Erster Auftritt.

[62] Straubing. Rathaus.

Tuchsenhauser. Vicedom von Straubingen.


VICEDOM. Sie ist gut verwahrt, sagt's dem Herzoge, vier schwere Ketten halten die Hexe gefesselt, die Kriegsgewitter über Bayern bringen wollte.

TUCHSENHAUSER. Herr Vicedom! nicht zu viel! vergeßt nicht, daß Ihr nur Richter seid. Bei Gott! das arme Weib ist eine Närrin, aber unschuldig. Ich mußte sie Euch liefern; das war mein Auftrag.

VICEDOM. Und glaubt Ihr, daß ich den meinigen nicht auch verstehe? Es giebt so Aufträge, die die Fürsten nicht deutlich geben: Ihr solltet's wissen, alter Hofmann! das sind die verbindlichsten.

TUCHSENHAUSER. Leider wahr! vielleicht doch dieses Mal nicht. Aber Ihr, Herr Ritter! sprächet auch nicht so, wenn Euer rauhes, blutdürstiges Gemüt nicht da so ein willkommenes Schlachtopfer fände, und dieser bluttriefende Sieg nicht Eure Rache gegen Albrechten sättigte. O! man kennt auch euren Patriotismus, ihr Herren! die ihr statt Vernunft im Kopfe und eines Herzens im Busen ein Schwert an eurer Seite tragt.

VICEDOM. Ihr seid ein Bürger, Kanzler und Rat des Herzogs, könnt sagen, was Ihr wollt: aber ich bin hier Vicedom und werde thun, was ich will. Beiseite. Halb hab' ich schon die Stimmen.

TUCHSENHAUSER. Was der Rat beschließt, was die Gesetze gebieten, so will's der Herzog; dafür ist dem Staate Euer Amt,[62] vielleicht Albrechten Euer Kopf verpfändet, stolzer Mann! das sagt Euch der Bürger, der Eure Obrigkeit ist. Ich gehe, ich darf nicht bleiben; dringet auf Landesverweisung oder Verbergen in ein Kloster, das ist dem Staate genug; fließt Blut, so wiederströme es auf die, so es vergießen: ich bin unschuldig daran.

VICEDOM. Man kann sterben, ohne Blut zu vergießen. Lebt wohl! morgen hat der Herzog Nachricht von mir.

TUCHSENHAUSER. Wohl eher; denn wißt, daß er in Mallerstorf weilet; das sei Euch Warnung. Beede ab.


Quelle:
Das Drama der klassischen Periode. Herausgegeben von Dr. Adolf Hauffen, Band 1, Stuttgart [o.J.], S. 62-63.
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