Siebente Szene

[57] THOMAS überrascht und unruhig. Bist du da?

PLANK verlegen und aufgeregt. Ja ... i bin da ... hat mi net recht g'freut, 's Hergeh' ... aba weil i mir denkt hab, mir san allaweil guate Nachbar'n g'wen ... bin i jetzt herganga ...

THOMAS. Was is?

PLANK hat den Hut abgenommen und glättet sich verlegen mit der Hand die Haare. I sag dir all's ... aba net, daß d'moanst, i bin gern her ... i ho ma denkt, es is dir liaba, wann i mit dir red, vor de andern kemma ...

THOMAS. De andern?[57]

PLANK. No ja ... der Bürgermoasta ... und i woaß net, wer vom Ausschuß no mitgeht ...

THOMAS. Zu mir her?

PLANK. Freili ... zu dir ...

THOMAS heftig. Da muaß da Bürgermoasta erst sehg'n, ob i 'n einalaß!

PLANK. Paß auf ... laß da sag'n ... i verzähl dir all's ... Nach da Kirch' is da Ausschuß z'sammkemma, und da hamm s' de G'schicht fürbracht.

THOMAS aufgeregt. Von mir was?

PLANK. Vo dir? ... Na! Von dir net ... aba ... ko'st da 's leicht denk'n.

THOMAS mit dem Daumen nach der Türe deutend. Vo dera?

PLANK nickt bejahend, dann kratzt er sich heftig hinterm Ohr. Ah! Es is a Kreuz! Es is a Kreuz! I sag's ja, wenn ma Kinda hot, woaßt d' nia, wia's amal geht.

THOMAS stampfend. Mach zua!

PLANK. No ja ... sie hamm de G'schicht fürbracht ... Hat denn dir no neamd was g'sagt?

THOMAS. An Deuta hab' i kriagt ... Schneid net lang' um!

PLANK spricht stockend mit Pausen. Wia muaß i da's sag'n? Seit gestern auf 'n Abend is 's im Dorf, als wann d' Imp'n auskemman ... An Lechner sei Martl ... kennst 'n scho ... hat de G'schicht ausanand bracht ... no ja ... er is bei deiner Leni g'wen ... sie ... hat'n in d' Kammer ei'lass'n ... waar ja net so weit g'feit ... aba ... wia soll i da's sag'n ... no ja, sie hat a Geld von eahm verlangt.

THOMAS schreit. Plank!

PLANK freier. Da Martl is von ihr weg zum Bäcker Hans'n umi ... und verzählt's an Kamerad'n, und der verzählt's wieda ... und gestern nach Feierabend is scho des ganz' Dorf aufmahrig g'wen ...

THOMAS ruhiger. Vo wem hast du's?

PLANK. Vo wem hab's i? Vo dem ... und dem ... von an Dutzed.

THOMAS schreit wieder. A Lug is!

PLANK kratzt sich hinterm Ohr. Ja schau!

THOMAS. Da, wo du stehst, is vor etla Tag der Bürgermoasta g'stand'n! Hätt' ma d' Ohr'n voll g'red't, daß i verkaff'n muaß[58] ... daß ma d' Leni net im Dorf leid't ... mit die Bursch'n hätt' a ma droht ... und jetz' waar's a so!

PLANK. Nachbar ... i sag da ...

THOMAS. Dös trifft a bissel schö z'samm ... na, mei Liaba! Den Feinspinna kenn i ... a Lug is ...

PLANK. Laß da sag'n ...

THOMAS. Er braucht bloß 's Mäu aufmacha ... und ös müaßt's as glaab'n!

PLANK sich wieder hinterm Ohr kratzend. Es is a Kreuz! Es is a Kreuz!

THOMAS. Aba i kimm eahm hinter seine Gang', dem Judas! Und auf da Stell sag i 's eahm ...


Er will zur Türe. Plank vertritt ihm den Weg.


PLANK. Geh ... laß mi aa was sag'n ... Du woaßt, i bi dei Feind net ... schau. Thomas! So was ko der Bursch it aus der Luft greif'n ... da is er gar it der Mensch dazua ... der war eahm net hell gnua ...

THOMAS. Der net! Aber der ander, der dahinter steckt ... Den kennst du z' weni!

PLANK. Wia kunnt dös sei!

THOMAS. Den kennst du z' weni!

PLANK. I sag dir do! In da Fruah, von da Kamma weg is er zu'n Bäcker Hansen g'laffa und hat's brüahwarm verzählt. Der Bursch hot eahm gar it denkt, daß a so a Ramasuri d'raus werd!

THOMAS schweigt und schaut finster vor sich hin.

PLANK. Und ... es is hart zu'n sag'n ... i will di g'wiß net beleidig'n ... aba nach dem, was scho amal passiert is ... braucht's oan z'letzt net gar a so wundern.

THOMAS auffahrend. Da hab i enk!

PLANK. Sag selm ... es is ja an Unglück, aba ...

THOMAS. Ös moant's, so oane is leicht nunterstöß'n, de scho im Rutsch'n is.

PLANK. Wer sollt dös toa?

THOMAS. De ko ma leicht mit Füaß'n tret'n, de scho am Bod'n liegt ...

PLANK. Nachba!

THOMAS in großer Erregung. Und i ... moant's ös ... muaß zuaschaug'n mit bundne Händ ... wia ma s' ... wia ma s' auf'n Mist wirft ...[59]

PLANK fährt sich über die Haare. Es is a Kreuz!

THOMAS. Dös g'ringste Viech tat si wehr'n ... i derfat's nöt ... moant's ös.

PLANK. Was sollst d' da sag'n?

THOMAS faßt Plank am Arm und zieht ihn zum Lehnstuhl hin, der an der linken Wand steht. Sie sind im Laufe des heftigen Gespräches schon auf die linke Seite hinübergekommen. Plank! Dir is aa dei Bäurin g'storm, und de mei hat ihr aufg'wart ... bis z'letzt ...

PLANK. I woaß wohl ... i woaß wohl ...

THOMAS in höchster Erregung, schlägt auf die Stuhllehne. Da! Da herin is mei alte Mariann g'leg'n ... Dös Letzte, was s' g'sagt hat ... laß 's Madl net furt! ... Wia ihra Hand in der mein kalt wor'n is ... no amal hat sie s' druckt ... und is a Bitt g'wesen ... Laß 's Madl net furt! ... Schreit. Ja ... glaabt's ös ... i wehr mi net?

PLANK. Ja ... mei Mensch ... du muaßt ...

THOMAS. Nix muaß i! Zur Türe rechts herein kommen der Bürgermeister und Valentin Scheck.


Quelle:
Ludwig Thoma: Gesammelte Werke in sechs Bänden. Band 2, München 1968, S. 57-60.
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