Die Blumen

[294] Sieh die zarten Blüthen keimen

Wie sie aus sich selbst erwachen,

Und wie Kinder aus den Träumen

Dir entgegen lieblich lachen.


Ihre Farbe ist im Spielen

Zugekehrt der goldnen Sonne,

Deren heissen Kuß zu fühlen,

Das ist ihre höchste Wonne:


An den Küssen zu verschmachten,

Zu vergehn in Lieb' und Wehmuth;

Also stehn die eben lachten

Bald verwelkt in stiller Demuth.
[295]

Das ist ihre höchste Freude,

Im Geliebten sich verzehren,

Sich im Tode zu verklären,

Zu vergehn in süssem Leide.


Dann ergießen sie die Düfte,

Ihre Geister, mit Entzücken,

Es berauschen sich die Lüfte

Im balsamischen Erquicken.


Liebe kommt zum Menschenherzen,

Regt die goldnen Saitenspiele,

Und die Seele spricht: ich fühle

Was das Schönste sei, wonach ich ziele,

Wehmuth, Sehnsucht und der Liebe Schmerzen.[296]

Quelle:
Ludwig Tieck: Gedichte. Teil 2, Heidelberg 1967.
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