|
[114] Der Dänen Schwerter drängen Schwedens Heer
Zum wilden Meer.
Die Wagen klirren fern, es blinkt der Stahl
Im Mondenstrahl.
Da liegen sterbend auf dem Leichenfeld
Der schöne Sven und Ulf, der graue Held.
Sven:
O Vater! daß mich in der Jugend Kraft
Die Norne rafft!
Nun schlichtet nimmer meine Mutter mir
Der Locken Zier.[114]
Vergeblich spähet meine Sängerin
Vom hohen Turm in alle Ferne hin.
Ulf:
Sie werden jammern, in der Nächte Graun
Im Traum uns schaun.
Doch sei getrost! bald bricht der bittre Schmerz
Ihr treues Herz.
Dann reicht die Buhle dir bei Odins Mahl,
Die goldgelockte, lächelnd den Pokal.
Sven:
Begonnen hab ich einen Festgesang
Zum Saitenklang
Von Königen und Helden grauer Zeit
In Lieb und Streit.
Verlassen hängt die Harfe nun, und bang
Erweckt der Winde Wehen ihren Klang.
Ulf:
Es glänzet hoch und hehr im Sonnenstrahl
Allvaters Saal,
Die Sterne wandeln unter ihm, es ziehn
Die Stürme hin.
Dort tafeln mit den Vätern wir in Ruh,
Erhebe dann dein Lied und end es du!
Sven:
O Vater! daß mich in der Jugend Kraft
Die Norne rafft!
Noch leuchtet keiner hohen Taten Bild
Auf meinem Schild.
Zwölf Richter thronen hoch und schauerlich,
Die werten nicht des Heldenmahles mich.
Ulf:
Wohl wieget eines viele Taten auf –
Sie achten drauf –,
Das ist um deines Vaterlandes Not
Der Heldentod.
Sieh hin! die Feinde fliehen; blick hinan!
Der Himmel glänzt, dahin ist unsre Bahn!
[115]
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte (Ausgabe letzter Hand)
|
Buchempfehlung
Die ersten beiden literarischen Veröffentlichungen Stifters sind noch voll romantischen Nachklanges. Im »Condor« will die Wienerin Cornelia zwei englischen Wissenschaftlern beweisen wozu Frauen fähig sind, indem sie sie auf einer Fahrt mit dem Ballon »Condor« begleitet - bedauerlicherweise wird sie dabei ohnmächtig. Über das »Haidedorf« schreibt Stifter in einem Brief an seinen Bruder: »Es war meine Mutter und mein Vater, die mir bei der Dichtung dieses Werkes vorschwebten, und alle Liebe, welche nur so treuherzig auf dem Lande, und unter armen Menschen zu finden ist..., alle diese Liebe liegt in der kleinen Erzählung.«
48 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro