De profundis

[27] Es ist ein Stoppelfeld, in das ein schwarzer Regen fällt.

Es ist ein brauner Baum, der einsam dasteht.

Es ist ein Zischelwind, der leere Hütten umkreist.

Wie traurig dieser Abend.


Am Weiler vorbei

Sammelt die sanfte Waise noch spärliche Ähren ein.

Ihre Augen weiden rund und goldig in der Dämmerung

Und ihr Schoß harrt des himmlischen Bräutigams.


Bei der Heimkehr

Fanden die Hirten den süßen Leib

Verwest im Dornenbusch.


Ein Schatten bin ich ferne finsteren Dörfern.

Gottes Schweigen

Trank ich aus dem Brunnen des Hains.


Auf meine Stirne tritt kaltes Metall

Spinnen suchen mein Herz.

Es ist ein Licht, das in meinem Mund erlöscht.


Nachts fand ich mich auf einer Heide,

Starrend von Unrat und Staub der Sterne.

Im Haselgebüsch

Klangen wieder kristallne Engel.
[27]

Quelle:
Georg Trakl: Das dichterische Werk. München 1972, S. 27-28.
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