10. Neujahrswunsch

[73] 1817


Wer redlich hält zu seinem Volke,

Der wünsch ihm ein gesegnet Jahr!

Vor Mißwachs, Frost und Hagelwolke

Behüt uns aller Engel Schar!

Und mit dem bang ersehnten Korne,

Und mit dem lang entbehrten Wein

Bring uns dies Jahr in seinem Horne

Das alte, gute Recht herein!


Man kann in Wünschen sich vergessen,

Man wünschet leicht zum Überfluß,

Wir aber wünschen nicht vermessen,

Wir wünschen, was man wünschen muß.

Denn soll der Mensch im Leibe leben,

So brauchet er sein täglich Brot,

Und soll er sich zum Geist erheben,

So ist ihm seine Freiheit not.


Quelle:
Ludwig Uhland: Werke. Band 1, München 1980, S. 73.
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