denn sie berührt das Uebel des bewaffneten Friedens.

Dieser Zustand (nach Türr »La peur armée«) hat folgende Grundlage: Die Voraussetzung, auf welche die Beziehungen der Nationen aufgebaut sind, ist, daß der Nachbar die Moral eines Banditen und das Gewissen eines Seeräubers hat.


Eine schlimme Nachricht aus London: Das Unterhaus hat vier Millionen Pfund zu Kriegszwecken bewilligt.

Unter dem Datum 27. Juni habe ich meinem Tagebuch den Wortlaut der ganzen »Rüstungs« debatten eingefügt, die sich am 23. und 26. Juni abgewickelt haben. Hier will ich nur die markantesten Sätze anführen. Dies genügt, um die Stellungnahme der verschiedenen Regierungen zu dieser Frage ins Licht zu setzen.

[475] Erste Sitzung, 23. Juni. Herr Beernaert, Vorsitzender:


Wir gelangen jetzt zu dem ernsten Problem, welches die russische Regierung zu allem Anfang gestellt hat, und zwar in Ausdrücken, die sofort die Aufmerksamkeit der Welt erweckten.

Diesmal sind es nicht die Völker, diesmal ist es ein mächtiger Herrscher, welcher der Ansicht ist, daß die enormen Lasten, die aus dem bewaffneten Frieden erwachsen, in welchem Europa seit 1871 lebt, geeignet sind, »die öffentliche Wohlfahrt in ihrer Quelle zu paralysieren, und daß ihre stetige Zunahme eine drückende Bürde nach sich ziehen wird, welche die Völker immer größere Mühe haben werden zu ertragen«.

Das Zirkular des Grafen Murawjew hat das Problem ein wenig näher angefaßt, indem er es in nachstehende Form brachte: »Welches sind die Mittel, dem Wachstum der Rüstungen ein Ziel zu setzen? Könnten die Nationen sich verpflichten, dieselben aufzuhalten oder gar herabzusetzen?«

Ich hoffe, daß unser geehrter Präsident, Seine Exzellenz von Staal, welcher eben das Wort verlangt hat, uns über diese verschiedenen Punkte aufklären wird.


Herr von Staal:


– – – Die vorliegende Frage: Begrenzung des Militärbudgets und der Effektivbestände, verdient um so mehr ein eingehendes Studium, als sie, ich wiederhole es, den Hauptgedanken unserer Versammlung darstellt, nämlich: soviel als möglich die schreckliche Last zu erleichtern, welche die Völker drückt und ihre materielle und auch moralische Entwicklung hemmt.

Brauche ich zu sagen, daß es sich nicht um Utopien und schimärische Maßnahmen handelt? Es gilt nicht, zur Abrüstung zu schreiten. Was wir wünschen, ist eine Begrenzung, eine Stillstandsfrist in dem aufsteigenden Laufe der Rüstungen und Ausgaben.

Wir schlagen dies vor in der Ueberzeugung, daß, wenn eine Einigung erzielt wird, sich nach und nach eine Rückbewegung einstellen wird. Die Unbeweglichkeit gehört nicht in den Bereich der Geschichte, und wenn es uns gelingt, durch einige Jahre eine gewisse Stabilität zu bewahren, so kann man voraussetzen, daß sich die wohltätige Tendenz zur Verringerung der Militärausgaben festsetzt und entwickelt. Die Bewegung würde vollständig den Ideen entsprechen, welche die russischen Reskripte beseelen.

Doch so weit sind wir noch nicht. Im Augenblicke handelt es sich nur um den Stillstand für eine zu bestimmende Zeitdauer in den Militärbudgets und den Kontingenten.


General den Beer Poortugael:


Meine Herren! So befinden wir uns denn dem Hauptgegenstande des Murawjewschen Rundschreibens gegenüber.[476] Er verdient wahrlich, daß wir unsere Kräfte in höchster Anstrengung konzentrieren. Wir müssen die damit verbundenen großen Interessen der Völker ins Auge fassen, und ich glaube nicht zu weit zu gehen, wenn ich sage, daß die Frage mit einer gewissen Ehrerbietung behandelt werden muß.

Die seit einem Vierteljahrhundert stetig wachsenden Heeresmächte und Militärbudgets haben nunmehr riesenhafte, bangenerregende, gefährliche Dimensionen erreicht. Vier Millionen Mann unter den Waffen und Heeresbudgets von fünf Milliarden Franken im Jahre! Ist das nicht entsetzlich? – – Wahrlich, dieses Anwachsen der Heere, der Flotten, der Budgets, der Schulden scheint aus einer Pandorabüchse hervorgeholt, das Geschenk einer bösen Fee, die das Unglück Europas will. Aus dieser Vorsichtsmaßregel, die den Frieden garantieren soll, wird der Krieg hervorgehen. Die Steigerung der Kontingente und der Ausgaben wird die wahre Kriegsursache sein.

– – Den Staaten, die durch unsere militärischen Organisationen miteinander mit einem Seil zusammengebunden sind wie die Touristen in den Alpen, hat der Zar gesagt: »Machen wir eine gemeinsame Anstrengung, halten wir ein auf diesem zum Abgrunde führenden Pfade, sonst sind wir verloren!«

Also Einhalt! Meine Herren Delegierten, an uns ist es, diese höchste Anstrengung zu tun. Sie lohnt der Mühe: Halten wir ein!


Diese feurig vorgetragene Rede erregte Staunen. Viele konnten ihren Beifall nicht unterdrücken; andere hatten Mühe, sich des Kopfschüttelns zu enthalten. Jemand soll bemerkt haben: »Der reine Bebel!«

Jetzt erst wurde der russische Antrag vorgelegt.


Das Programm.


Oberst von Schilinsky:

– – – Man darf fragen, meine Herren: Werden die auf der Konferenz vertretenen Völker vollständig zufrieden sein, wenn wir ihnen das Schiedsgericht und Gesetze für Kriegszeiten bringen, nichts aber für die Zeit des Friedens, dieses bewaffneten Friedens, der so schwer auf den Völkern lastet, der sie so sehr drückt, daß man manchmal die Aeußerung vernimmt, daß ein offener Krieg besser wäre als dieser versteckte Rüstungskrieg, als dieser ewige Wettbewerb, wo jeder in Friedenszeit zahlreichere Heere aufweist als früher während der größten Kriege?

– – – Uebrigens erreicht diese fortgesetzte Steigerung der Heeresmacht nicht ihren Zweck, denn das Stärkeverhältnis zwischen den verschiedenen Ländern bleibt immer dasselbe. Irgendeine Regierung vermehrt ihre Truppen, formiert neue[477] Bataillone; ihr Nachbar folgt dem Beispiel ohne Verzug, um das Verhältnis aufrechtzuerhalten; der Nachbar des Nachbars tut das gleiche, und so geht es ins Unendliche weiter: der Effektivstand wächst, aber die Proportion bleibt immer ungefähr die gleiche.

– – – Wir schlagen Ihnen da übrigens nichts Neues vor. Das Feststellen der Kontingente und der Budgets wird seit langem in manchen Ländern geübt.

So zum Beispiel das Septennat in Deutschland. Das bedeutete, daß die Totalität der Truppen zur Friedenszeit sieben – jetzt fünf – Jahre fixiert ist! Auch in Rußland ist das Kriegsbudget auf fünf Jahre festgelegt. Es handelt sich also um bekannte Maßnahmen, die schon lange geübt werden, die niemand erschrecken und die gute Resultate erzielen; es handelt sich darum, diese Maßregel anzuwenden für eine noch kürzere Frist, wenn Sie wollen. Das Neue ist nur der Entschluß, nur der Mut zu konstatieren, daß es Zeit ist, innezuhalten.

Und Rußland schlägt Ihnen vor: Halten wir inne!


Nach Oberst von Schilinsky brachte Kapitän Scheine einen ähnlichen Antrag für die Marine ein.

Alles dies deckt sich vollkommen mit dem, was Kaiser Nikolaus zu Stead gesagt, und auch mit den Aeußerungen, die Murawjew mir gegenüber machte.

Tatsache ist: die russische Regierung hat offiziell, vor aller Welt, unter Anrufung des Wohles aller Völker, den übrigen Regierungen den Vorschlag gemacht, daß man sich in der Verpflichtung einige, die Rüstungen fortan nicht zu steigern. Dabei hat es die darauffolgende Herabsetzung deutlich in Aussicht gestellt. Die mitgebrachten Anträge auf permanentes Tribunal, der Schiedsgerichtskodex und die Vorschläge für Mediation dazu: wie immer die Entscheidungen der Konferenz ausfallen – die Einberufer haben das ihrige ehrlich getan.

Sitzung des 26. Juni. Die Kommission versammelt sich wieder. Hinzugekommen Léon Bourgeois. Oberst von Schwarzhoff bekämpft den russischen Antrag. Er wendet sich auch gegen General den Beer Poortugael – er könne sich diesen Ideen nicht anschließen und wollte nicht, daß sein Stillschweigen als Zustimmung aufgefaßt würde. Das deutsche Volk sei nicht erdrückt unter der Last der Steuern; es sei nicht auf der schiefen Ebene zum Abgrund; es eilt nicht dem Ruin entgegen – ganz das Gegenteil. Was die allgemeine Wehrpflicht betrifft, so betrachtet sie der Deutsche nicht als eine schwere Last, sondern als eine heilige und patriotische[478] Pflicht, deren Erfüllung er seine Existenz, seinen Wohlstand und seine Zukunft verdankt.

Dann spricht Oberst von Schwarzhoff von den Schwierigkeiten, die sich dem Plan des Rüstungsstillstandes widersetzen, und setzt auseinander, daß er auf unüberwindliche technische Schwierigkeiten stoße.

Die Rede des deutschen Delegierten wird von den anderen als klarer Beweis betrachtet, daß Deutschland entschlossen sei, gegen den Stillstandsantrag zu stimmen.

Dann sprachen für den Antrag noch einmal Schilinsky, den Beer Poortugael und Dr. Stancioff (Bulgarien).

Der Vorsitzende schlägt die Ernennung eines Komitees zum Studium der Materie vor. In dieses Komitee werden gewählt: Der Opponent, Oberst von Schwarzhoff und die Antragsteller; außerdem Experte des Heeres und der Marine.

30. Juni. Heute also hat sich im »Haus im Busch« das Schicksal des Stillstandsvorschlags entschieden.

Abgelehnt. Den Regierungen der Großstaaten zu weiterer Erwägung zugewiesen. Eine von Léon Bourgeois eingebrachte und von der Konferenz angenommene Resolution habe das Prinzip salviert.

Letzte Soiree bei Minister Beaufort.

Sir Julian Pauncefote setzt sich zu mir. Natürlich lenke ich das Gespräch wieder auf die Konferenz und frage, wie lange sie voraussichtlich noch dauern werde.

»Mindestens noch vierzehn Tage,« meint Sir Julian. »Ich kann Sie versichern,« fügte er noch hinzu, »die Konferenz zeitigt Großes und sie wird Wiederholungen erleben. Das ›Standstill‹ ist zwar abgelehnt worden, doch mit der allgemeinen Erklärung, daß es später ausgeführt werden müsse. Dafür aber ist das permanente Tribunal zur Tatsache geworden – und hierin ist für seine Bemühungen besonders zu loben – Professor Zorn.«

Turkhan-Pascha führt mich zum Büfett. Dort reicht mir Herr Beernaert eine Schale Eis. Er ist kürzlich aus Brüssel zurückgekommen, wo die Unruhen glücklich zu Ende sind. Die Obstruktion der Sozialisten in der Kammer bestand darin, daß sie einfach, sobald jemand zu reden begann, immer wieder die Marseillaise anstimmten.

»Es ist nun alles wieder gut,« sagt der Minister, »ils ont mis bas les armes.«

»Doch hier, wie ich höre, ist nicht alles gut? ›Stillstand‹[479] begraben ... die militärischen Experten erklärten ihn für unmöglich.«

»Begraben? Jedenfalls sind die Blumen gerettet. Bildt hat wunderschön gesprochen. Und ein Antrag Bourgeois wurde votiert, welcher eine Auferstehung in Aussicht stellt. Der Sarg ist nicht zugenagelt, die Bretter sind lose ...«

»Solche Fragen sollten doch nicht vom technischen, sondern von ganz anderen weiten Standpunkten behandelt werden,« meinte ich, »wenn über Abrüstung allein die Militärs entscheiden sollen ...«

»Gewiß,« ergänzt Herr Beernaert. »Das ist, als sollten Schuster beraten, wie man aufhören könne, Chaussuren zu tragen.«

1. Juli. Nun kenne ich den Bericht der gestrigen »Stillstand«sitzung. Zuerst erklärte Serbien seine Zustimmung, dann Griechenland seine Ablehnung. Hierauf wurde der Bericht der Studienkommission verlesen. Ein sehr lakonischer Bericht:


1. Daß es sehr schwer wäre, auch nur auf eine Frist von fünf Jahren die Ziffer der Effektivbestände festzulegen, ohne gleichzeitig andere Elemente der Landesverteidigung zu regulieren.

2. Daß es nicht minder schwierig wäre, durch eine internationale Konvention die Elemente dieser Verteidigung zu regulieren, die ja in jedem Lande nach sehr verschiedenen Gesichtspunkten organisiert sind.

Folglich bedauert das Komitee, den im Namen der russischen Regierung gemachten Vorschlag nicht annehmen zu können.

Das Komitee empfehle, daß der Gegenstand der nachträglichen Entscheidung den respektiven Regierungen überwiesen werde.


Dies ist der Wortlaut des militärischen Kommissionsberichts. Damit wäre also die Sache einfach abgetan gewesen. Die Ausführung des Vorschlages bietet Schwierigkeit, »folglich« könne man ihn nicht annehmen.

Dieses »folglich« hat doch nicht befriedigt. Zur Erledigung eines Projektes von solcher Tragweite genügt das angeführte Motiv nicht. Es ist mehr darüber zu sagen, als daß es schwer auszuführen ist. Man muß sich auch darüber klar werden, ob es wünschenswert, segensreich – mehr noch – notwendig ist. Und gelangt man zu diesem Schlusse, so muß man, um es abzulehnen, vor mehr als vor Schwierigkeiten, man muß vor einer Unmöglichkeit stehen.

»Unmöglich« kann aber die vorliegende Sache im Prinzip nicht[480] sein – höchstens in der gerade beantragten Form. Und abgetan darf sie schon gar nicht sein – sondern künftiger Verwirklichung vorbehalten. Das war die Empfindung eines großen Bruchteils der Konferenz, und dieser Empfindung geben noch zwei Delegierte – der Schwede Baron Bildt und der Franzose Léon Bourgeois – in feurigen improvisierten Worten Ausdruck.

Aus Baron Bildts Rede (Es ist nicht genug):


– – – – – Wir werden nun am Schlusse unserer Arbeiten gewahr werden, daß wir einem der wichtigsten Probleme des Jahrhunderts gegenübergestellt wurden und daß wir gar wenig geleistet haben. Wir dürfen uns keine Illusionen machen. Wenn die Ergebnisse der Konferenz zur öffentlichen Kenntnis gelangen, so wird trotz allem, was für Schiedsgericht, Rotes Kreuz u.s.w. getan wurde, ein lauter Schrei sich erheben: »Es ist nicht genug«.

Und diesem Aufschrei: »Es ist nicht genug«, die meisten unter uns geben ihm im eigenen Gewissen recht. Unser Gewissen wird uns freilich auch zum Troste sagen, daß wir unsere Pflicht getan haben, da wir uns treu an die erhaltenen Instruktionen hielten. Aber ich wage es zu sagen, daß unsere Pflicht nicht erschöpft ist und daß uns anderes zu tun bleibt. Nämlich mit der größten Offenheit und Wahrheit zu untersuchen und unseren Regierungen zu signalisieren, welche Lücken sich in der Vorbereitung oder Ausführung des großen Werkes finden lassen und mit Standhaftigkeit, mit Hartnäckigkeit nach den Mitteln zu forschen, Besseres und mehr zu tun. Seien diese Mittel nun zu finden in neuen Konferenzen, in direkten Verhandlungen oder einfach in der Politik des guten Beispiels.

Dies ist die Pflicht, die uns zu erfüllen bleibt.


Diese Rede rief Bewegung hervor. Noch war der Beifall nicht verstummt, als sich der Chef der französischen Delegation das Wort erbat.

Aus Léon Bourgeois' Rede (Unsere Aufgabe ist eine höhere):


Mit großer Freude habe ich die beredten Worte des Baron Bildt gehört. Sie entsprechen nicht nur meinen persönlichen Gefühlen und denen meiner Kollegen der französischen Delegation, sondern, ich bin dessen sicher, den einmütigen Gefühlen der Konferenz. Ich schließe mich dem Appell an, den Baron Bildt an uns gerichtet hat. Ich glaube, daß, um seine Ideen noch vollständiger auszudrücken, unsere Kommission ein Weiteres zu tun hat.

Ich habe mit Aufmerksamkeit den Text der Schlußfolgerungen gelesen, zu welchen das technische Komitee gelangt ist. Dieser Text zeigt die Schwierigkeiten an, welche sich im gegenwärtigen Augenblick einer Begrenzung der Rüstungen[481] entgegenstellen. Diese Untersuchung war auch das Mandat des Komitees. Aber unsere Kommission hat die Pflicht, das vorliegende Problem von einem allgemeinen und höheren Standpunkte zu betrachten.

– – – – – Oberst von Schwarzhoff sagt uns, daß Deutschland die Lasten seiner militärischen Organisation leicht erträgt und daß es trotz dieser Lasten eine große wirtschaftliche Entwicklung aufweisen kann.

Ich gehöre einem Lande an, das ebenso wohlgemut (aussi allégrement) die Verpflichtungen der nationalen Verteidigung trägt, und wir hoffen, im nächsten Ausstellungsjahre der Welt zu zeigen, daß unsere Produkte und unser wirtschaftlicher Wohlstand auf der Höhe stehen. Aber der Herr Oberst wird mir zugestehen, daß in seinem Lande sowohl als in dem meinen, wenn die bedeutenden, für militärische Zwecke verwendeten Hilfsmittel zum Teil in den Dienst der produktiven Tätigkeit gestellt würden, die Gesamtheit des Wohlstandes sich in viel rascherem Prozesse entwickeln würde.

Uebrigens, wir haben hier nicht nur zu erwägen, wie gerade unser Land die Lasten des bewaffneten Friedens trägt. Unsere Aufgabe ist eine höhere – die Gesamtlage der Nationen ist es, die wir berufen sind zu betrachten.


Nach weiteren Ausführungen schlägt Bourgeois vor, daß die Frage an die Regierungen zurückverwiesen werde, um in einer nächsten Konferenz wieder verhandelt zu werden. Damit aber die Stellungnahme der gegenwärtigen Konferenz zum klaren Ausdrucke gebracht werde, beantrage er folgenden Zusatz in den Bericht:


Die Kommission ist der Ansicht, daß die Einschränkung der die Welt bedrückenden militärischen Lasten im höchsten Grade wünschenswert wäre für das Wachstum des materiellen und moralischen Wohles der Menschheit.


Diese Resolution wurde angenommen.

Den Text der beiden Reden habe ich sofort über setzt und der »Neuen Freien Presse« übersandt.

2. Juli. Gestern Ball bei Staal. Als wir um zehn Uhr eintraten, waren die Säle schon beinahe gefüllt. Die ganzen unteren Räume des »Vieux Doelen«, Peristyl, Salons, Speisesaal u.s.w. waren für diesen Ball vorbehalten und reichlich dekoriert: die Wände des Tanzsaales ganz mit Laub bedeckt, aus welchem Lilien schimmerten. Ueberall nur weiße Blumen – Friedenssymbole. Von den Kronleuchtern flutet elektrisches Licht. Das unsichtbare Orchester spielt hinter einer Hecke von Palmen. Sanft beleuchtete Gänge führen zu kleineren Nebengemächern, in welchen die Gäste trauliche Plauderecken finden. Im Tanzsaale stehen die Türen zu[482] der Terrasse offen, von welcher eine breite Stiege nach dem beleuchteten Garten führt.

Alle Delegierte anwesend, nur Admiral Fisher fehlt, was man um so mehr bedauert, als er einer der flottesten Tänzer ist.

Baron Bildt stellt mir seinen Sohn vor. Ein junger Mann von zweiundzwanzig Jahren, eben aus Upsala angekommen, wo er an der Universität studiert.

»Ich war auf dem Punkte, mich der militärischen Karriere zu widmen,« erzählte mir der junge Schwede im Laufe des Gespräches. »Und wissen Sie, gnädige Frau, was mich davon abgehalten hat? ... Die Lektüre Ihres Buches. Und heute in dieser Mitte freue ich mich doppelt, einen anderen Beruf gewählt zu haben. – Vielleicht wird es mir später vergönnt sein, für die große Sache zu wirken, die meinen Vater nach dem Haag gebracht hat.«

»Ich sehe: es erwacht ein neuer Ehrgeiz, auf neuem Felde – bleiben Sie dieser Regung treu und bringen Sie es einst zum internationalen Schiedsrichter oder zum schwedischen Friedensminister.«

»O, mit Begeisterung!«

Andrew D. White legt mir ans Herz, ich möge doch, wenn sich Gelegenheit dazu bietet, jenen pessimistischen Auffassungen entgegentreten, welche gegen die Konferenz ausgestreut werden, und die Möglichkeit der Weiterarbeit – den Zusammentritt neuer Konferenzen – erschweren. Er drückt die Ansicht aus, daß dem Kaiser von Rußland ein gutes Mittel zu Gebote stände: das gescheiterte »Standstill« oder gar die Herabminderung der Effektivbestände in seinem Lande einfach einzuführen. Er ist ja Alleinherrscher – sein Wille entscheidet. Und die Politik des gegebenen Beispiels sei doch die wirksamste.

Je nun – das Manifest, die Einberufung der Konferenz, die vorgelegten Anträge, die ja schon die eine Verpflichtung, das Vorgeschlagene selber zu tun, implizierten: das alles waren ja auch Beispiele. Diejenigen aber, die für Beibehaltung der ganzen Militärmacht schwärmen, haben sich dadurch nicht zur Nachahmung bewogen gefunden. Wie will man über haupt – wo es sich um Einvernehmen handelt, allein vorgehen?

Ein Russe erzählt mir, daß auch im eigenen Lande eine starke Militärpartei den Plänen des Zaren sehr abhold sei, daß sogar in dessen nächster Umgebung Widerspruch und Widerstand sich geltend machen. Es würde, um auszuharren, eiserne Energie erfordern.

Ach, eisern pflegen die Harten zu sein ....[483]

Nachmittagsempfang bei uns. Anwesend: Herr und Frau Berends mit ihrer Tochter; D. White und seine erst heute hier angekommene Gattin; Monsieur und Madame Descamps; unsere Landsleute: Graf Welsersheimb, Oberstleutnant von Khuepach und Professor Lammasch; mein junger russischer Offizier vom gestrigen Balle und der junge Bildt; Dr. Holls; Bourgeois; der persische Gesandte; Bonnefon; Basily und Sohn; Pompili; Schmidt auf Altenstadt, Redakteur des »Dagblad«; Herr von Raffaelovitsch und Tochter; Minister Beernaert.

Letzterer reist morgen nach Brüssel. Auch dort gab's Ministerkrise.

»Je vais jouer les Bourgeois à Bruxelles,« sagte er lachend.

»Alors,« versetzte der Genannte, »jouez-les jusqu'au bout et revenez.«

Von Léon Bourgeois habe ich mir heute ein tiefes Wort gemerkt. Es war die Rede von den großen Fortschrittsideen, welche die Welt langsam durchdringen – und zwar zu langsam, weil alles von den Tagesereignissen, von den Aufgaben und Sensationen der Stunde so stark in Anspruch genommen ist. »L'actualité, c'est l'ennemi,« sagte er.

Der Sohn des schwedischen Gesandten schwor mir aufs neue, daß er dem Friedensideale treu bleiben und dafür nach Kräften arbeiten wolle.

Das Gespräch fiel auf jene Sitzung, in welcher Oberst Schwarzhoff seine bekannte Rede gegen den »Stillstand«vorschlag gehalten hat. Er habe, so bemerkten die Herren, mit großem »Mordant« gesprochen. Nun, das deutsche Wort dafür heißt nicht »beißend«, sondern »schneidig«. Es ist in beiden Fällen ein bewunderndes Eigenschaftswort. Dennoch, mir will es scheinen, scharfe Zähne und geschliffene Klingen sind an ihrem Platze ganz wertvolle Dinge, ob aber besonders angebracht in der Friedenskonferenz?

Bei Tisch sind wir in orientalischer Gesellschaft: Noury Bey und Mirza Rhiza Khan. Wäre das Fes nicht, so könnte man Noury Bey eher für einen Franzosen halten. Er vertritt den türkisch-patriotischen – nicht jungtürkischen, sondern sultantreuen – Standpunkt. Die Verfolgung der Armenier sei notwendig gewesen. Revolutionäre, Rebellen, Verschwörer. Kurz: böse Lämmer; der Wolf ist im Recht.

Es war die Rede vom Scheitern des Stillstandprojekts oder sonst einer Angelegenheit, ich weiß nicht mehr genau, die wir bedauerten.

»Das ist aber doch eine Sache,« bemerkte Noury Bey zu meinem Mann, »welche Sie als österreichischer Patriot gutheißen sollten.«[484]

»Diesen Gegensatz,« antwortete mein Mann, »kennen wir Friedensfreunde nicht; was man als solcher zu beklagen hat, dessen kann man sich nicht als Patriot freuen. Es ist überhaupt falsch, zu glauben, daß dem eigenen Lande wahrhaft nutzt, was nicht auch der Menschheit frommt. Jedenfalls steht das Interesse der Menschheit, steht das absolute Recht immer höher als die Spezialvorteile eines Landes.«

»Großartig!« rief Noury Bey staunend, aber nicht ohne Ironie. »Leute mit solchen Gesinnungen sollten als Richter des künftigen internationalen Tribunals berufen werden.«

4. Juli. Heute als am amerikanischen Feiertage Grotiushuldigungsausflug nach Delft. Schon am frühen Morgen heult ein heftiger Sturm, und Regen klatscht an die Fenster. Wir lassen den Wagen wieder abbestellen und bleiben zu Hause.

Es ist ein trauriger, düsterer Tag. Die Fenster klirren und zittern, eisige Luft strömt herein. Grau die geballten Wolken, grau das schäumende, zornige Meer. Klage, Zank und Drohung dröhnt aus Wind und Wogen.

Ausgestorben ist der Strand. Weit und breit kein lebendes Geschöpf. Die Badehütten und Körbe und Verkaufshütten sind weggeräumt, oder hat die Flut sie weggeschwemmt? Die hohen, gischtgekrönten Wellen überstürzen sich und rücken immer näher, spritzen schon über die Terrassenmauer. Vielleicht, wie vor einigen Jahren, wird wieder die ganze Terrasse zerstört. Dabei immer dieses tosende Klagen! Da soll man nicht traurig werden?

Wahrlich, zur Traurigkeit Grund genug: diese Konferenz, die der leidbeladenen, gefahrbedrohten Menschheit einen Weg weisen sollte, des Leids und der Gefahren, – die ihr nicht von den Elementen, sondern von ihr selber kommen – endlich ledig zu werden; wie stößt die Arbeit dieser Konferenz in der Außenwelt und ihrer eigenen Mitte auf Unverständnis und Widerstand! Nirgendsher begeisterte Mithilfe – ja nicht einmal gespannte Neugier, und nirgendsher von jenen, die die Macht in Händen haben, ein warmes Wort. Kalt, kalt sind alle die Herzen – kalt wie der Luftzug, der durch die gerüttelten Fenster hereinweht. Mich friert. – –

Abends im Konzertsaal Feier zu Ehren der amerikanischen Delegierten. Dekorierung mit Sternenbanner, Vortrag amerikanischer Weisen. Mr. Holls erzählt mir, daß die Grotiusfeier glänzend verlaufen ist und dabei – namentlich vom Botschafter White – nützliche Worte gesprochen wurden. Auch teilte er mir mit, daß der ständige Schiedsgerichtshof angenommen ist. Nur der Paragraph über die obligatorischen Fälle sei weggelassen.[485]

5. Juli. Auf mein an Andrew D. White gerichtetes Entschuldigungsschreiben, das unser Fernbleiben von der Feier durch das Unwetter motivierte, erhalte ich folgende Antwort:


House in the wood, July 5th 1899.


Dear Baroness von Suttner,


We were very sorry not to see you and the Baron at Delft, but we fully understood and appreciated the reason. We really did not expect more than a dozen or twenty people and were greatly surprised to see so large a number present.

It was to me very inspiring and gave me new hopes as to the results of the conference.

I beg you not to forget what I urged upon you at our last meeting. We are to accomplish here more than we dared hope, when we came together;–far more; and the great thing is to prevent the thoughtless, featherbrained enthusiasts from discrediting the work;–since to do so is to discourage all future efforts of this sort.

We have paved the way for future Conferences which will develop our work–unless the people at large are taught that nothing has been done in this way.

Please call me kindly to the remembrance of Baron von Suttner and I remain, dear Madam, most respectfully and truly yours

Andrew White.


6. Juli. In der letzten Sitzung ist dem Schiedsgerichtsprojekt ein wichtiger Artikel beigefügt worden. Urheber: D'Estournelles. Darin heißt es, daß die Signatarmächte im Falle eines zwischen zwei oder mehreren Staaten drohenden Konfliktes es als ihre Pflicht erachten, diesen in Erinnerung zu bringen, daß ihnen der Schiedsgerichtshof offensteht.

Serbien und Rumänien protestieren lebhaft gegen das Wort »Pflicht«. Rumänien (Beldimann) protestiert übrigens regelmäßig, standhaft und immer.

Nach einer überzeugenden Rede Léon Bourgeois' wird aber der d'Estournellessche Antrag angenommen.

7. Juli. Wir reisen ab. Zahlreiche Freunde geben uns das Geleite zur Bahn. Der Wagen ist mit Abschiedsbuketts gefüllt. Lebe wohl, du liebliche Gartenstadt! Werden künftige Generationen zu dir pilgern, wo der erste internationale Schiedsgerichtshof ins Leben getreten? Um die Erinnerung an schöne Tage, an interessante Menschen – um erhebende Eindrücke bereichert, scheide ich von dir, historische Stätte ...[486]

Wir mußten Privatverhältnisse halber noch vor Schluß der Konferenz abreisen, aber täglich erhielt ich von dort Zeitungen, Briefe und Depeschen, die mich über den Fortgang und den Acte final der Konferenz auf dem laufenden hielten.

Ich setze von diesen Nachrichten die wichtigsten hierher: Am 7. Juli hat sich die Sitzung der dritten Kommission (friedliche Schlichtung internationaler Konflikte) bis zum 17. vertagt, um unterdessen von den Regierungen weitere Instruktionen einzuholen. Sir Julian Pauncefote begibt sich nach London. Die Artikel, welche hauptsächlich zur Einholung weiterer Instruktionen Anlaß geben, sind diejenigen, die von der »Internationalen Untersuchungskommission« handeln.

Der zur Debatte vorliegende Text lautet:


In Fällen internationaler Meinungsverschiedenheiten, die weder die Ehre noch die Lebensinteressen der beteiligten Mächte berühren, erachten es die Signatarmächte für angezeigt, daß die Parteien, die sich auf dem gewöhnlichen diplomatischen Wege nicht einigen konnten, soweit es die Umstände erlauben, zur Einsetzung von internationalen Untersuchungskommissionen schreiten, welche alle tatsächlichen Fragen durch unparteiische und gewissenhafte Prüfung aufklären sollen.


Welche Fülle von Einschränkungen! »Soweit es die Umstände erlauben« – »weder die Ehre, noch die vitalen Interessen«. Man sieht, mit welcher Aengstlichkeit und Vorsicht diese unheimlichen Instrumente angefaßt werden, die da heißen: Gerichtsbarkeit, Untersuchungsverfahren – das ist Recht und Wahrheit. Torpedo, Dumdumgeschosse, Ekrasit und Lyddit: das ist man schon gewohnt, vor dem fürchtet man sich nicht mehr; aber Prozeßverfahren in internationalen Dingen: dabei wäre für die Lebensinteressen zu große Gefahr! Nun, für die Interessen des Militarismus allerdings ...

Man kennt den Ursprung dieser Formel »Ehre und vitale Interessen eines Volkes«. Sie wurde bisher immer von den Gegnern des internationalen Schiedsgerichts in folgendem Satz angeführt: »Bei kleinen Fragen haben bis jetzt die Schiedsgerichte funktioniert, bei großen taten sie es nicht.« Was bisher als Argument gebraucht wurde, das soll nun zur Vertragsklausel werden.

Den einen erscheinen die Einschränkungen überflüssig, den anderen scheint der ganze Antrag zu weitgehend und als präzedenzlos zu unheimlich – daher die Vertagung zur Abwartung neuer Direktiven. In seiner Chronik im »Dagblad« macht Stead darauf aufmerksam und beschwört die Kommission, bei der nächsten Lesung den Artikel zu modifizieren.[487]

Am 19. Juli tritt die Kommission wieder zusammen. In einstündiger Rede spricht sich Herr Beldimann mit aller Energie gegen die Untersuchungskommission aus. Rumänien wolle sich keinerlei Abmachung fügen, die einen obligatorischen Charakter habe. Nicht einen Augenblick wolle es die Rechte seiner souveränen Unabhängigkeit in Frage setzen. (Stolz lieb' ich die Rumänen.) Er beantrage die Ablehnung des ganzen Vorschlags. Serbien unterstützt die Ausführungen des Vorredners. Chevalier Descamps verteidigt den Antrag und nach ihm mit noch größerer Energie Herr von Martens. Bedenken, wie die vom Vertreter Rumäniens ausgedrückten, dürfen eine Einrichtung nicht hindern, die geeignet ist, den Weltfrieden zu sichern und Konflikte zu verscheuchen.

Nachmittags zweite Komiteesitzung. Der Text des umstrittenen Paragraphen wurde einigermaßen abgeändert. In einem Zusatze heißt es nun:

»Der Bericht der Internationalen Untersuchungskommission ist auf die Feststellung von Tatsachen beschränkt und hat nicht den Charakter eines schiedsrichterlichen Urteils. Er überläßt den Mächten voll ständige Freiheit über die dieser Feststellung zu gewährenden Folgen.«

Dagegen wurde die Klausel »Ehre und vitale Interessen« weggelassen. Rumänien und Serbien wollen noch telegraphisch Instruktionen einholen.

20. Juli. Die Artikel über Mediation und gute Dienste werden ohne Widerspruch angenommen. Als man beim Artikel »Untersuchungskommission« anlangt, erklärt Beldimann, daß er noch keine Antwort von seiner Regierung erhalten habe. Einige Delegierte wurden über die neuerliche Verzögerung ungehalten, und zuletzt beschließt man, den Artikel in zwei Tagen nochmals durchzunehmen. Jetzt wurde ohne weitere Einwendungen der Bericht weitergelesen. Erst beim Artikel 27 – der Artikel d'Estournelles', der es den Mächten zur Pflicht macht, streitende Parteien an das Tribunal zu erinnern – gelangt das Interesse der Sitzung auf den Kulminationspunkt.

Die Vertreter von Rumänien und Serbien widersetzen sich heftig. Professor Zorn hingegen tritt mit Wärme für die Annahme ein. Dr. Holls erklärt, daß Artikel 27 die Krönung des ganzen Werkes sei und er sich gegen jede Abänderung desselben entschieden verwahre.

Graf Nigra, von der Elektrizität der Atmosphäre erfaßt, springt auf und apostrophiert die Vertreter der Donaustaaten: »Wir sind hier weder große noch kleine Staaten; wir sind alle gleich souverän – als Ebenbürtige verhandeln wir hier.«[488]

Die Sensation der Sitzung sollte noch kommen. Nie zuvor hat es im »Huis im Bosch« eine erregtere und gehobenere Stimmung gegeben. Niemals hatten die Verhandlungen so viel seelische Erregung hervorgerufen. Der Augenblick war also günstig, als sich Léon Bourgeois erhob und in feurigen Worten im Namen Frankreichs die von Professor Zorn abgegebene Rede unterstützte. Dem Grafen Nigra müsse er in einem widersprechen – es gibt große und kleine Mächte. Aber das Maß liegt nicht in der Quadratmeterzahl ihres Territoriums, noch in der Höhe ihrer Truppen- oder Einwohnerzahl. Die Größe einer Macht ist nach der Größe ihrer Ideen zu messen und nach der Treue, die sie den Prinzipien wahrt, auf denen der Fortschritt der Menschheit beruht.

In diesem Tone sprach der Redner noch weiter, und alle lauschten wie gebannt. Als er geendet, wollte der stürmische Beifall sich nicht legen, und ein Delegierter nach dem anderen drückte seinem Vorsitzenden die Hände. Und der Artikel 27 ward genehmigt.

22. Juli. Wieder die Untersuchungskommission. Es wird gefragt, ob die Vertreter Rumäniens, Griechenlands und Serbiens die Antworten ihrer Regierungen erhalten haben.

Herr Delyannis erklärt im Namen Griechenlands, er habe die Instruktion erhalten, die neue Fassung anzunehmen. Dr. Velkovitsch gibt im Namen Serbiens die gleiche Erklärung ab. Jetzt war die Reihe an Rumänien. Der Präsident teilte mit, daß er soeben von Herrn Beldimann einen Brief erhalten, worin dieser sagt, daß heute die Instruktion eingetroffen sei, die neue Fassung nur dann anzunehmen, wenn die beiden eliminierten Klauseln: »Ehre und Interesse der Nation« und »wenn die Umstände es erlauben« wieder aufgenommen werden. Andernfalls könne Rumänien die Konvention nicht unterzeichnen.

Die Abstimmung ergibt die Annahme des Beldimannschen Ultimatums.

In der letzten Plenarversammlung vom 28. Juli wird Descamps' »Rapport final à la Conférence sur le règlement pacifique des conflits internationaux« verlesen.

Die Einleitung zu diesem Aktenstück eröffnet Gedanken und Gesichtspunkte, die das ganze Friedensideal – ich sage lieber das ganze Friedensevangelium – umfassen, zum Beispiel:

Entschlossen, mit allen Kräften die friedliche Schlichtung internationaler Konflikte herbeizuführen;

die Solidarität anerkennend, welche die Glieder der zivilisierten Nationen gemeinschaftlich verbindet;[489]

gewillt, die Herrschaft des Rechts auszubreiten und das Gefühl der internationalen Gerechtigkeit zu stärken u.s.w., haben die Unterzeichneten (folgen die Namen) nachstehende Dispositionen getroffen. Der erste von den 61 Paragraphen sagt alles, was in den übrigen ausgeführt ist:

»Um in den internationalen Beziehungen die Anwendung von Gewalt soweit als möglich zu vermeiden, verpflichten sich die Signatarmächte, alle Anstrengungen anzuwenden, um die Schlichtung internationaler Streitigkeiten durch friedliche Mittel herbeizuführen.«

Am 29. Juli früh wurden die Konventionen im »Haus im Busch« gezeichnet und nachmittags fand die feierliche Schlußsitzung statt. Das letzte Wort (d'Estournelles war es, der es sprach) lautete:

»Möge unsere Konferenz ein Anfang, kein Ende sein! – Mögen unsere Länder, indem sie neue Versammlungen wie diese anregen, fortgesetzt der Sache der Kultur und des Friedens dienen!«

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Ueber den Verlauf dieser Krise vergleiche: »Aus meinem Diplomatenleben« von Andrew D. White. (Voigtländers Verlag 1906 S. 417 ff.)

Quelle:
Bertha von Suttner: Memoiren, Stuttgart und Leipzig 1909, S. 469-490.
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