Dritter Auftritt.

[39] Albrecht. Agnes.


AGNES endlich sich nicht mehr mächtig, fällt auf Albrechten hin, bebend. Albrecht! was ist das?

ALBRECHT. Ich bin entehret! deinetwegen. Krieg wird sein zwischen Albrecht und Ernst.

AGNES fällt auf einen Stuhl. Entehrt! Krieg meinetwegen!

ALBRECHT. Halt aus, Weib! halt aus! du Herzogin, oder ich tot. Du kennst mich noch nicht von der Seite.

AGNES jammernd. Ich tot! ich tot! Ruhe über Euer Land! Friede mit Euch, Albrecht!

ALBRECHT. Vom Turniere durfte mich Ernst ausschließen, vom Ritterspiele; kämpfen durft' ich nicht mit schwachen Stangen gegen Deutschlands Jugend, weil ich eine Bürgerstochter liebe. Aber bayerische Männer werden mit schweren, versuchten Schwertern hinter mir in vier Tagen dastehn und fragen, wer's leugnet, daß Agnes Albrechtens Gemahlin seie? – O weh! weh über den, der mich zwinget, den eingebildeten Fleck deiner Geburt in meiner Unterthanen Blute zu waschen! Weh über Bayern! oder es soll Heil über dich rufen.[39]

AGNES. Krieg! weh! – Albrecht! und dazu führte uns unsere Liebe?

ALBRECHT. Nicht sie; Liebe führt ja zum Glücke, oder was führt sonst hin? Vergessenheit der Rechte der Menschheit; der berauschende Dampf, der die Thronen umnebelt; Ernstens Stolz; seiner Räte eigennütziger Haß gegen mich; des Vicedoms alte Feindschaft sind's. – Aber er soll schwinden, der Dampf, vor dem Hauche meines Zorns, und kriechen sollen die Schurken unter meines Rosses Hufe. Was? gewankt hätte Roms unbeweglich sein sollender Stuhl ohne diesen Arm? ein Flüchtling oder ein armer Edelmann wäre der hochmütige Ernst ohne dieses Schwert? – und das Weib, das ich liebe? das Gott mir gab? – Nein! mein sollst du sein und bleiben, und alle Streiche des Schicksals und alle Schwerter Teutschlands und alle Donner des Himmels sollen mich nicht trennen von dir!

AGNES in der Stellung der tiefsten Schwermut.

ALBRECHT. Agnes! was fürchtest du hinter meinem Schilde?

AGNES. Nichts für den Herzog, alles für Albrechten, und in diesem nur leb' ich ja – Albrecht! Lieber wird das Band, das uns bindet, enger geknüpft sein, wenn Ihr das, so Euch an Euren Vater bindet, zerrissen habt? werdet Ihr lieben können das Ehebett, vom Blute Eurer Unterthanen bespritzt – Sieger und Herzog! wird Euch die Bürgerstochter dann nicht zu teuer gekauft sein? und werdet Ihr nicht zurückschaudern vor dem Preise der Empörung, des Vatermords?

ALBRECHT. Vatermord? – Agnes! – So weit kommt's nicht. Gegen Ernstens Stolz, nicht gegen meinen Vater werd' ich kriegen; überwinden will ich seine Macht, aus dem Felde schlagen sein Heer; er vergebe und segne uns dann, und es wird Friede sein.

AGNES. Ach Albrecht! Ihr liebt mich nicht, wie ich Euch liebe.

ALBRECHT. Sieh auf diese Waffen; was kann ich mehr für dich?

AGNES. Ohne Waffen, ohne Prunk, ohne Herzogshut, reisen in freie Gegenden; mich mit Euch nehmen; leben, wie glücklich niedrige Menschen; warten im Schoße der Liebe, bis Euch Erbrecht und Nation wieder rufen, oder auch fortwandeln den sichern Pfad des stillen Lebens und häuslicher Freude.

ALBRECHT. Fliehen von Bayern? fliehen, wenn ich siegen kann! herabsteigen vom Throne, da ich dich zu mir hinauf zu[40] heben vermag? – Nein, Agnes! nein, ich kenne besser die Pflichten der edeln Liebe.

AGNES. Pflicht der Liebe ist ja nur Gegenliebe und Treue. Liebte ich Euch denn nicht als Bürgersmädchen? und muß ich Herzogin heißen, um Euch ewig zu lieben? und muß Blut unsern Bund versiegeln, daß er Euch auch edel scheine! Albrecht! ist Euch ein schuldloses, tugendhaftes Herz, das Euch ganz hingegeben ist, nicht adelig genug?

ALBRECHT. Aber meine Ehre! meine Ehre! die ist angetastet vor den Augen Teutschlands und meiner Nation! sollt' ich sie nicht rächen, Agnes! da ich's kann? da ich's muß?

AGNES. Freilich ist's so Euer adeliger Gebrauch – Aber rächen an einem Vater! – Albrecht! laßt uns fort! – laßt sie sich setzen, die erste kriegerische Hitze; ruhet aus – dann laßt uns fort, und glücklich sein, und kein Blut vergießen.

ALBRECHT. Liebes Weib! wolle es nicht! du würdest es mich auch wollen machen.


Quelle:
Das Drama der klassischen Periode. Herausgegeben von Dr. Adolf Hauffen, Band 1, Stuttgart [o.J.], S. 39-41.
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