3.

[116] Der Herzog sank darnieder

Im wilden dunklen Hain,

Da nahm Held Eckart bieder

Ihn auf die Schultern sein.


Er sprach: gar viel Beschwerden

Mach' ich dir, guter Mann;

Der sagte: auf der Erden

Muß man gar viel bestahn.


Doch sollst du, sprach Burgund,

Dich freun, bei meinem Worte,

Komm ich nur erst gesund

Zu Haus und sichern Orte.
[117]

Der Held fühlt Thränen heiß

Auf seinen alten Wangen,

Er sprach: auf keine Weis'

Trag' ich nach Lohn Verlangen.


Es mehren sich die Plagen,

Sprach der Burgund in Noth;

Wohin willst du mich tragen?

Du bist wohl gar der Tod? –


Tod bin ich nicht genannt,

Sprach Eckart noch im Weinen,

Du stehst in Gottes Hand,

Sein Licht mag dich bescheinen.


Ach, wohl ist mir bewußt,

Sprach jener drauf in Reue,

Daß sündvoll meine Brust,

Drum zittr' ich, daß er dräue.
[118]

Ich hab' dem treusten Freunde

Die Kinder umgebracht,

Drum steht er mir zum Feinde

In dieser finstern Nacht.


Er war mir recht ergeben,

Als wie der treuste Knecht,

Und war im ganzen Leben

Mir niemals ungerecht.


Die Kindlein ließ ich tödten,

Das kann er nie verzeihn,

Ich fürcht', in diesen Nöthen

Treff' ich ihn hier im Hain:


Das sagt mir mein Gewissen

Mein Herze innerlich,

Die Kind hab ich zerrissen,

Dafür zerreißt er mich.
[119]

Der Eckart sprach: empfinden

Muß ich so schwere Last,

Weil du nicht rein von Sünden

Und schwer gefrevelt hast,


Daß du den Mann wirst schauen

Ist auch gewißlich wahr,

Doch magst du mir vertrauen

So krümmt er dir kein Haar.

Quelle:
Ludwig Tieck: Gedichte. Teil 2, Heidelberg 1967, S. 116-120.
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