Dritte Szene

[146] Anhöhe.

Schweppermann, Albrecht von Rindsmaul, Adelram von Hals und andere Kriegsleute treten auf. Waffenträger mit der königlichen Rüstung stellen sich hinter Schweppermann.


SCHWEPPERMANN.

Hier ist der rechte Blick, hier will ich stehn.[146]

Die Böhmen brechen los; so seh ich's gern.

Sankt Wenzels, ihres Heil'gen, Tag ist heute:

Drum schickt ich die voran. Herr Albrecht!

ALBRECHT.

Hier!

SCHWEPPERMANN.

Ihr seid ein sichrer und bedachter Mann;

Euch hab ich was Besondres ausgesucht:

Gebt Ihr mir auf den freud'gen Friedrich acht!

Euch stell ich eigens ihm zum Gegner auf.

Setzt Eure Ruhe seiner Hitz entgegen,

Ermüdet ihn, nehmt seiner Blößen wahr!

Doch Ihr versteht mich. Wählt Euch selber aus,

Wen Ihr zu Eurer Hülfe tauglich glaubt!

ALBRECHT.

Wie Ihr befehlt.


Er geht mit einigen Rittern ab.


SCHWEPPERMANN.

Da drunten steht's nicht gut.

Hilf, heil'ger Wenzel! Böhmen, haltet aus!

Sind euch der Ungarn Pfeile allzu dicht?

Erschrecken euch die langen Bärte? Wetter!

Dort fallen Östreichs schwere Reiter ein:

Ha, das gibt Lücken, das ist ein Gedräng,

Ein Wirbel. Nun ist's klar: die Böhmen weichen.


Zu einem Ritter.


Die Bayer sollen vor, links in die Flanke.


Der Ritter ab.


Da rennt ein Bote her. Was gibt's?

EIN RITTER tritt auf und meldet.

Herr Hauptmann,

Das Böhmenheer ist überrannt, gefangen

Der Vortrab. König Johann lag am Boden;

Des Marschalks Pferd, des Plichendorfs trat schon

Auf ihn. Ein fremder Ritter half ihm auf.

Schickt Hülf!

SCHWEPPERMANN.

Ist schon gesorgt: die Bayer kommen.

Seht ihr? Sie reiten schon. Ha, wie das stäubt!

Nun muß sich Ostreich wenden, wie ich's will.

Jetzt, Sonne, die du hell am Himmel brennst,

Jetzt, frischer Wind, der du die Wolken jagst,

Als Bundsgenossen führ ich euch zum Kampf.

Wirf, Sonne, deine Strahlenpfeile scharf

Recht in des Feindes Augen, blende sie!

Wind, wirble du den Staub von Bayerns Hufen,[147]

Erstick in dichten Wolken Östreichs Stolz!

ADELRAM.

Ha, wie die Bayer stürmen! Feldhauptmann,

Warum ist mir's versagt, mit meinen Brüdern

Den Kampf zu teilen und den Ruhm?

SCHWEPPERMANN.

Geduld!


Ein Ritter tritt eilig auf.


Was Neues?

RITTER.

König Ludwig wird vermißt;

Die Kunde fliegt durchs Heer und lahmt den Sieg.

SCHWEPPERMANN.

Das war ein Strich durch meine Rechnung. Nein,

Der König darf nicht fehlen; um den König

Ist's ganze Spiel. Ein König muß mir her.

Sind Kön'ge hier so teuer? Stampften doch

Die Ross' auf einem! Her, ihr Waffenträger!

Ihr habt den König: hier der Kronhelm, hier

Der Panzer, hier das Reichsschwert, hier der Schild;

Der Schein ist alles. Wer will König sein?

Man beut's nicht alle Tage. Wer will's sein?

ADELRAM.

Eilt, wappnet mich!


Er wird während des Folgenden mit den königlichen Waffen bekleidet.


Ich will die tote Hülle

Beleben. Was ist königlicher Geist,

Wenn's das nicht ist, was jetzt die Brust mir schwellt?

Hier bin ich; dort mein Leibroß: frisch hinauf!


Ab.


SCHWEPPERMANN.

Da jagt er schon hinab, der König, der

Aus meiner Stirn mit Helm und Harnisch sprang.

Hört ihr sie jauchzen? Seht ihr, wie der Kampf

Von seinem Anblick plötzlich sich erfrischt?

Noch eins ist übrig: pflanzt das Zeichen auf,

Die rote Fahne!


Es geschieht.


Seht! im Holze drüben

Da rührt sich's; Panzer, Helme schimmern durch,

Das ist der Burggraf. Seinen Hinterhalt

Verläßt er, wird sie in die Seite fassen.

Er kommt von dort, woher der Leopold

Erwartet wird; ein österreichisch Banner[148]

Hab ich ihm aufgesteckt. Schon seh ich's wehn.

Nun ist getan, was meines Amtes war,

Das Werk im Gang, die Räder alle rollen,

Und nichts mehr hemmet ihren raschen Schwung.

Und jetzt hinunter in das Feld der Schlacht!

Helf Gott, daß wir den guten Ludwig finden!


Alle ab.


Quelle:
Ludwig Uhland: Werke. Band 2, München 1980, S. 146-149.
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