Recht muß Recht bleiben –!

[39] »Wir können nicht zahlen! Wir werden nichts zahlen!

Die Gläubiger sollen uns was malen!«

Das geht gegen Welschland und gegen New York.

Verträge nehmen wir leicht wie Kork.

Nur nicht gegen die, die uns beherrschten:

Wie steht denn die Sache mit unsern Ferschten –?


Sagt da einer: Groß ist die deutsche Not?

Sagt da einer: Sparen heißt das Gebot?

Ruft da der Nazi: Tyrannei?

Rundfunkt da der Groener: Ein Volk sei frei?

Stehn da die Bürger auf wie ein Mann,

weil keiner zahlen will und kann?

Kriegen die Fürsten, was andre suchen?

Brot –? Ja, Kuchen.


Die bekommen Millionen und Millionen.

Die dürfen in weiten Schlössern wohnen.

Die kassieren für Kind und Kindeskind,

weil wir brave Untertanen sind.

Der in Doorn, der den Haß einer Welt gesammelt,

der hat noch nie so viel Geld gesammelt.

Die Burschen können in Dollars baden,

ihre Konten sind von Gottes Gnaden.

Wirft die einer zum Tempel hinaus?

So sehn wir aus.[39]


Kein Geld für Krüppel. Kein Geld für Proleten.

Kein Geld für die, die der Krieg zertreten.

Der Wind pfeift durch den Hosenriß.

Der Dank des Vaterlands ist euch gewiß.


Die leiden. Die hungern. Und die dürsten.

Aber immer feste für die Fürsten!

Sie zapfen an deutschem Gut und Blute.

Da heißt es nicht: Tribute! Tribute!

Da zahlt der Deutsche, getreu seinem Eid,

an die gottgewollte Obrigkeit.


Aber der kleine Mann, der in Land und Stadt

seine Kriegsanleihe gezeichnet hat,

der kann sich sein Geld in den Schornstein schreiben.

Recht muß Recht bleiben.


  • · Theobald Tiger
    Die Weltbühne, 23.02.1932, Nr. 8, S. 273.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 10, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 39-40.
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