An den Knaben Elis

[49] Elis, wenn die Amsel im schwarzen Wald ruft,

Dieses ist dein Untergang.

Deine Lippen trinken die Kühle des blauen Felsenquells.


Laß, wenn deine Stirne leise blutet

Uralte Legenden

Und dunkle Deutung des Vogelflugs.
[49]

Du aber gehst mit weichen Schritten in die Nacht,

Die voll purpurner Trauben hängt,

Und du regst die Arme schöner im Blau.


Ein Dornenbusch tönt,

Wo deine mondenen Augen sind.

O, wie lange bist, Elis, du verstorben.


Dein Leib ist eine Hyazinthe,

In die ein Mönch die wächsernen Finger taucht.

Eine schwarze Höhle ist unser Schweigen,


Daraus bisweilen ein sanftes Tier tritt

Und langsam die schweren Lider senkt.

Auf deine Schläfen tropft schwarzer Tau,


Das letzte Gold verfallener Sterne.


Quelle:
Georg Trakl: Das dichterische Werk. München 1972, S. 49-50.
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