20. Betty an Amalie

[614] Bondly.


Wie freue ich mich, Sie wiederzusehn und Ihnen hier alles zu zeigen! Ich getraue mich oft noch gar nicht, zu tun, als wenn ich hier zu Hause wäre. Geben Sie mir einen Rat, wie ich mir immer die Liebe Eduards erhalten kann, auf welche Art ich sein Wohlwollen und seine Zuneigung verdienen soll. Er tut mir alles zu Gefallen, wenn er nur irgend glaubt, daß es mir Vergnügen machen könnte, er ist so gut, daß ich mich immer schäme, daß ich nicht besser bin: aber ich will das zusammengezogen von ihm lernen. Mein Vater läßt sich Ihnen recht sehr empfehlen; der alte Mann beschäftigt sich jetzt vorzüglich mit dem Gartenbau und mit der Jagd; die Jagd ist ihm etwas recht Neues, und er trifft ordentlich noch, so schwach auch seine Augen sind. Es wird jetzt überhaupt vielleicht mit seinen Augen besser, da er fröhlicher lebt und sich nicht mehr so zu grämen braucht, wie sonst. – Leben Sie wohl, liebste Freundin, und spotten Sie nicht über meine Briefe.

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Ludwig Tieck: Werke in vier Bänden, Band 1, München 1963, S. 614.
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